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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0503
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wandte sich gegen Versammlungen vor den Kirchen während der Predigt. Sie brachten aber auch durch-
aus weltliche Stücke, wie ,,Zutrinken betrejfend“, ,,Ehalten nit abdingen“, ,,Schädlichen und verdäch-
tigen leuten nachzueilen“, ,,Mißhandler nit zu halten“, ,,Wehren nit zucken“, ,,Lehen ohne wissen nit
zu empfahen“ ,,Etliche geflügel... nit fahen“, ,,In den weihern, wassern nit fischen“, ,,Raupen im
frühling abzufangen“, ,,Rockenstuben nit zu halten“, ,,Landverwiesene nit hausen und hofen“, ,,Daß
niemand nach der zeit, so es nachmittag auf der kleinen uhre26 8 geschlagen hat, in den häusern kein
essen oder getrank geben soll“, ,,Nicht mit büchsen und waffen herumlaufen“, gegen nächtliche Ruhe-
störung, über die Feuerschau, gegen das Wildern und gegen die Bekämpfung von Wölfen und Füchsen
mit Gift.
Im einzelnen können von diesen Verordnungen auch die vorwiegend kirchlichen Mandate nicht ge-
bracht werden - nicht wegen dieser Verflechtung, die ja gerade charakteristisch ist, sondern wegen ihrer
großen Anzahl, bei der die einzelnen Mandate recht oft in verschiedener Fassung wiederholt wurden
ohne aber inhaltlich etwas Besonderes zu bringen. Die Eigenart dieses Verhältnisses von Staat und Kir-
che wird deutlich genug durch diese Inhaltsangabe gekennzeichnet27. Als charakteristisches Beispiel sei
aber das Mandat vom 15. Februar 1558 ,,Vermahnung und Unterricht“, das das kirchliche Leben der
Gemeinden regeln und von Mißständen reinigen sollte, zum Abdruck gebracht28, Es zeigt zugleich un-
gemein deutlich, wie dieser evangelische Staat, der die Kirche ganz sich eingegliedert hatte, in seinem
innersten Wesen auch als Staat zuerst Kirche sein wollte.
Was die Eheschließung anbetrifft, so hatte die Stadt angesichts einer damals drohenden Verwirrung
zwar wohl Ende 1524 gefordert, daß die Brautleute zur Kirche und Trauung kommen müßten29; sie stand
aber trotzdem weiterhin auf dem Standpunkt, daß Versprechen und Handstreich nach ,,vermög der recht
ein bestendige ee machen mögen“30. Als die Stadt 1537 vor der Trauung ein Aufgebot verlangte31, for-
derte sie doch eigentlich die Trauung nicht als Pflicht, kam also noch nicht zu einer Formvorschrift für
die Abgabe der gegenseitigen Willenserklärung. Da die Winkelehen aber immer nur Sache von unmün-
digen Personen waren, während sonst doch wohl kaum eine Ehe ohne kirchliche Trauung geschlossen
wurde, konnte man auch darüber hinweggehen. Stillschweigend ging sie dann aber doch durch ein ,,Man-
dat wider die Hurerei“ zu der Anschauung über,daß die Ehe nicht mehr durch die Verlobung, sondern
erst durch die kirchliche Trauung32 als geschlossen gelten könne.

Kirchliche Vermögensverwaltung, Schulwesen und Bekenntnisbildung.
Was das kirchliche Vermögen anlangte, so wurden wie die einzelnen Klöster auch die sämtlichen
Pfründen an den Kirchen innerhalb der Stadt und des Alten Landgebietes dem Großen Almosen über-
geben. Die Pfarrer erhielten feste Gehälter, die den Geldverhältnissen entsprechend von Zeit zu Zeit auf-
gebessert wurden. In der sogenannten Neuen Landschaft dagegen blieben die Pfarrpfründen im Besitz

26 Vgl. S. 46 Anm. 2!.
27 Über die jeweiligen Einzelordnungen, ihre erstmaligen Sonderveröffentlichungen und über weitere Mandate dieses
Stils (bis 1600) vgl.Will, Bibl.Nor. 1 II S. 27-69. 28 Vgl. unsere Nr.V 2.
29 Bericht der Stadt nach Straßburg (Kolde, Kirchenwesen 71).
30 1554 (Mandata... 1548 Ci. -NSTA Nürnbergische Mandatenbände A f.89).
31 1557 (Mandata Dff. - NSTA aaO f. 114).
32 Unsere Nr. V 3. - Im Anfang des nächsten Jahrhunderts mußte Nürnberg hier aber doch auch noch Unterschiede
anerkennen, wie ja auch Luther noch durchaus und entschieden anders gedacht hatte, und zwar gerade zu dem
hier so streng bestraften Vergehen (vgl. sein Buch ,,Von Ehesachen“ [1530]; WA 30 III 226f.), und auch sonst
in der evangelischen Kirche die Anschauung nicht einheitlich war (Rietschel 720). Württemberg dagegen war
mit solchen Strafbestimmungen schon 1537 (Richter 1, 280f.) und Brandenburg-Ansbach 1565 vorangegangen
(unsere Nr. IV 14).

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