I 20 Generalartikel von 1576
von iren anfechtungen und betruebtem herzenleid
(als solte das kind der ewigen seligkait beraubt
sein39) abgehalten und getröstet werden mögen, so
sollen die superintendenten alle pfarrer - jeder sei-
nes gezirks - vleißig ermanen und anzeigen, da sich
ein solcher fall zuegetragen, die betruebte eltern,
besonders aber die weibspersonen mit guetem grund
aus Gottes wort und seiner dem kind beschehner
göttlicher zuesagung underrichten und trösten mit
vermelden, obwol Gott der Allmechtig ir kind nit
habe lassen lebendig geboren und getauft werden,
so solle si doch genzlich und unzweivelich darfur-
halten und festiglich glauben, weil es in der verhai-
sung begriffen, die Gott nit allain glaubigen eltern,
sunder auch ihrem samen und kinder geton, da er zu
Abraham sagt: Ich will dein Gott sein und deines
samens nach dir [1.Mose 17,7]. Darumb dann auch
die kinder in solchem fall durch das gebet der eltern
und anderer christen dem Allmechtigen bevolhen,
daß si gewißlich und one zweivel zur ewigen, himb-
lischen seligkait erhalten werden. Deswegen die
eltern nicht uf ein ungewisse hoffnung, sonder fe-
sten, bestendigen und unwanklbaren glauben ge-
wisen werden sollen.
XI.
Von den widerteufern40 und sonderlich
denen, so sich, durch unser furstentumb
ze ziehen, anmaßen.
⌜Weil gdise secteng under andern zweispaltigen
und schedlichen irrungen nit der geringsten eine,
sich auch solch durchstraifen in disem furstentumb
im jar etlich mal zuetragen, so bevelchen wir dem-
nach allen superintendenten, pfarrern und ambt-
leuten vermög des mandats, unser kirchenordnung
einverleibt41, uf dergleichen durchwanderte wider-
taufer guete, gewisse kuntchaft ze machen und den
leuten, darbei si vermutlich einkeren und under-
schlaif haben, ernstlich und ingeheim durch die
ambtleut und hofmarksherrn eingebunden werden,
g-g Auszug: der widertaufer sect
39 Die katholische Kirche kannte und kennt deshalb
die Pflicht, Kinder u. U. noch im Mutterleib zu tau-
fen (Wetzer 1, 1270). Auf evangelischer Seite wurde
das sehr rasch abgestellt (z.B. Sehling 11, 181. 321.
336. 506; 12, 99).
solche ihnen anzezaigen und dieselbige, so sich also
betreten lassen, fenglich einziechen und an gebu-
rende ort berichtsweise gelangen ze lassen, gegen
denselbigen gebürende ernstliche straf nach gestalt
der sachen vorzenemen haben.⌝
XII.
Von der privatabsolution und, das diesel-
big gehalten und nicht underlassen wer-
den solle.
Nachdem die privatabsolution der gottsforchti-
gen, erschrocknen herzen und gewissen sehr trost-
lich und nutzlich, so soll hinfuro kain pfarrer, diacon
oder kirchendiener dieselbig underlassen, sonder
fleißig halten und treiben,
doch bei dem bann oder zwang nit gebieten, das
ein jeder, so zu dem hochwürdigen abentmal des
leibs und bluets Christi geen will, sich bei den kir-
chendienern anzeigen und die privatabsolution, als
wann es unnachleßlich von Gott geboten, empfahen
muesse, sonder denselben des trefflichen hohen trosts
und nutzes erinnern und vil mehr der ordnung nach
anreizen weder42 zwingen, darmit nit widerumb ein
bäpstischer zwang ufgerichtet, deswegen gueter
undersehied durch verstendige kirchendiener ze
halten.
XIII.
Von der communion.
1. Weiln sich die gemain zur zeit der hohen festen
bei dem abentmal des Herrn heufig finden und die
notwendige verhör dardurch entfliehen wöllen, sol-
len hinfuro die pfarrer und kirchendiener ihnen gerau -
me zeit zu der verhör und beicht nemen und keiner
unverhört - doch außerhalb des zwangs, wie hievor
gemeldet - mit seiner maße hinzuegelassen werden.
2. Weiters und damit die gemain des jars nicht an
hohen festen allain, sunder oftermals communicirn,
dardurch ir glaub zu eiferiger betrachtung des
40 Brock 108f. - Weigel, Schwenkfelder. - Siehe
oben S. 29 und unsere Nr. I 12 (S. 117 ff.)!
41 f. 61-63.
42 = als (Schmeller 2, 857. - Grimm 13, 2842).
189
von iren anfechtungen und betruebtem herzenleid
(als solte das kind der ewigen seligkait beraubt
sein39) abgehalten und getröstet werden mögen, so
sollen die superintendenten alle pfarrer - jeder sei-
nes gezirks - vleißig ermanen und anzeigen, da sich
ein solcher fall zuegetragen, die betruebte eltern,
besonders aber die weibspersonen mit guetem grund
aus Gottes wort und seiner dem kind beschehner
göttlicher zuesagung underrichten und trösten mit
vermelden, obwol Gott der Allmechtig ir kind nit
habe lassen lebendig geboren und getauft werden,
so solle si doch genzlich und unzweivelich darfur-
halten und festiglich glauben, weil es in der verhai-
sung begriffen, die Gott nit allain glaubigen eltern,
sunder auch ihrem samen und kinder geton, da er zu
Abraham sagt: Ich will dein Gott sein und deines
samens nach dir [1.Mose 17,7]. Darumb dann auch
die kinder in solchem fall durch das gebet der eltern
und anderer christen dem Allmechtigen bevolhen,
daß si gewißlich und one zweivel zur ewigen, himb-
lischen seligkait erhalten werden. Deswegen die
eltern nicht uf ein ungewisse hoffnung, sonder fe-
sten, bestendigen und unwanklbaren glauben ge-
wisen werden sollen.
XI.
Von den widerteufern40 und sonderlich
denen, so sich, durch unser furstentumb
ze ziehen, anmaßen.
⌜Weil gdise secteng under andern zweispaltigen
und schedlichen irrungen nit der geringsten eine,
sich auch solch durchstraifen in disem furstentumb
im jar etlich mal zuetragen, so bevelchen wir dem-
nach allen superintendenten, pfarrern und ambt-
leuten vermög des mandats, unser kirchenordnung
einverleibt41, uf dergleichen durchwanderte wider-
taufer guete, gewisse kuntchaft ze machen und den
leuten, darbei si vermutlich einkeren und under-
schlaif haben, ernstlich und ingeheim durch die
ambtleut und hofmarksherrn eingebunden werden,
g-g Auszug: der widertaufer sect
39 Die katholische Kirche kannte und kennt deshalb
die Pflicht, Kinder u. U. noch im Mutterleib zu tau-
fen (Wetzer 1, 1270). Auf evangelischer Seite wurde
das sehr rasch abgestellt (z.B. Sehling 11, 181. 321.
336. 506; 12, 99).
solche ihnen anzezaigen und dieselbige, so sich also
betreten lassen, fenglich einziechen und an gebu-
rende ort berichtsweise gelangen ze lassen, gegen
denselbigen gebürende ernstliche straf nach gestalt
der sachen vorzenemen haben.⌝
XII.
Von der privatabsolution und, das diesel-
big gehalten und nicht underlassen wer-
den solle.
Nachdem die privatabsolution der gottsforchti-
gen, erschrocknen herzen und gewissen sehr trost-
lich und nutzlich, so soll hinfuro kain pfarrer, diacon
oder kirchendiener dieselbig underlassen, sonder
fleißig halten und treiben,
doch bei dem bann oder zwang nit gebieten, das
ein jeder, so zu dem hochwürdigen abentmal des
leibs und bluets Christi geen will, sich bei den kir-
chendienern anzeigen und die privatabsolution, als
wann es unnachleßlich von Gott geboten, empfahen
muesse, sonder denselben des trefflichen hohen trosts
und nutzes erinnern und vil mehr der ordnung nach
anreizen weder42 zwingen, darmit nit widerumb ein
bäpstischer zwang ufgerichtet, deswegen gueter
undersehied durch verstendige kirchendiener ze
halten.
XIII.
Von der communion.
1. Weiln sich die gemain zur zeit der hohen festen
bei dem abentmal des Herrn heufig finden und die
notwendige verhör dardurch entfliehen wöllen, sol-
len hinfuro die pfarrer und kirchendiener ihnen gerau -
me zeit zu der verhör und beicht nemen und keiner
unverhört - doch außerhalb des zwangs, wie hievor
gemeldet - mit seiner maße hinzuegelassen werden.
2. Weiters und damit die gemain des jars nicht an
hohen festen allain, sunder oftermals communicirn,
dardurch ir glaub zu eiferiger betrachtung des
40 Brock 108f. - Weigel, Schwenkfelder. - Siehe
oben S. 29 und unsere Nr. I 12 (S. 117 ff.)!
41 f. 61-63.
42 = als (Schmeller 2, 857. - Grimm 13, 2842).
189