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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (13. Band = Bayern, 3. Teil): Altbayern: Herzogtum Pfalz-Neuburg, Kurfürstentum Pfalz (Landesteil Oberpfalz), Reichsstadt Regensburg, Grafschaft Ortenburg, Herrschaft Rothenberg, Herrrschaft Wolfstein — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.30630#0342
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Kuroberpfalz

haus zu weisen. Neben deme auch ir uf dieselben
person wie nichts wenigers uf andere, die die öffent-
liche predigt so mutwilligerweis verabsäumen und
unterdessen sich zu den kugl- und spilplätzen und
leichtfertigen tänzen begeben, etliche geheime leut10
bestellet, die in den wirtshäusern beregten personen
nachgehen und, wann sie dergleichen einen erfahren,
euch den in continenti anzeigen, uf welchen fall ir
das hierzu gehörig mandat pflichtlich zu bedenken
und die erforderliche ambtsgebühr gegen einem oder
dem andern vorzunehmen.
4. Ebnermaßen, was den vierten punct mit wa-
schen, bachen, biertragen, fürung holz oder anderer
sachen berüret, do ist der anno 68 publicirten po-
liceiinstruction und abgefertigten mandaten aller-
dings gehorsam und völlige execution und eben der
proceß mit den delinquentibus wie mit den in dem
dritten punct benanten personen an- und für die
hand zu bringen, daß nemblichen uf solche gute,
embsige anstellung gerichtet, wie die angemeldet
und ihrem verdienst gemeß coherciret werden.
5. Zum fünften: Als uns auch fürkommet, wie die
undertane an sonn-, feier- und werktagen, da man
zu predigen pfleget, sub concione und vor endung
solcher mit dem frondienst zum jagen, auch für-
bescheidung in ihren sachen sehr hart beschweret
sein sollen, welches dann den undertanen zu verhin-
derlicher anhörung des seligmachenden worts vil ur-
sach gibet. Do werdet ir euer ambt bescheident-
lichen füren und fürters das jagen und schuldige
frönen anders gebrauchen und eine andere stund
benennen können, darbei verordnen, daß mit dem
biertragen, wo es anders sein kann, so lang innen-
gehalten werde, bis die predigt göttlichs worts zu
end verrichtet sei.
6. Fürs sechst: Demnach wir berichtlich eingenom-
men, wie noch etliche der zauberer, warsager und
teufelsschwerer in dieser curfürstlichen pfalz be-
neben deren, so ihres rats und hilf pflegen, gefunden
10 Im Unterschied zu den schwäbischen Ordnungen
(Lindau [Sehling 12, 197] — Memmingen [aaO.
252 f.]) aber offenbar unbekannte Personen, die nur
Anzeige zu erstatten hatten, also nur eine obrigkeit-
liche Polizeimaßnahme, wie in der oberpfälzischen
Visitationsordnung von 1579 (oben S. 313) oder in
Regensburg (1543; unten S. 415 Anm. 7).
11 z.B. 3.Mose 20, 27.

und dann ein solches in geistlichen11 und weltlichen
und andern heilsamen rechten, statuten und satzun-
gen12 hoch verboten, hierüber ist euch ein lauter
und verständliche instruction fol. 6 in der policei-
ordnung13 fürgeschrieben und liget nur an deme, daß
ir solches mit gezimeter wirklichkeit volziehet und
darneben, do bei einem so große verstockung und
widersässigkeit, daß er davon nicht abstehen wolte,
vermerket, derselb oder dieselb, wofern insonderheit
kein warnung stattfinden würde, in haft genommen,
gebürlichen besprachet und berichtet werde, sie des
lands zu verweisen oder in ander weg zu stra-
fen.
7. Zum sibenden, daß so ein uberschwenglicher
uncosten uf die kindlmahl, dadurch dann [so]wol
der kindsvater als, der das kind us der heiligen tauf
hebet, zu großen verderben und nicht geringem
schaden gelangen tut, gewantet,
item so große hochzeiten angestellet werden und
sich bräutigam und braut langsam darmit in die
kirchen zur öffentlichen christlichen copulation be-
gibet:
Hierinnen bleibet es bei der sub folio 27 in der
neuen publicirten policeiinstruction usgedruckten
ordnung, und sollen hinfüro wie auch zuvorn alle
kindlmahl und hochzeit, die ubermeßlichen an-
gerichtet, bei entfliehung der in erwehnter ordnung
einverleibter straf genzlichen abgeschaffet sein,
darob ir mit vermöglicher scherfe zu halten, wie
nichts weniger ob deme, daß die hochzeiten zu be-
quemer zeit in die kirchen kommen und, uf den fall
dies nicht beschehe, mag sich der kirchendiener und
mesner stracks wieder heimnach verfügen und eher
nicht wider zur einleitung bewegen lassen, es ver-
reiche dann bräutigam und braut sobalden einen
halben gulden14, davon dem kirchendiener 10 [kreu-
zer], dem mesner 5 gebüren. Die übrigen 15 kreuzer
aber sollen zum spital, schul, armenhaus oder in die
almospüchs zur straf gegeben werden.
12 Constitutio criminalis Carolina von 1532 (G. Rad-
bruch, Die peinliche Gerichtsordnung Kaiser
Karls V. [Text] 1926) § 44. 109.
13 Corpus juris civilis, codex Justiniani, lib. 9 tit. 18,
4-6.
14 1 fl. = 60 Kreuzer. Die Kaufkraft ergibt sich aus dem
bei Punkt 11 genannten Beispiel, wonach man um
12 Kreuzer in einem Gasthaus eine Mahlzeit bekam.

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