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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0204
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

versündiget hat. Da mag man in ermahnen, was
er thun wolt mit einem knecht oder kindt, so sei-
nem willen nit geleben wolte, wie er wider seines
Gottes und der obrigkeit willen mutwillig gethan
hat, da er gewust hat, Gott hab es verboten, da
er manchmal gesehen hat an andern, so von der
obrigkeit gericht seindt, was es für ein ende mit
ihnen genommen habe.
Da lerne nun (sprich), wie dein hertz so gar ver-
stockt und der teufel dich so gar in seinem gewalt
gehabt hahe, das du dich Gott nit bevohlen, nie
darumb gebeten hast, das du dich seines willen
halten und der sünd widerstehen köndest, ja das
du solch offentlich urtheil und gericht Gottes und
der oberkeit an andern nit hast bedacht, sonder
in dergleichen sünde auch gefallen, deim nechsten
nit allein mit bösem exempel, sonder auch mit der
that ohne ursach allen schaden thon hast.
Hie gibt sich nun die underscheid der sünden.
Ein dieb stilt einem, der im nie kein leid gethan
hat. Ein mörder nimbt einem leib und leben, der
im nie kein böß wort geben hat, allein umb gelts
willen. Solches alles sihet und weiß Gott und, weil
du dich an sein wort und warnung nit keren, an
offentlicher schand und laster, so du an andern
gesehen, dich nit hast bessern wöllen, hat er dich
itzo in sein gericht genommen und also gefasset,
das du nit mehr entlaufen, sonder den todt, wie
du verdient hast, leiden mußt, das du es greifen
mußt, Gott sey erzörnet und wölle dir deiner
schalckheit nit lenger zusehen, so du sonst, wo du
dich solcher sünde enthalten, dich deiner arbeit
genehret und christlich gelebt hettest, beim leben
bliben, deine narung von Gott gehaht und mit
natürlichem tode ohne schand und laster ehrlich
gestorben werest. Solches hat dein gottloß leben
und stetigs sündigen gehindert, das du sehen
mußt, Gottes zorn sey umb deiner sünden willen
uber dich kommen.
Also soll man im die sünde grob einreiben und
dermassen fürbilden, das ers itzo greifen und nit
mehr leugnen noch beschönen möge. So nun im
das hertz zu brechen beginnet und weich zu wer-
den, soll man mit dem trost auf Gottes güte und
deß künftigen lebens weiter fahren.
Wo er aber noch solches verachten und im trotz
unbußfertig bleiben würde, da kan man nit mehr,
dann das man bey ime anhalte und bede fahr wol
einbilde. Zum ersten, er sey jetzundt im gericht
weltlicher oberkeit, dem werde er nit entlaufen.
Darnach werde er für Gottes gericht auch kom-
men, da seye kein mittel mehr, werde er sünde hie
nit erkennen, im lassen laidt sein und vergebung
von Gott begeren, so muß auf solchen zeitlichen
todt der ewig todt volgen. Solcher fahr (sprich),lie-
ber freund, will ich dich erinnert haben. Bleibstu
verstockt, so bleibstu dir es in ewigkeit. Widerumb
bekerestu dich, so soll der zeitlich todt als die straf
deiner sünde aufhören und dort ins ewig leben
und freude gewandelt werden. Dann Gott will
dem sünder gnedig sein und vergeben, wann er

sich von hertzen bekeret und ime seine sünde läßt
laid sein [vgl. Ez. 33, 11].
Näher kan mans eim solchen menschen nicht
bringen. Darumb mag man ihn selbs mit solchen
gedancken bey sich ein zeit lang arbeiten lassen.
Vom trösten.
Wo aber die hertzen vor blöd und erschrocken
seindt oder durch solche vermahnung erschreckt
worden und lassen ihnen ihre sünde laid sein, da
muß zweyerley trost sein, das sie sich wider das
böß gewissen wehren und um Gottes güte trösten
lernen. Das ander trost wider das sterben und den
schmähelichen todt, das sie in verachten und sich
eines bessern lebens, dann diß hie ist, trösten
lernen.
Den trost deß gewissens mag man also anfahen,
das, gleich wie man zuvor Gottes zorn durch das
gefengnuß und die straf bewisen hat, jetzo auch
also solch gefengnuß und straf auf Gottes gnade
gezogen werde, nemlich also, das man zum aller-
ersten den armen vermahne, er sey zu sinn, wie er
wölle, das er gedencke und Gott von hertzen
dancke. Weil es doch sonst muß gestorben sein
und er den todt vilfeltig verdienet hat, das in
Gott also zur buß gefordert habe und an den ort
bracht, da man in recht zum sterben underweisen
und trösten könne.
Dann so Gott mit ungnaden (sprich) gegen dir
hette handlen wöllen, het er dich ob frischer that
erwürgen, den halß abfallen oder sonst umbbrin-
gen lassen und also gerichtet, wie er dich gefun-
den hette in deinen sünden. Nun aber beweiset er
dir dise gnade, das er nit nach der strenge mit dir
handlen, sonder, ob du es wol verdienet hast,
dennoch seine gnade dir beweisen und dich zu
einem kindt annemen und dein sünde dir verge-
ben wölle. Wievil seindt ihr, die solche sünde auf
ihnen nit haben wie du und dannoch unversehens
umbkommen, dich aber will Gott nit ubereilen,
schicket dir seine diener, die dich trösten und
durch sein wort deiner seel helfen sollen. Solche
gnad lerne erkennen und seye Gott darfür danck-
bar, das er mit dir armen sündern so gnediglich
und väterlich handlet.
Darnach neben dem, das dich Gott nit mit sei-
nem gericht ubereilet hat, must du Gottes gnad
auch in dem erkennen und solt ime darfür dan-
cken, das er dein hertz durch seinen heiligen geist
gerühret hat, das du seine sünde erkennest und
läst dir von hertzen leid sein, so dargegen man-
cher mensch in sicherheit seines hertzens verdirbt
und stecken bleibt. Nun ist aber Gott solches
noch nit gnugsam, das er damit seine güte gegen
dir beweise, sonder weil du deine sünde erkennest
und jetzt ein böses gewissen hast, will er dir aus
demselben auch helfen, das dir doch endtlich gar
geholfen werde und hat mich, seinen kirchendie-
ner, zu dir verordent, das du durch mich under-
richt werdest, wie du wider die sünde und dein
böses gewissen dich aufhalten und wehren solst.

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