Heilbronn
damit aufzuhören.52 Auch dem Mesner wurde eingeschärft, keine gloke mehr zu leuten, alß allein zur frühmess
predig und kind tauf, zum amt der mess aber und vesper nimmermehr.53 Das Bemühen, altgläubigen Fröm-
migkeitsformen entgegenzuwirken, wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt. Im Frühjahr 1530 wurden
die Fastnachtsfeiern abgeschafft, und Lachmann empfahl dem Rat dringend, weitere Frühpredigten anzu-
ordnen.54 Im Sommer 1531 verbot der Rat schließlich, die Taufen zu segnen.55
4. Entwurf einer Ordnung der Sittenzucht und der Feiertage [1529/30] (Text S. 269)
Neben diesen Bemühungen, das nunmehr evangelische Kirchenwesen der Stadt in seinen vielfältigen Berei-
chen zu ordnen, strengte der Heilbronner Rat zwischen den beiden Reichstagen von 1529 in Speyer und
1530 in Augsburg verschiedene soziale und sittenpolizeiliche Neuerungen an.
Lachmann hatte bereits 1527 auf eine Regelung des Armenwesens gedrungen. Die Ulmer Almosenord-
nung aus der Zeit von 1529/30, die bis 1944 im Heilbronner Stadtarchiv vorhanden gewesen war, lässt
vermuten, dass die Bemühungen um ein solches Regelwerk an das Ulmer Vorbild angelehnt waren.56 So
wurden etwa die Einnahmen aus kirchlichen Stiftungen seit Anfang 1529 dem Spital und dem Almosen
zugeführt.57 Lachmann arbeitete dem Heilbronner Rat bei der Regelung sozialer und sittenpolizeilicher
Belange zu, indem er Ende 1529 oder Anfang 1530 entsprechende Vorschläge einreichte. Der Rat setzte
daraufhin eine Kommission ein, die ein umfassendes Reformprogramm ausarbeitete. Dieses beinhaltete
Regelungen zu Bruderschaften, einheimischen und fremden Bettlern, Almosensammlern, Verteilung der
Almosen an die Bedürftigen, Ehebruch und Hurerei, Gotteslästerung, Spielen und Zutrinken sowie eine
detaillierte Liste der gültigen Feiertage. Die Zahl der Festtage wurde deutlich eingeschränkt.08 Als Feier-
tage sollten der Dreikönigstag sowie der Pfingstmontag und -dienstag gelten, bey des radts straff. Dieser
Zusatz des Stadtschreibers Johann Baldermann59 zeigt, dass der Rat die Ordnung der Feiertage in die
Praxis umsetzte. Auch den Vorschlägen zu den fremden Bettlern kam er nach, wohingegen die übrigen
Anregungen nicht sofort umgesetzt wurden. Aber bereits in der Kirchenordnung der „Confessio Heilbron-
nensis“ von 1530 (Nr. 5) griff man die Inhalte der Ordnung zu Sittenzucht und Feiertagen wieder auf.60
5. „Confessio Heilbronnensis“ und Kirchenordnung 1530 (Text S. 273)
Johann Lachmann und der Heilbronner Rat setzten sich nicht nur für die Ordnung des evangelischen
Kirchen- und Gemeinwesens innerhalb der Stadt ein, sondern bemühten sich, die Reformation auch außen-
politisch in Bündnissen mit anderen evangelischen Städten zu verankern. Auf dem Speyerer Reichstag von
1529 gehörte Heilbronn zu den Städten, die ihre Unterschrift unter die Protestation setzten.61 Anlässlich des
Augsburger Reichstags von 1530 ließ der Rat eine Verantwortungsschrift ausarbeiten, die dem Kaiser
übergeben werden sollte.62 Von Johann Lachmann stammten vermutlich die theologischen, von Syndikus
Jakob Ehinger die profanrechtlichen Passagen.63 Das Bekenntnis äußert sich ablehnend gegenüber den
52 Schmolz, 450 Jahre, S. 204.
53 Ebd.; von Rauch, Lachmann, S. 34.
54 UB Heilbronn IV, S. 553f.; vgl. Schmolz, 450 Jahre,
S. 239.
55 Von rauch, Lachmann, S. 44; Schmolz, 450 Jahre,
S. 239.
56 UB Heilbronn IV erwähnt die Ulmer Ordnung auf
S. 529. Auch sie wurde ein Opfer des Zweiten Weltkrie-
ges. Vgl. von Rauch, Lachmann, S. 33; Duncker,
Aktenstücke, S. 309.
57 UB Heilbronn IV, S. 459f.
58 Vgl. UB Heilbronn IV, S. 529; von Rauch, Lachmann,
S. 33; Duncker, Aktenstücke, S. 309.
59 Zu Johann Baldermann siehe UB Heilbronn IV, S. 233,
268, 288, 401, 513, 532, 544, 593, 611, 640f.
60 Siehe unten, S. 287.
61 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 160;
Weckbach, Bangen, S. 66.
62 UB Heilbronn IV, S. 563; vgj. Schmolz, 450 Jahre,
S.219-228.
63 Gussmann, Quellen 1/1, S. 168.
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damit aufzuhören.52 Auch dem Mesner wurde eingeschärft, keine gloke mehr zu leuten, alß allein zur frühmess
predig und kind tauf, zum amt der mess aber und vesper nimmermehr.53 Das Bemühen, altgläubigen Fröm-
migkeitsformen entgegenzuwirken, wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt. Im Frühjahr 1530 wurden
die Fastnachtsfeiern abgeschafft, und Lachmann empfahl dem Rat dringend, weitere Frühpredigten anzu-
ordnen.54 Im Sommer 1531 verbot der Rat schließlich, die Taufen zu segnen.55
4. Entwurf einer Ordnung der Sittenzucht und der Feiertage [1529/30] (Text S. 269)
Neben diesen Bemühungen, das nunmehr evangelische Kirchenwesen der Stadt in seinen vielfältigen Berei-
chen zu ordnen, strengte der Heilbronner Rat zwischen den beiden Reichstagen von 1529 in Speyer und
1530 in Augsburg verschiedene soziale und sittenpolizeiliche Neuerungen an.
Lachmann hatte bereits 1527 auf eine Regelung des Armenwesens gedrungen. Die Ulmer Almosenord-
nung aus der Zeit von 1529/30, die bis 1944 im Heilbronner Stadtarchiv vorhanden gewesen war, lässt
vermuten, dass die Bemühungen um ein solches Regelwerk an das Ulmer Vorbild angelehnt waren.56 So
wurden etwa die Einnahmen aus kirchlichen Stiftungen seit Anfang 1529 dem Spital und dem Almosen
zugeführt.57 Lachmann arbeitete dem Heilbronner Rat bei der Regelung sozialer und sittenpolizeilicher
Belange zu, indem er Ende 1529 oder Anfang 1530 entsprechende Vorschläge einreichte. Der Rat setzte
daraufhin eine Kommission ein, die ein umfassendes Reformprogramm ausarbeitete. Dieses beinhaltete
Regelungen zu Bruderschaften, einheimischen und fremden Bettlern, Almosensammlern, Verteilung der
Almosen an die Bedürftigen, Ehebruch und Hurerei, Gotteslästerung, Spielen und Zutrinken sowie eine
detaillierte Liste der gültigen Feiertage. Die Zahl der Festtage wurde deutlich eingeschränkt.08 Als Feier-
tage sollten der Dreikönigstag sowie der Pfingstmontag und -dienstag gelten, bey des radts straff. Dieser
Zusatz des Stadtschreibers Johann Baldermann59 zeigt, dass der Rat die Ordnung der Feiertage in die
Praxis umsetzte. Auch den Vorschlägen zu den fremden Bettlern kam er nach, wohingegen die übrigen
Anregungen nicht sofort umgesetzt wurden. Aber bereits in der Kirchenordnung der „Confessio Heilbron-
nensis“ von 1530 (Nr. 5) griff man die Inhalte der Ordnung zu Sittenzucht und Feiertagen wieder auf.60
5. „Confessio Heilbronnensis“ und Kirchenordnung 1530 (Text S. 273)
Johann Lachmann und der Heilbronner Rat setzten sich nicht nur für die Ordnung des evangelischen
Kirchen- und Gemeinwesens innerhalb der Stadt ein, sondern bemühten sich, die Reformation auch außen-
politisch in Bündnissen mit anderen evangelischen Städten zu verankern. Auf dem Speyerer Reichstag von
1529 gehörte Heilbronn zu den Städten, die ihre Unterschrift unter die Protestation setzten.61 Anlässlich des
Augsburger Reichstags von 1530 ließ der Rat eine Verantwortungsschrift ausarbeiten, die dem Kaiser
übergeben werden sollte.62 Von Johann Lachmann stammten vermutlich die theologischen, von Syndikus
Jakob Ehinger die profanrechtlichen Passagen.63 Das Bekenntnis äußert sich ablehnend gegenüber den
52 Schmolz, 450 Jahre, S. 204.
53 Ebd.; von Rauch, Lachmann, S. 34.
54 UB Heilbronn IV, S. 553f.; vgl. Schmolz, 450 Jahre,
S. 239.
55 Von rauch, Lachmann, S. 44; Schmolz, 450 Jahre,
S. 239.
56 UB Heilbronn IV erwähnt die Ulmer Ordnung auf
S. 529. Auch sie wurde ein Opfer des Zweiten Weltkrie-
ges. Vgl. von Rauch, Lachmann, S. 33; Duncker,
Aktenstücke, S. 309.
57 UB Heilbronn IV, S. 459f.
58 Vgl. UB Heilbronn IV, S. 529; von Rauch, Lachmann,
S. 33; Duncker, Aktenstücke, S. 309.
59 Zu Johann Baldermann siehe UB Heilbronn IV, S. 233,
268, 288, 401, 513, 532, 544, 593, 611, 640f.
60 Siehe unten, S. 287.
61 Brecht/Ehmer, Reformationsgeschichte, S. 160;
Weckbach, Bangen, S. 66.
62 UB Heilbronn IV, S. 563; vgj. Schmolz, 450 Jahre,
S.219-228.
63 Gussmann, Quellen 1/1, S. 168.
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