Einleitung
altgläubigen Zeremonien der Messe sowie der Ohrenbeichte und unterstreicht den hohen Stellenwert der
deutschen Taufe, der Priesterehe sowie des Abendmahls unter beiderlei Gestalt. Ein besonderer Abschnitt
bietet unter der Überschrift „Von der kirchlichen enderung“ die Regelung sämtlicher Belange des kirchli-
chen Lebens. Diese erste Heilbronner Kirchenordnung äußert sich zu evangelischem Abendmahl, Katechis-
musunterricht, Wochenpredigten, Taufen, Begräbnissen, Eheeinsegnungen, Fastentagen, Gebeten, Kran-
kenbesuchen und Feiertagen.64 An den Schluss des Bekenntnisses tritt eine weitere Erklärung, warum mit
dieser Ordnung nicht bis zu einem allgemeinen Konzil habe gewartet werden können.65
Die Kirchenordnung von 1530 weist inhaltliche Parallelen zur Haller Kirchenordnung von 1527
auf.66 Der Heilbronner Text dokumentiert einen einfachen, nur aus Predigt und Abendmahl bestehenden
Gottesdienst.67 Im Gegensatz zu Schwäbisch Hall sind die liturgischen Formen in Heilbronn schlichter, die
sozialen und pädagogischen Belange, wie Armenpflege, Anzahl der Feiertage, Bevorzugung der deutschen
Sprache und Katechismusunterricht, hingegen ausführlicher gehalten.68 Der Heilbronner Predigtgottes-
dienst, wie er in der „Confessio Heilbronnensis“ erscheint, war Vorbild für die Gestaltung des Gottesdiens-
tes im Herzogtum Württemberg und die erste von Erhard Schnepf verfassten württembergischen Gottes-
dienstordnung von 1536.69
Hans Riesser nahm das Heilbronner Bekenntnis 1530 zum Reichstag nach Augsburg mit, übergab es
dem Kaiser jedoch nicht, sondern setzte stattdessen seine Unterschrift unter die Confessio Augustana.70
Dennoch wurden die Bestimmungen des Abschnitts „Von der kirchlichen enderung“ mit Sicherheit bereits
1528 in Heilbronn praktiziert.71 Die Ordnung war zumindest bis 1532 in Kraft, als nach Abschaffung der
Messe im Dezember 1531 im darauf folgenden August eine neue Gottesdienstordnung (Nr. 14) erlassen
wurde.72
6. Eid des Heilbronner Rates auf den neuen Glauben 18. November 1530 (Text S. 290)
Hans Riesser hielt sich noch in Augsburg auf, als ihm der Rat am 20. Oktober 1530 schrieb, dass man trotz
der drohenden Ungnade des Kaisers beim evangelischen Glauben bleiben wolle.73 Nach Riessers Rückkehr
beschloss die evangelisch gesinnte Ratsmehrheit am 18. November, sämtliche Ratsherren auf den neuen
Glauben schwören zu lassen.74 Mit Ausnahme des immer noch altgläubigen früheren Bürgermeisters Kon-
rad Erer verpflichtete sich der gesamte Heilbronner Rat in diesem Eid, in Sachen des evangelischen Glau-
bens mit Leib und Gut zusammen zu stehen.75 Der Eintrag im Ratsprotokoll von der Hand Johann Bal-
dermanns76 gibt den Inhalt des Eides wieder. Auch in die Ratsordnung wurde aufgenommen, dass das
64 Schmolz, 450 Jahre, S. 219-223; Weismann, Anfänge,
S. 65-67; von Rauch, Lachmann, S. 37-43; Dürr,
Chronik, S. 98f. Der Text des Heilbronner Bekenntnisses
bestand ursprünglich aus zehn verschiedenen, nicht pagi-
nierten Lagen, deren Anordnung völlig offen war. Guss-
mann, Quellen 1/1, S. 169, Beschreibung der Hand-
schrift ebd., S. 492 Anm. 10. Aufgrund dieser Variabili-
tät der Lagen ist der Abdruck bei Gussmann, Quel-
len 1/2, S. 180-203 anders angeordnet als bei den übrigen
Abdrucken, siehe unten, S. 273 Anm. a.
65 Den Inhalt referieren ausführlich: Gussmann, Quel-
len 1/1, S. 169f.; Graner, Reformation, S. 28-33;
Schmolz, 450 Jahre, Nr. 199 S. 243-246; ders., Ursa-
chen, S. 14f.; Weismann, Anfänge, S. 65-67; von
Rauch, Riesser, S. 190f.
66 Siehe oben, S. 42.
67 Gussmann, Quellen I/1, S. 170. Vgl. Roller, Musik-
pflege, S. 16.
68 Gussmann, Quellen I/1, S. 493 Anm. 13. Vgl. ebd.,
S. 172, 492 Anm. 12; Schmolz, 450 Jahre, S. 243-246.
69 Sehling, EKO XVI, S. 103-128.
70 Weckbach, Bangen, S. 66; von Rauch, Riesser,
S. 190.
71 Roller, Musikpflege, S. 17; Schmolz, 450 Jahre,
S. 62.
72 Siehe unten, S. 292 und 304.
73 UB Heilbronn IV, S. 625f.
74 Von rauch, Riesser, S. 191; Schmolz, 450 Jahre,
S. 234.
76 UB Heilbronn IV, S. 640f. Vgl. Weckbach, Bangen,
S. 66f.; von Rauch, Riesser, S. 191; Schmolz,
450 Jahre, S. 234.
76 Zu Johann Baldermann siehe oben, S. 226 Anm. 59.
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altgläubigen Zeremonien der Messe sowie der Ohrenbeichte und unterstreicht den hohen Stellenwert der
deutschen Taufe, der Priesterehe sowie des Abendmahls unter beiderlei Gestalt. Ein besonderer Abschnitt
bietet unter der Überschrift „Von der kirchlichen enderung“ die Regelung sämtlicher Belange des kirchli-
chen Lebens. Diese erste Heilbronner Kirchenordnung äußert sich zu evangelischem Abendmahl, Katechis-
musunterricht, Wochenpredigten, Taufen, Begräbnissen, Eheeinsegnungen, Fastentagen, Gebeten, Kran-
kenbesuchen und Feiertagen.64 An den Schluss des Bekenntnisses tritt eine weitere Erklärung, warum mit
dieser Ordnung nicht bis zu einem allgemeinen Konzil habe gewartet werden können.65
Die Kirchenordnung von 1530 weist inhaltliche Parallelen zur Haller Kirchenordnung von 1527
auf.66 Der Heilbronner Text dokumentiert einen einfachen, nur aus Predigt und Abendmahl bestehenden
Gottesdienst.67 Im Gegensatz zu Schwäbisch Hall sind die liturgischen Formen in Heilbronn schlichter, die
sozialen und pädagogischen Belange, wie Armenpflege, Anzahl der Feiertage, Bevorzugung der deutschen
Sprache und Katechismusunterricht, hingegen ausführlicher gehalten.68 Der Heilbronner Predigtgottes-
dienst, wie er in der „Confessio Heilbronnensis“ erscheint, war Vorbild für die Gestaltung des Gottesdiens-
tes im Herzogtum Württemberg und die erste von Erhard Schnepf verfassten württembergischen Gottes-
dienstordnung von 1536.69
Hans Riesser nahm das Heilbronner Bekenntnis 1530 zum Reichstag nach Augsburg mit, übergab es
dem Kaiser jedoch nicht, sondern setzte stattdessen seine Unterschrift unter die Confessio Augustana.70
Dennoch wurden die Bestimmungen des Abschnitts „Von der kirchlichen enderung“ mit Sicherheit bereits
1528 in Heilbronn praktiziert.71 Die Ordnung war zumindest bis 1532 in Kraft, als nach Abschaffung der
Messe im Dezember 1531 im darauf folgenden August eine neue Gottesdienstordnung (Nr. 14) erlassen
wurde.72
6. Eid des Heilbronner Rates auf den neuen Glauben 18. November 1530 (Text S. 290)
Hans Riesser hielt sich noch in Augsburg auf, als ihm der Rat am 20. Oktober 1530 schrieb, dass man trotz
der drohenden Ungnade des Kaisers beim evangelischen Glauben bleiben wolle.73 Nach Riessers Rückkehr
beschloss die evangelisch gesinnte Ratsmehrheit am 18. November, sämtliche Ratsherren auf den neuen
Glauben schwören zu lassen.74 Mit Ausnahme des immer noch altgläubigen früheren Bürgermeisters Kon-
rad Erer verpflichtete sich der gesamte Heilbronner Rat in diesem Eid, in Sachen des evangelischen Glau-
bens mit Leib und Gut zusammen zu stehen.75 Der Eintrag im Ratsprotokoll von der Hand Johann Bal-
dermanns76 gibt den Inhalt des Eides wieder. Auch in die Ratsordnung wurde aufgenommen, dass das
64 Schmolz, 450 Jahre, S. 219-223; Weismann, Anfänge,
S. 65-67; von Rauch, Lachmann, S. 37-43; Dürr,
Chronik, S. 98f. Der Text des Heilbronner Bekenntnisses
bestand ursprünglich aus zehn verschiedenen, nicht pagi-
nierten Lagen, deren Anordnung völlig offen war. Guss-
mann, Quellen 1/1, S. 169, Beschreibung der Hand-
schrift ebd., S. 492 Anm. 10. Aufgrund dieser Variabili-
tät der Lagen ist der Abdruck bei Gussmann, Quel-
len 1/2, S. 180-203 anders angeordnet als bei den übrigen
Abdrucken, siehe unten, S. 273 Anm. a.
65 Den Inhalt referieren ausführlich: Gussmann, Quel-
len 1/1, S. 169f.; Graner, Reformation, S. 28-33;
Schmolz, 450 Jahre, Nr. 199 S. 243-246; ders., Ursa-
chen, S. 14f.; Weismann, Anfänge, S. 65-67; von
Rauch, Riesser, S. 190f.
66 Siehe oben, S. 42.
67 Gussmann, Quellen I/1, S. 170. Vgl. Roller, Musik-
pflege, S. 16.
68 Gussmann, Quellen I/1, S. 493 Anm. 13. Vgl. ebd.,
S. 172, 492 Anm. 12; Schmolz, 450 Jahre, S. 243-246.
69 Sehling, EKO XVI, S. 103-128.
70 Weckbach, Bangen, S. 66; von Rauch, Riesser,
S. 190.
71 Roller, Musikpflege, S. 17; Schmolz, 450 Jahre,
S. 62.
72 Siehe unten, S. 292 und 304.
73 UB Heilbronn IV, S. 625f.
74 Von rauch, Riesser, S. 191; Schmolz, 450 Jahre,
S. 234.
76 UB Heilbronn IV, S. 640f. Vgl. Weckbach, Bangen,
S. 66f.; von Rauch, Riesser, S. 191; Schmolz,
450 Jahre, S. 234.
76 Zu Johann Baldermann siehe oben, S. 226 Anm. 59.
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