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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0495
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Einleitung

1. Die Reichsstadt Gengenbach

Gengenbach bei Offenburg in der Ortenau entstand aus einer Siedlung bei der um 748/53 gegründeten
Benediktinerabtei, die um 820 Reichskloster wurde.1 1007 übertrug sie König Heinrich II. seinem neu
gegründeten Bistum Bamberg.2 Der aus der Siedlung beim Kloster entstandene Ort, der 1221 erstmals
urkundlich erwähnt ist, unterstand dem Gengenbacher Abt,3 der dem Gemeinwesen 1230 das Stadtrecht
verlieh. Kaiser Karl IV. gewährte der Stadt 1365 und 1366 die uneingeschränkte Gerichtshoheit und erhob
sie spätestens zu diesem Zeitpunkt zur Reichsstadt.4 Gengenbach war eine der kleinsten reichsfreien Städte
und nahm mit den beiden anderen in der Ortenau - Offenburg und Zell am Harmersbach - die letzten Plätze
auf der Bank der schwäbischen Reichsstädte sowie beim Schwäbischen Kreis ein. Bis 1803 gehörten die
Gemeinden Reichenbach, Schwaibach, Ohlsbach und Bermersbach zu Gengenbach.5 Die Mehrzahl der
Bewohner waren Handwerker, die auch Landwirtschaft, hauptsächlich Rebbau, betrieben. In der Mitte des
15. Jahrhunderts erlebte die Stadt ihre wirtschaftliche Blüte.6
Gengenbach gehörte zur Ortenau. Die zunächst als Mortenau bezeichnete alemannisch-fränkische Gau-
grafschaft umfasste den gesamten mittelbadischen Raum. Das Gebiet befand sich ursprünglich als Reichs-
gut im Besitz des Kaisers und wurde von einem Gaugrafen verwaltet. Im 11. und 12. Jahrhundert waren die
Zähringer Lehnsherrn der Gaugrafschaft. Die Schwächung der kaiserlichen Macht nach 1250 führte zum
Zerfall der Ortenau in zahlreiche kleine Herrschaftsgebiete. 1274 gelang es König Rudolf von Habsburg,
einen Teil des ursprünglichen Reichsbesitzes zurückzuerobern und zur Reichslandvogtei Ortenau zusam-
menzufassen. Über das Gebiet herrschte der Ortenauer Landvogt, der auf der Burg Ortenberg residierte. Er
übte die Polizeigewalt und die Gerichtsbarkeit im Namen des Kaisers aus und zog die Abgaben sowie den
Zoll ein. Unter dem Einfluss des Burgnamens Ortenberg setzte sich im Laufe des 15. Jahrhunderts der
Name Ortenau durch.7
Während die Ortenauer Reichsstädte Offenburg, Gengenbach und Zell am Harmersbach sowie das
Reichstal Harmersbach dem Kaiser unterstanden, war das übrige Gebiet des Ortenaukreises seit 1334 an die
Herren umliegender Länder verpfändet, bis 1351 an die Markgrafschaft Baden, bis 1405 an das Hochstift
Straßburg, bis 1504 an die Stadt Straßburg und die Pfalz sowie schließlich zwischen 1504 und 1551 an die
Grafschaft Fürstenberg. Danach gelangte die Ortenau in den Besitz der Habsburger, die sie Vorderöster-
reich angliederten.8

1 Köbler, Lexikon, S. 197; Vgl. Bläsi, Reformation,
S. 196.
2 Hitzfeld, Abtei, S. 17-23.
3 Die Gründung der Stadt konnte bisher nicht geklärt
werden. Sie wurde entweder den Zähringern, den Stauf-
ern oder dem Kloster zugeschrieben, siehe Sut-
ter/Wohleb, Gengenbach, S. 8f.; Weller, Städ-
tegründung, S. 249; Kähni, Reichsstädte, S. 46ff.;
Hitzfeld, Abtei, S. 42-50; 109-129; ders., Wer hat die
Stadt Gengenbach gegründet?, S. 109-129.
4 Zur Diskussion um den Zeitpunkt für die Erhebung Gen-
genbachs zur Reichsstadt siehe Hillenbrand, Stadt,

S. 77-94; Bläsi, Reformation, S. 197; Hitzfeld,
Abtei, S. 50-59. Zur Frühgeschichte Gengenbachs siehe
auch End, Benediktinerkloster, S. 215-227; Gothein,
Wirtschaftsgeschichte, S. 207-255.
5 Glatz, Reichsstadt, S. 107, ebd., S. 108 mit Karte der
räumlichen Ausdehnung der Stadt.
6 Vgl. ebd., S. 122-125; Hitzfeld, Abtei, S. 60f.
7 Kähni, Landvogtei, S. 297-303. Zur Frühgeschichte der
Ortenau siehe auch Kauss, Pfarrorganisation, S. 43-76.
8 Bläsi, Reformation, S. 201; Kähni, Reichsstädte, S. 48-
51, ders., Landvogtei, S. 297-303; Krebs, Ortenau,
S. 84-216; Meister, Kirchenpolitik, S. 59-64.

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