Gengenbach
Gengenbach gehörte zum Bistum Straßburg. Die erste Siedlung hatte bereits eine Martins-Pfarrkirche,
die vermutlich älter als die Klostergründung ist. Nachdem die Stadt beim Kloster entstanden war, lag die
Martinskirche außerhalb der Stadtmauer, war aber nach wie vor die Pfarrkirche für die Bewohner der
Stadt.9 St. Martin war dem Kloster Gengenbach inkorporiert, dieses zog die Pfründeneinkünfte ein und
entlohnte daraus den Geistlichen.10 Die Pfarrkirche war bis 1803 der Mittelpunkt eines Kirchspiels von ca.
20 Orten.11 Erst danach wurde die Klosterkirche St. Marien nominell zur Pfarrkirche und St. Martin sank
zur Friedhofskapelle herab. Tatsächlich übte St. Marien jedoch bereits im 16. Jahrhundert Pfarrrechte
aus.12 Neben der Reichsabtei und der Pfarrkirche St. Martin wurde die kirchliche Landschaft Gengenbachs
durch die St. Jakobus-Kapelle auf dem Bergle bereichert.
2. Die Einführung und Konsolidierung der Reformation 1525-1548
Die Überlieferung zur Einführung der Reformation in Gengenbach ist äußerst schmal, da zahlreiche Doku-
mente vermutlich im Zuge der Gegenreformation planmäßig vernichtet worden sind.13 Die Darstellung der
Reformationsgeschichte der Reichsstadt muss daher in weiten Teilen lückenhaft bleiben.
In welchem Jahr sich in Gengenbach eine reformatorische Bewegung formierte, kann nicht mit Sicher-
heit gesagt werden.14 Fest steht, dass schon früh evangelischer Einfluss aus dem nahe gelegenen Straßburg
auf die Reichsstadt wirkte. In Straßburg, wo sich bereits zu Beginn der 1520er Jahre eine reformatorische
Bewegung formiert hatte, wurde die Reformation bald nach 1524 eingeführt, gefördert durch das dortige
Zentrum des Buchdrucks.15 Vermutlich drang die evangelische Glaubenslehre in diesem Jahr auch nach
Gengenbach vor.
Graf Wilhelm von Fürstenberg, der zwischen 1504 und 1551 Pfandherr der Ortenau war, förderte die
frühe reformatorische Bewegung in der Reichslandvogtei,16 indem er 1525 versuchte, das Kloster Gengen-
bach zu säkularisieren, was ihm jedoch nicht gelang.17 Der Gengenbacher Rat unterstützte den Grafen bei
dessen Vorhaben gegenüber dem Kloster und öffnete sich damit der Reformation.18 Am 25. Februar 1525
richtete der Rat 30 Forderungen an das Kloster.19 Neben der Regelung finanzieller Belange zwischen Stadt
und Kloster forderte er, dass die Pfarrrechte ins Innere der Stadtmauer verlegt werden sollten. Auch die
Besetzung der Pfarrstelle sollte nicht mehr - wie bisher - dem Kloster allein, sondern anteilig auch dem Rat
zustehen.20 Der Abt weigerte sich jedoch, diesen Forderungen nachzukommen.
Abt Philipp von Eselsberg, der seit 1507 amtierte und einer der Hauptvertreter des Humanismus in
Gengenbach war,21 starb am 24. Juni 1531. Graf Wilhelm lancierte seinen Vertrauten Melchior Horneck von
9 Zur Pfarrei Gengenbach und zur kirchlichen Topogra-
phie im Mittelalter siehe Kauss, Pfarrorganisation,
S. 95f., 186f. sowie die beiliegenden Karten.
10 Die Entlohnung fiel in der Regel gering aus, was zu
anhaltenden Auseinandersetzungen führte, Bläsi,
Reformation, S. 198.
11 Diese sind aufgelistet bei Hitzfeld, Abtei, S. 59.
12 Siehe unten, S. 480.
13 Bender, Reformation, S. 10; Kohls, Bewegung, S. 1;
ders., Katechismus, S. 5 und S. 46 Anm. 1; Vierordt,
Geschichte I, S. 317.
14 Vierordt, Geschichte I, S. 308f.; Bläsi, Reformation,
S. 202.
15 Adam, Strassburg, S. 25-41; 50-92; Bender, Refor-
mation, S. 7; Bläsi, Reformation, S. 200f.
16 Meister, Kirchenpolitik, S. 59-64.
17 Vgl. Batzer, Neues, S. 64-67.
18 Thoma, Kirchenpolitik, S. 24 und Anm. 33; Bläsi,
Reformation, S. 204. Zur Säkularisation der Abtei siehe
ausführlich Franck, Benedictinerabtei, S. 1-26.
19 Kommentierter Abdruck bei Franck, Benedictinerab-
tei, S. 9-15; vgl. dazu Bender, Reformation, S. 11;
Bläsi, Reformation, S. 204.
20 Siehe oben, Anm. 10; vgl. End, Benediktinerkloster,
S. 228.
21 Hitzfeld, Abtei, S. 74; Mayer, Geschichte, S. 164f.
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Gengenbach gehörte zum Bistum Straßburg. Die erste Siedlung hatte bereits eine Martins-Pfarrkirche,
die vermutlich älter als die Klostergründung ist. Nachdem die Stadt beim Kloster entstanden war, lag die
Martinskirche außerhalb der Stadtmauer, war aber nach wie vor die Pfarrkirche für die Bewohner der
Stadt.9 St. Martin war dem Kloster Gengenbach inkorporiert, dieses zog die Pfründeneinkünfte ein und
entlohnte daraus den Geistlichen.10 Die Pfarrkirche war bis 1803 der Mittelpunkt eines Kirchspiels von ca.
20 Orten.11 Erst danach wurde die Klosterkirche St. Marien nominell zur Pfarrkirche und St. Martin sank
zur Friedhofskapelle herab. Tatsächlich übte St. Marien jedoch bereits im 16. Jahrhundert Pfarrrechte
aus.12 Neben der Reichsabtei und der Pfarrkirche St. Martin wurde die kirchliche Landschaft Gengenbachs
durch die St. Jakobus-Kapelle auf dem Bergle bereichert.
2. Die Einführung und Konsolidierung der Reformation 1525-1548
Die Überlieferung zur Einführung der Reformation in Gengenbach ist äußerst schmal, da zahlreiche Doku-
mente vermutlich im Zuge der Gegenreformation planmäßig vernichtet worden sind.13 Die Darstellung der
Reformationsgeschichte der Reichsstadt muss daher in weiten Teilen lückenhaft bleiben.
In welchem Jahr sich in Gengenbach eine reformatorische Bewegung formierte, kann nicht mit Sicher-
heit gesagt werden.14 Fest steht, dass schon früh evangelischer Einfluss aus dem nahe gelegenen Straßburg
auf die Reichsstadt wirkte. In Straßburg, wo sich bereits zu Beginn der 1520er Jahre eine reformatorische
Bewegung formiert hatte, wurde die Reformation bald nach 1524 eingeführt, gefördert durch das dortige
Zentrum des Buchdrucks.15 Vermutlich drang die evangelische Glaubenslehre in diesem Jahr auch nach
Gengenbach vor.
Graf Wilhelm von Fürstenberg, der zwischen 1504 und 1551 Pfandherr der Ortenau war, förderte die
frühe reformatorische Bewegung in der Reichslandvogtei,16 indem er 1525 versuchte, das Kloster Gengen-
bach zu säkularisieren, was ihm jedoch nicht gelang.17 Der Gengenbacher Rat unterstützte den Grafen bei
dessen Vorhaben gegenüber dem Kloster und öffnete sich damit der Reformation.18 Am 25. Februar 1525
richtete der Rat 30 Forderungen an das Kloster.19 Neben der Regelung finanzieller Belange zwischen Stadt
und Kloster forderte er, dass die Pfarrrechte ins Innere der Stadtmauer verlegt werden sollten. Auch die
Besetzung der Pfarrstelle sollte nicht mehr - wie bisher - dem Kloster allein, sondern anteilig auch dem Rat
zustehen.20 Der Abt weigerte sich jedoch, diesen Forderungen nachzukommen.
Abt Philipp von Eselsberg, der seit 1507 amtierte und einer der Hauptvertreter des Humanismus in
Gengenbach war,21 starb am 24. Juni 1531. Graf Wilhelm lancierte seinen Vertrauten Melchior Horneck von
9 Zur Pfarrei Gengenbach und zur kirchlichen Topogra-
phie im Mittelalter siehe Kauss, Pfarrorganisation,
S. 95f., 186f. sowie die beiliegenden Karten.
10 Die Entlohnung fiel in der Regel gering aus, was zu
anhaltenden Auseinandersetzungen führte, Bläsi,
Reformation, S. 198.
11 Diese sind aufgelistet bei Hitzfeld, Abtei, S. 59.
12 Siehe unten, S. 480.
13 Bender, Reformation, S. 10; Kohls, Bewegung, S. 1;
ders., Katechismus, S. 5 und S. 46 Anm. 1; Vierordt,
Geschichte I, S. 317.
14 Vierordt, Geschichte I, S. 308f.; Bläsi, Reformation,
S. 202.
15 Adam, Strassburg, S. 25-41; 50-92; Bender, Refor-
mation, S. 7; Bläsi, Reformation, S. 200f.
16 Meister, Kirchenpolitik, S. 59-64.
17 Vgl. Batzer, Neues, S. 64-67.
18 Thoma, Kirchenpolitik, S. 24 und Anm. 33; Bläsi,
Reformation, S. 204. Zur Säkularisation der Abtei siehe
ausführlich Franck, Benedictinerabtei, S. 1-26.
19 Kommentierter Abdruck bei Franck, Benedictinerab-
tei, S. 9-15; vgl. dazu Bender, Reformation, S. 11;
Bläsi, Reformation, S. 204.
20 Siehe oben, Anm. 10; vgl. End, Benediktinerkloster,
S. 228.
21 Hitzfeld, Abtei, S. 74; Mayer, Geschichte, S. 164f.
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