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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0039
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Einleitung

1. Die Reichsstadt Schwäbisch Hall

Die Stadt Hall, die am Ende des Kochertals an einer Salzquelle, dem namengebenden Haal, entstanden
war, erlangte 1276 mit der Befreiung von fremden Gerichten die Reichsfreiheit. 1280 setzte sie diese gegen-
über den benachbarten Schenken von Limpurg durch und baute ihre Rechte 1382 mit dem Erwerb des
Schultheißenamtes weiter aus.l Im 14. und 15. Jahrhundert erwarb die Reichsstadt umfangreiche Besit-
zungen im weiteren Umkreis und umgab diese mit der Heeg, der Haller Landwehr. Schwäbisch Hall besaß
mit Nürnberg, Augsburg, Ulm und Rothenburg eines der größten reichsstädtischen Territorien im Süden
des Reiches. Nach Norden wurde das Haller Gebiet von der Grafschaft Hohenlohe begrenzt, nach Südwes-
ten von der Grafschaft Limpurg sowie vom Herzogtum Württemberg und nach Osten von der Markgraf-
schaft Brandenburg-Ansbach.
Obwohl die Stadt ursprünglich innerhalb des Herzogtums Franken lag, rechnete sie sich seit dem
15. Jahrhundert zu Schwaben; 1489 beschloss der Rat, fortan einheitlich mit Stättmeister und Rat von Schwä-
bischen Hall zu unterzeichnen. Die Reichsstadt gehörte der Landvogtei Niederschwaben und dem Schwä-
bischen Reichskreis an, während ihre Nachbarn Limpurg und Hohenlohe dem Fränkischen Kreis zugerech-
net wurden.
Die Münze, die Kaiser Friedrich Barbarossa der Stadt verliehen hatte und die um 1200 erstmals bezeugt
ist, machte Schwäbisch Hall zu einer der wichtigsten Prägestätten des Reichs, deren Silberpfennig (Heller)
weite Verbreitung erlangte. Die Salzquelle, an der die Stadt entstanden war, bildete die nachhaltige Grund-
lage eines weitreichenden Handels sowie des Haller Wohlstandes: Schwäbisch Hall war im Hochmittelalter
die wirtschaftliche Hauptstadt eines weiten Hinterlandes und „eine der finanzkräftigsten königlichen
Städte“.2 Die Stadt wurde von städtischen Adelsgeschlechtern regiert,3 bis diese 1512 verdrängt wurden.
Seitdem wurde der Rat von einer Gruppe bürgerlicher, zunehmend akademisch gebildeter Familien domi-
niert, aus denen sich eine neue Oberschicht entwickelte. Im 15. und 16. Jahrhundert brachte es die Reichs-
stadt zu ihrer größten wirtschaftlichen und kulturellen Blüte.
Schwäbisch Hall gehörte zum Bistum Würzburg. Im ausgehenden Mittelalter besaß die Stadt 12 Kir-
chen und Kapellen mit etwa 24 Pfründen. Die rund 5000 Menschen, die um 1522 in der Stadt lebten,
wurden von etwa 15 Priestern betreut.4 Das Stadtgebiet war in die drei Pfarreien St. Michael, St. Katha-
rina und St. Johann aufgeteilt. St. Michael, die Pfarre für die Altstadt und die Gelbinger Vorstadt, war
ursprünglich Filiale von Steinbach, einem heutigen Stadtteil. 1287 inkorporierte der Würzburger Bischof
die Michaelskirche zusammen mit der Kirche in Steinbach dem Benediktinerkloster und späteren Chor-
herrenstift (seit 1488) Comburg. Sämtliche Geistlichen dieser Pfarrkirche und ihrer sieben Kapellen waren
zur Präsenz von St. Michael zusammengeschlossen, wie es auch in anderen Städten - etwa in Heilbronn5 -
Fall war. Die Präsenz stellte eine Klerikergemeinschaft dar, die zur gemeinsamen Feier der Exequien,

1 Zur vorreformatorischen Geschichte Halls siehe Uls-
höfer, Schwäbisch Hall, S. 719-725.
2 Ebd., S. 721.
3 Siehe hierzu Wunder, Ratsverstörung, S. 57-68; ders.,
Bürgerschaft, S. 38-43.

Maisch, Prediger, S. 45; Haug, Pfarrerschaft, S. 359;
Kantzenbach, Theologie, S. 5; Wunder/Lenckner,
Bürgerschaft, S. 71-78.
Siehe unten, S. 221.

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