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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0040
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Schwäbisch Hall

Vigilien und Jahrtage gegründet worden war, für deren Teilnahme die einzelnen Mitglieder ein Reichnis, das
Präsenzgeld, aus einer gesonderten Vermögensmasse erhielten. 1502 hatte der Haller Rat die Prädikatur an
St. Michael gestiftet,6 die 1522 mit der Besetzung durch Johannes Brenz tragend für die Einführung der
Reformation in der Reichsstadt werden sollte. Seit 1508 konnte der Rat auch über die Pfarrstelle an
St. Michael verfügen, die soeben von Steinbach abgepfarrt worden war.7 Der Neubau der Michaelskirche,
der 1525 fertiggestellt wurde, war das Ergebnis gemeinsamer Bemühungen der Haller Bürgerschaft um
einen repräsentativen Kirchenbau im Zentrum der Stadt.8
St. Katharina war die Pfarrei für die südliche Vorstadt jenseits des Kocher; sie unterstand dem Abt des
Benediktinerklosters Murrhardt. 1526 trat das Kloster sein Patronatsrecht an die Reichsstadt ab.9 Damit
besaß der Haller Rat nun die Patronate beider Pfarrkirchen, St. Michael und St. Katharina.
Die dritte Pfarrkirche, St. Johann, war für die Bewohner der Weilervorstadt und Gottwollshausen
zuständig. Sie unterstand den Johannitern, die in Schwäbisch Hall auch das 1328 errichtete Heiliggeist-
Spital unterhielten.10 Daneben hatten die Franziskaner11 und Beginen Ordensniederlassungen in der Stadt.
Weitere Kirchen und Kapellen, darunter die Marienkirche in der Schuppach,12 die Kirche St. Nicolai beim
Siechenhaus, die Kapelle im Spital, die Kapelle des Schöntaler Hofs am Säumarkt sowie die Kapelle am
Josenturm in der Gelbinger Vorstadt, vervollständigten das Bild regen geistlichen Lebens in Schwäbisch
Hall.13

2. Die Einführung der Reformation 1526-1528

Über die Anfänge der Reformation in Schwäbisch Hall ist nur wenig bekannt. Der neue Rat, der seit der
„Ratsverstörung“ 1512 nicht mehr aus Adeligen, sondern aus Mitgliedern der Bürgerschaft zusammenge-
setzt war,14 tat 1522 einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Reformation, indem er Johannes Brenz
aus Heidelberg berief,15 der für seine dezidiert evangelische Haltung bekannt war. Am 8. September hielt
Brenz seine Probepredigt an St. Michael16 und wurde anschließend als Prediger angestellt. Mit seiner
Predigt verbreitete sich das reformatorische Gedankengut in der Stadt, und bald bildete sich eine namhafte
evangelische Gemeinde.17 Der Rat verhielt sich gegenüber der neuen Lehre aufgeschlossen und begann
vorsichtig, die sich wandelnden kirchlichen Verhältnisse zu regeln. 1524 nahm er die Geistlichen in die

6 Das genaue Datum der Stiftung lässt sich nicht eruieren,
da jegliche urkundliche Angabe hierüber fehlt, siehe
Kantzenbach, Theologie, S. 6f.; Lenckner, Predigt-
amt, S. 54f. Erster Haller Prediger war Sebastian Brenn-
eysen, der 1503 das Predigtamt antrat und 1513 ver-
starb. Sein Nachfolger war Hans Dolde (Tholde), der bis
1515 blieb. Dolde war anschließend zeitweise Pfarrer an
St. Michael. 1517 wurde Bernhard Baur aus Nagold Pre-
diger in Hall. Er blieb bis mindestens 1519. Unklar ist,
ob er der direkte Vorgänger von Brenz im Predigtamt
war. Zur Besetzung der Predigerstelle siehe Lenckner,
Predigtamt, S. 54f.; Kantzenbach, Brenz, S. 67-70;
ders., Theologie, S. 49; Haug, Pfarrerschaft, S. 362-
366; Gmelin, Reformationszeit, S. 112f.; ders., Refor-
mations-Jahrhundert, S. 7f.
7 Kantzenbach, Theologie, S. 6; Maisch, Prediger,
S. 47.

8 Kantzenbach, Brenz, S. 67.
9 StadtA Schwäbisch Hall 17/611 C6 und 5/623, siehe
Maisch, Ordnung, S. 83 Anm. 24.
10 German, Chronik, S. 30.
11 Zur Klosterkirche St. Jakob siehe Krüger, Klosterkir-
che, S. 233-258; Kolb, Franziskaner, S. 1-24.
12 Kantzenbach, Theologie, S. 5.
13 Vgl. Haug, Pfarrerschaft, S. 359.
14 Siehe oben, Anm. 3.
15 Kantzenbach, Theologie, S. 3-7; Wunder, Wer hat
Johannes Brenz nach Hall geholt, S. 16; Ehmer, Her-
kunft, S. 42f.; Mann, Predigttätigkeit, S. 8-49; Weis-
mann, Johannes Brenz, S. 55-57.
16 Wunder, Haller Rat, S. 56; Kantzenbach, Brenz,
S. 67-70; ders., Theologie, S. 7-9.
17 Maurer/Ulshöfer, Brenz, S. 42-47.

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