Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0248
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heilbronn

Evangelium in Heilbronn fortan nach der neuen Lehre verkündet werden sollte, zu der sich der Rat
bekannte.
Offen war, wie die Heilbronner Bürgerschaft zu den Ereignissen des Augsburger Reichstags von 1530
stand. Riesser hatte dem Rat bereits im August dieses Jahres zu einer öffentlichen Befragung der Bürger-
schaft geraten.77 Am 26. November verlas er den Bürgern schließlich den Abschied des Augsburger Reichs-
tags und stellte sie vor die Entscheidung, diesen anzunehmen oder beim Evangelium zu bleiben und mit
Leib und Leben zum evangelischen Rat zu stehen, wozu sich die Mehrheit bekannte.78 Dieser Eid des Rates
und die Zustimmung der Bürgerschaft, bedingungslos beim Augsburger Bekenntnis zu bleiben, stellten die
definitive Entscheidung der Reichsstadt für die Reformation dar.
7. Ratsprotokoll zur Abschaffung der Messe 21. März 1531 (Text S. 292)
Anfang Mai 1528 hatte der Rat die Einführung des evangelischen Abendmahls verfügt (Nr. 2). Dies bedeu-
tete jedoch nicht zugleich, dass die Messe abgeschafft wurde. Bereits im Herbst des Jahres 1529 hatte
Lachmann beim Rat auf die Einstellung der Messe bei den ratseigenen Pfründen und auf deren Umwand-
lung in Prädikaturen gedrungen.79 Die ersten Schritte in diese Richtung erfolgten jedoch erst im Frühjahr
1531. Im März verlangte der Rat von Pfarrer Peter Dietz und den drei vom Rat belehnten Kaplänen, dass
sie keine Messen mehr lesen, sondern stattdessen wöchentlich eine Predigt halten sollten. Die Priester, die
zwei Tage Bedenkzeit erhielten, wiesen jedoch darauf hin, dass sie aufgrund der Stiftungsbriefe ihrer Pfrün-
den zum Messelesen, nicht jedoch zum Predigen verpflichtet und darüber hinaus auch nicht dazu in der
Lage seien.80 Sie lehnten das Ansinnen des Rates ab; die Messen fanden zunächst weiterhin statt.
8. Instruktion zur Abstimmung der Gemeinde über die Messfeier 8. Dezember 1531 (Text S. 293)
9. Mandat zur Abschaffung der Messe unter den Präsenzherren 8. Dezember 1531 (Text S. 295)
Ende 1531 gab der Rat Lachmanns Drängen schließlich nach und fasste den Entschluss, die Messe in den
Kirchen der Stadt kraft seiner obrigkeitlichen Gewalt abzuschaffen. Am 8. Dezember wurde die Bürgerschaft
um 7 Uhr morgens zusammengerufen. Der Rat ließ eine Instruktion verlesen, in der er seine evangelische
Haltung darlegte und begründete. Die Ansprache kulminierte darin, die Messe abzuschaffen. Da dieser
Entschluss jedoch das Gewissen jedes einzelnen betreffe, wolle man eine Befragung der Bürgerschaft zu dieser
Sache durchführen (Nr. 8). Die Bürger wurden erneut vor die Frage gestellt, ob sie mit Leib und Gut zu der
Entscheidung des Rates stehen wollten, was die überwiegende Mehrheit der Heilbronner bejahte.81
Am selben Tag versammelte der Rat auch sämtliche Geistlichen der Präsenz an St. Kilian in der großen
Ratsstube und ließ ihnen durch den Syndikus und Protonotarius Gregor Nallinger in Gegenwart eines
Notars eine weitere Instruktion verlesen (Nr. 9). Diese legte die evangelische Position des Rates sowie die
Verantwortung der Obrigkeit gegenüber ihren Untertanen dar, aus der heraus der Magistrat entschlossen
sei, Messen, Vigilien und dergleichen ergerliche mißbreuch abzuschaffen.82 Die Präsenzherren, die zu persön-
lichen Stellungnahmen aufgefordert wurden,83 stimmten dem Ratsentschluss zu.

77 Von Rauch, Riesser, S. 191f.
78 StaatsA Ludwigsburg B 189 II Bü 15, Nr. 10.
79 Schmolz, 450 Jahre, S. 240f.
80 Die Antworten der Prädikanten sind abgedruckt im UB
Heilbronn IV, S. 659-661; vgl. von Rauch, Riesser,
S. 192.

81 Schmolz, 450 Jahre, S. 240-242; von Rauch, Riesser,
S. 192; vgl. Dürr, Chronik, S. 99.
82 Zur Präsenz an der Kilianskirche siehe Irion, Heil-
bronn, S. 70-73.
83 Diese sind abgedruckt im UB Heilbronn IV, S. 707f.

228
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften