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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0411
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8. Zuchtordnung 1531

Hette er ouch in solchem zuwandel ir ain kind
bevolhen, das soll er von ir nemmen unnd ir für die
kindbett iiii gulden gebenn unnd ir nit wyther schul-
dig sin.
Unnd sy, die selbig frow, soll darnach ouch, In-
halt vorgesatzteny artickels oder sunst nach erkant-
nis unser im täglichen rat, gestrafft werden. |130r |
Wäre aber sy ain Jungkfrow gsin oder darfür ge-
haltenn worden, eh unnd dises geschrayg entstanden
wer, so soll es, wie im nachvolgenden Capitel des
magt verfallens erlutet wurt, gehaltenn werden.
Doch ob ettwas gevar, zusag oder verwe-
nung51 zwischen den parthien in solcher sach be-
schehen wer oder gebrucht wordenn, so wellennt wir
im täglichenn Rat wyther insehenns unnd erkannt-
nis darinn zethun unns vorbehaltenn habenn, wie
sich yeziten nach gstalt verhandelter sachenn ge-
püren würt.
Vom Ebruch
Item, ob die Zuchtherren kuntlich erfarent, das ett-
war ains offnen Ebruchs mit warhait beschrayt wurt
unnd schuldig ist, der sye vorhin durch sy oder unns
gewarnet oder nit, dann unmöglich ist, jegkliche
übertretter vorhin insonderhait gewarnet werden, so
sollennd sy dieselbigenn personn, die syge, wer sy
well, Ober oder underthon, unns im täglichen Rat
anzöugen, alsdann sollennd unnd wellennd wir on
wythern uffzug, ouch one verschonung dieselbigen
person offenlich für uns beschickenn unnd ernstli-
chen strafen, dergstalt: Ists ain man, soll er iiii tag
unnd iiii necht in thurn gelegt unnd daselbstenn mit
nichten dann |130v | mit allain häbrin muß, ouch
brot unnd wasser gespyßt unnd getrenckt werden.
Unnd so mann darnachz ine ußlassenn will, sollennd
wir ine offentlich für unser Rathhus oder aber in
gesessnen täglichen Rat füren und im offentlich,
worumb er in thurn kummen syg, sagenn, unnd das
er von des wegen dise thurnstraf unnd zu dem ver-
schuldet hab, das er weder in Rat noch zu Gricht
noch sunst an kainen erlichen ämptern geprucht

y B: vorgesagten.
z B: dann.

werden soll so lang, biß wir mit gesunder gwißny
unnd gutem Rat erkennent, das er widerumb zuge-
bruchen syge. Dise erkanntnis aber soll nit besche-
hen, biß das er sich dermaßen besserlich haltet, das
mengklich ain hofnung habenn mag unnd ain Zu-
versicht, das er solches Lasters jetzo fryg stannd
unnd sich deß wyther müssigen werde.
Ists aber ain frow, soll sy glicher gstalt wie die
mann iiii tag unnd iiii nächt in thurn ligen unnd
nichtz dann wasser unnd brot unnd häbri muß
trincken unnd essen, sy were dann kranck, so soll
dem Burgermaister jeziten zugelassenn sin, ze erlo-
benn, das ir spyß, die ir zugehört, gebenn werde. Sy
soll ouch, wie oben des manns halb erlutet ist, fur
unns in die Ratstuben oder für das Rathus gefürt
unnd ir da offenntlich gesagt werden, warumb sy im
thurn gelegen, ouch das sy von solches handels we-
genn gestraft syg, das sy zu kainen mälern in die
Zunfft, ouch zu kainen hochziten noch andern off-
nen, erlichen, geladnen gspilschafftenn gon noch ge-
laden werdenn soll, |131r | unnd ob sy glichwol zu
dermaßen offnen, erlichen gspilschafften, Zunfft-
mälern oder hochzitenn kemme, geladenn oder un-
gladenn, das mann sy werd unnd sölle haissen hin-
weg gon, Unnd das alles so lang, biß wir uß vor wol-
bewertem irem wesen unnd wandel erkundigen mö-
gent und erkennen, das mann sy widerumb zulas-
senn sölle.
Damit ouch sölchem dest fürderlicher statt be-
schehe, so befelhennd unnd wellennd wir, das die
stubenknecht, würt unnd andere, by denen solche
Zunfftmäler, hochziten oder offne geladne gspil-
schafften gehaltenn werdent, so sy ain solchen fro-
wen, die noch in der bus stünd, sehen oder deren by
solchem mal wissig werdent, das sy von stund an
das ainem under den Zuchtherren ansagen, der soll
dann für sich selbs one berüffung der andern von
stund ain Ratsknecht an dasselbig ort schickenn,
der solche frowen von der gesellschafft zegon ver-
schaffe.
Item, ob ain person, die, wie vorstat, des
Ebruchs ain mal gestraft were, zum andern mal des

51 Verwähnen = eine Zusage machen, hier ein Eheverspre-
chen, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 2074.

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