Gengenbach
Im Gengenbacher Stadtbuch,34 das zwischen 1460 und 1480 begonnen wurde und in dem fortlaufend
Ordnungen zu sämtlichen Belangen des städtischen Gemeinwesens ergänzt wurden, finden sich zwei
knappe, für das evangelische Schulwesen in Gengenbach aufschlussreiche Ordnungen zur Anstellung und
zur Tätigkeit der Schulmeister. Letztere verweist in einer nachträglich ergänzten Anmerkung darauf, dass
Sylvester Kielmeier und Dionysus Reuchlin 1544 als Schulherren angestellt wurden.35 Die beiden Ordnun-
gen stammen demnach aus der Zeit zwischen 1536 und 1544. Die Anstellungsordnung (Nr. 1) enthält
keinerlei Hinweise auf ein Entstehungsjahr, lässt sich jedoch ebenfalls in diese Zeit datieren, da sie von
derselben Schreiberhand stammt und vermutlich gleichzeitig in das Stadtbuch eingeschrieben wurde.
Nach der Anstellungsordnung (Nr. 1) bildeten zwei Ratsherren und ein Kirchendiener das Gremium der
Schulherren, das die Aufsicht über Schule und Schulmeister ausübte.36 Oberste Instanz war jedoch der
städtische Rat. Der Schulmeister sollte den Schülern insbesondere den Katechismus nahe bringen, damit
die Kinder zum himmell, daran es alles ligt, gelert werden.
Die Schulmeisterordnung (Nr. 2) geht genauer auf die Rechte und Pflichten des Lehrers ein, etwa die, in
den Gottesdiensten den Schülergesang zu üben. Mit der Anweisung, an welchen Tagen der Schulmeister
keinen Unterricht zu erteilen brauchte, ist der Ordnung indirekt eine Liste der in Gengenbach gültigen
Feiertage inseriert. Die Besoldung des Schulmeisters erfolgte aus Mitteln des Rates und des Klosters sowie
zu einem geringen Teil aus Gaben der Schüler, deren Höhe vom Rat festgelegt wurde.37 Die Bemühungen
des Gengenbacher Rates um ein gutes Schulwesen waren von Erfolg gekrönt. Der hier ausgebildete Nach-
wuchs wurde andernorts geschätzt und fand in weitem Umkreis Anstellung.38
3. Kirchenordnung [1538]
Obwohl der Rat seine reformationsfreudige Gesinnung bereits in den 1520er Jahren zu erkennen gegeben
hatte, kam es erst 1538 zur Niederschrift einer Kirchenordnung. Der Anstoß hierzu kam zunächst auch
nicht aus den Reihen des Rates, sondern von Seiten der zwei evangelischen Geistlichen Konrad Knecht und
Lucius Kyber sowie des Schulmeisters Matthias Erb.
Die Gengenbacher Kirchenordnung ist zusammen mit zwei weiteren Schriftstücken - den Reformati-
onsartikeln sowie dem Brief der drei Geistlichen an den Rat vom 4. Januar 1538 - in Abschrift aus dem
Nachlass von Matthias Erb überliefert.39 Nachdem Erb auf die Superintendentur ins württembergische
Horburg-Reichenweier berufen worden war, nahm er die Schriftstücke dorthin mit.40 Nach seinem Tod
gelangten sie in die Hand des aus Bayern stammenden Theologen Christian Soerin (Serinus),41 der mit Erb
in Horburg-Reichenweier in Kontakt stand. 1585 stellte Soerin eine Sammlung mit 28 Dokumenten aus
Erbs Nachlass zusammen, unter denen sich auch die Gengenbacher Akten befinden. Die Abschriften wer-
den heute in der Universitätsbibliothek Basel als Depositum des Basler Frey-Grynaeischen Instituts auf-
bewahrt.42 Sie wurden 1965 von Ernst-Wilhelm Kohls dort entdeckt.43
34 Abdruck bei Walter, Weistümer, S. 1-151. Eine gene-
relle Erneuerung erfuhr das Stadtbuch 1618.
35 Vgl. Kuner, Verfassung, S. 218.
36 Vgl. ebd., S. 220.
37 Vgl. ebd., S. 222.
38 Andreas, 600 Jahre, S. 303.
39 Kohls, Bewegung, S. 25.
40 Ebd., S. 25f.
41 Bopp, Geistliche, Nr. 4870.
42 Hierbei handelt es sich um eine Stiftung, die 1747 durch
den Theologieprofessor Johann Ludwig Frey zum
Andenken an seinen verstorbenen Kollegen Johannes
Grynaeus begründet worden ist.
43 Bläsi, Reformation, S. 214, 217.
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Im Gengenbacher Stadtbuch,34 das zwischen 1460 und 1480 begonnen wurde und in dem fortlaufend
Ordnungen zu sämtlichen Belangen des städtischen Gemeinwesens ergänzt wurden, finden sich zwei
knappe, für das evangelische Schulwesen in Gengenbach aufschlussreiche Ordnungen zur Anstellung und
zur Tätigkeit der Schulmeister. Letztere verweist in einer nachträglich ergänzten Anmerkung darauf, dass
Sylvester Kielmeier und Dionysus Reuchlin 1544 als Schulherren angestellt wurden.35 Die beiden Ordnun-
gen stammen demnach aus der Zeit zwischen 1536 und 1544. Die Anstellungsordnung (Nr. 1) enthält
keinerlei Hinweise auf ein Entstehungsjahr, lässt sich jedoch ebenfalls in diese Zeit datieren, da sie von
derselben Schreiberhand stammt und vermutlich gleichzeitig in das Stadtbuch eingeschrieben wurde.
Nach der Anstellungsordnung (Nr. 1) bildeten zwei Ratsherren und ein Kirchendiener das Gremium der
Schulherren, das die Aufsicht über Schule und Schulmeister ausübte.36 Oberste Instanz war jedoch der
städtische Rat. Der Schulmeister sollte den Schülern insbesondere den Katechismus nahe bringen, damit
die Kinder zum himmell, daran es alles ligt, gelert werden.
Die Schulmeisterordnung (Nr. 2) geht genauer auf die Rechte und Pflichten des Lehrers ein, etwa die, in
den Gottesdiensten den Schülergesang zu üben. Mit der Anweisung, an welchen Tagen der Schulmeister
keinen Unterricht zu erteilen brauchte, ist der Ordnung indirekt eine Liste der in Gengenbach gültigen
Feiertage inseriert. Die Besoldung des Schulmeisters erfolgte aus Mitteln des Rates und des Klosters sowie
zu einem geringen Teil aus Gaben der Schüler, deren Höhe vom Rat festgelegt wurde.37 Die Bemühungen
des Gengenbacher Rates um ein gutes Schulwesen waren von Erfolg gekrönt. Der hier ausgebildete Nach-
wuchs wurde andernorts geschätzt und fand in weitem Umkreis Anstellung.38
3. Kirchenordnung [1538]
Obwohl der Rat seine reformationsfreudige Gesinnung bereits in den 1520er Jahren zu erkennen gegeben
hatte, kam es erst 1538 zur Niederschrift einer Kirchenordnung. Der Anstoß hierzu kam zunächst auch
nicht aus den Reihen des Rates, sondern von Seiten der zwei evangelischen Geistlichen Konrad Knecht und
Lucius Kyber sowie des Schulmeisters Matthias Erb.
Die Gengenbacher Kirchenordnung ist zusammen mit zwei weiteren Schriftstücken - den Reformati-
onsartikeln sowie dem Brief der drei Geistlichen an den Rat vom 4. Januar 1538 - in Abschrift aus dem
Nachlass von Matthias Erb überliefert.39 Nachdem Erb auf die Superintendentur ins württembergische
Horburg-Reichenweier berufen worden war, nahm er die Schriftstücke dorthin mit.40 Nach seinem Tod
gelangten sie in die Hand des aus Bayern stammenden Theologen Christian Soerin (Serinus),41 der mit Erb
in Horburg-Reichenweier in Kontakt stand. 1585 stellte Soerin eine Sammlung mit 28 Dokumenten aus
Erbs Nachlass zusammen, unter denen sich auch die Gengenbacher Akten befinden. Die Abschriften wer-
den heute in der Universitätsbibliothek Basel als Depositum des Basler Frey-Grynaeischen Instituts auf-
bewahrt.42 Sie wurden 1965 von Ernst-Wilhelm Kohls dort entdeckt.43
34 Abdruck bei Walter, Weistümer, S. 1-151. Eine gene-
relle Erneuerung erfuhr das Stadtbuch 1618.
35 Vgl. Kuner, Verfassung, S. 218.
36 Vgl. ebd., S. 220.
37 Vgl. ebd., S. 222.
38 Andreas, 600 Jahre, S. 303.
39 Kohls, Bewegung, S. 25.
40 Ebd., S. 25f.
41 Bopp, Geistliche, Nr. 4870.
42 Hierbei handelt es sich um eine Stiftung, die 1747 durch
den Theologieprofessor Johann Ludwig Frey zum
Andenken an seinen verstorbenen Kollegen Johannes
Grynaeus begründet worden ist.
43 Bläsi, Reformation, S. 214, 217.
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