Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

7. Kirchenordnung 1542

So nu Godt, de Vader, uns den SÖne gegeven hefft,
wo scholde he ock nicht yn eme uns alle dinck ge-
geven hebben?26 Dyth ys dat rechte, wäre Evange-
lion und darbeneven nen anders nicht. [ B lv | Averst
vor solck ein Evangelion der Eeren Gades hefft de
Endechristische hupe uns der Düvels lere vorgehol-
den, welcker yn hüchelye, Dat ys geredet: under
dem grdtesten schyne der hillicheit, leren und pre-
digen ydel lögen, genoch dont27 vor de Sünde, Sta-
tuten und Regeln, Observantien, Afflath, Bede-
farth, Bröderschop, erdichtede offeringe, der Missen
gruwel, dat Vegevür, Wychwater, gesettede Vastel-
dage, Murrent der Papistischen tide28, Vigilien der
doden, hillige stede, Klocken Wyhinge, Salvinge,
Platten scheren29, affgesunderde hillige kleder, ein
vorschwerent des Eestands, welcker doch van Godt
geschapen unde angesettet ys worden, vorbodt der
Spise, vorbot des Kelckes Christi, Anropinge der bil-
ligen unde einen Missbruck aller wercke, ock Cere-
monien, darmit se uns gelert hebben, dat wy Godt
vorsönen unde vor de Sünde genoch don, ock vorge-
vinge der sünde erlangen kdnden.
Sünte Paul sprickt: Se stan tho30, dat se Godt ken-
nen. Averst mit dessen leren unde daden hebben se
dat wäre Evangelion vorlöchent31, Desgeliken ock
dat Blodt Jhesu Christi und de barmherticheit Ga-
des, des Vaders. Dat ys so vele geredet: Se geldven
nicht, dat allene umme des Heren Christi willen vor-
gevinge sünde vorgeven werden. Solcke ldgen des
Endechrists willen wy nu dem Düvel wedder tho-
schicken, darher se gekamen, und geven Ga-1B 2r | de
dem Vader gebdrlike Eere vor dat Evangelion Chri-
sti, welcker wy nu wedderumme entfangen hebben.
Averst darmit wy wedder up de Sacramente kamen:
De geven unde nemen wy na der ansettinge Chri-
sti32 unde entfangen se van unsem Heren Jhesu

26 Röm 8,32.
27 Genugtuung.
28 Gemeint ist das Stundengebet (murren - murmeln).
29 Das Scheren der Tonsur.
30 Hier: sie behaupten.
31 Vgl. Tit 1,16.
32 Gemeint ist: nach der Einsetzung durch Christus.

Christo sulvest, wowol dorch de handt des Kercken-
deners, Also ock dat Evangelion uns van eme vor-
kündiget wert, wowol dorch den Mundt des Ker-
ckendeners edder Predigers. Wat scholde uns nu
daranne feilen, Dat wy nicht dat wäre Evangelion
hebben? Sint wy doch dorch den geloven yn Chri-
stum mit Gade versönet unde Gades kinder wor-
den33. Wy bekennen, dat wy geldven. Wy leren unse
kinder, wy anropen, bidden und dancken Gade, hö-
ren syn Wordt unde bliven ynn dem bestendich-
lick34. Dat ys de rechte wäre Gades denst, yn den
ersten dren gebaden Gades erholden35.
Hyr beneven wert uns ock gelert van guden wercken
unde einem Christliken levende, van der geduldt,
van dem Crütze, van dem gehorsam der Avericheit
unde dat de Christen allene ein gesette hebben, Alse
de Leve36, dardorch ein yeder na syner esschinge de-
net andern lüden unde ys gewisse, wat he also an-
dern deit, dat he dat Christo sulvest gedan
hefft37. Wolde Godt, dat wy solcke früchte bequem-
lick unde tho syner tidt hervör bringen kdnden38.
Wat machstu van uns begeren, dat wy mer leren
scholden?
Unde | B 2v| willen also vele vam ersten Deele desses
Bokes geredet hebben, Welcker ys eine Gddtlike Or-
deninge, Unde schal nicht unse Ordeninge gendmet
noch van yemande gebraken werden. Wy gebeden
averst, dat ein yeder solcke Godlike Ordeninge hol-
de, Darmede wy unsem Heren Jhesu Christo, de
solckes geordent unde gesett, dardorch gehorsam er-
tdgen, eme thon Eeren unde uns thor Seelen Sa-
licheit.
[II.] De Ander Ordeninge desses Bokes mach ock
unse Ordeninge gendmet werden, Darumme dat
men wol, wat Godtfrüchtlikes darynne, vorwandeln

33 Vgl. Röm 8,17; lJoh 3,1.
34 Vgl. Apg 2,42.
35 2Mos 20,1-11; 5Mos 5,6-15.
36 Vgl. Joh 13,34.
37 Vgl. Mt 25,40.
38 Vgl. Mt 7,16-20; Joh 15,1-8.

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