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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0280
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Die Ordnungen des königlichen Anteils

geistlichen, die sich vielfach am ersten Tag des Monats (Kalendae) zusammengefunden hatten. Den Ka-
landsbruderschaften gehörten auch Laien an, unter ihnen vielfach Frauen. Wie bei anderen Bruderschaften
stand bei den Kalanden die Sorge um die Memoria im Vordergrund118.
Der Münsterdorfer Kaland ging auf das Jahr 1304 zurück; aus diesem Jahr stammt zumindest die erste
erhaltene Urkunde. Mit ihr gestattete Hedwig, die Witwe des Grafen Heinrich I. von Holstein, den Prie-
stern und Laien, die eine als Kaland bezeichnete Bruderschaft gebildet hatten, den Bau einer Kapelle bei
dem Ort Münsterdorf und schenkte ihnen zu deren Errichtung Land119. Aus dem 15. Jh. sind mehrere
Ablaßbriefe zu Gunsten der dem Hl. Sixtus geweihten Kapelle erhalten120. Neben der Kapelle entstand ein
Kalandshaus, in dem sich die Mitglieder zweimal im Jahr versammelten. Das Haus war mit einer Küche
ausgestattet, in der die Speisen für das gemeinsame Mahl, das zu den Kennzeichen der Versammlungen
gehörte, zubereitet werden konnten. Auf dem Friedhof der Kapelle durften ausschließlich die Mitglieder des
Kalands begraben werden. An der Spitze der Bruderschaft stand der Dekan. Ihre Mitglieder gliederten sich
in die Kalandsherren (Geistliche) und die Kalandsbrüder (Weltliche)121.
Im Jahr 1540 oder 1544 erfolgte die Aufhebung der alten Münsterdorfer Kalandsbruderschaft durch
König Christian III. Der Name „Kaland“ wurde aber weiterverwendet. Er bezeichnete in der Folge die
Gemeinschaft der Pfarrer eines bestimmten Gebiets bzw. deren Versammlungen122. Wie der unter Kön
Nr. 5b abgedruckte Text zeigt, gab es Ende des 16. Jh. neben dem Münsterdorfer noch einen Segeberger
Kaland im königlichen Teil Holsteins. Dem Kaland gehörten nur die Pfarrer an, nicht jedoch die Kapläne
bzw. Diakone. Im Unterschied zum mittelalterlichen Kaland bestand er auch nur aus Geistlichen123.
An der Zahl der Treffen der alten Kalandsbruderschaft hielten die evangelischen Geistlichen fest. Zwei-
mal im Jahr versammelten sie sich in Münsterdorf zu ihren Synoden. Nach den Statuten von 1575 gingen
die Versammlungen jeweils über zwei Tage (Montag und Dienstag). An beiden Tagen fanden Gottesdienste
in der Münsterdorfer Kapelle statt, die nach 1600 zur Pfarrkirche des Ortes erhoben wurde124. Der erste Tag
der Versammlung diente der Aufnahme neuer Mitglieder: Die novitii mußten sich auf gewisse Lehrartikel
(articulos theologicos) verpflichten. Darüber hinaus leisteten sie einen Eid, mit welchem sie bekräftigten,
nicht durch Simonie auf ihre Stelle gelangt zu sein. An diesem Tag wurden auch etwaige Gravamina be-
handelt oder Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern des Kalands geschlichtet. Am zweiten Tag waren der
königliche Statthalter und der Steinburger Amtmann in Münsterdorf anwesend. Zur Berichterstattung
beim König wurden sie über die Beratungen des Vortags informiert. Am zweiten Tag trat auch das Kon-
sistorium zur Behandlung der Ehesachen zusammen. Beide Tage wurden wie bei der alten Kalandsbruder-
schaft mit einem ausgiebigen Mahl abgeschlossen125.
Die Statuten des Münsterdorfer Kalands datieren auf das Jahr 1575. Möglicherweise wurden sie von
Johann Vorstius verfaßt, der seit 1559 an der Spitze der Münsterdorfer Propstei stand126. Auf die neun
Artikel der „Constitutio“ folgen in der Vorlage noch Aufzeichnungen vom Beginn des 17. Jh. Sie stammen
vom Propst Matthias Clodius. Der aus Brandenburg stammende Clodius hatte 1701 die Nachfolge von
Vorstius angetreten, der zwei Jahre zuvor gestorben war127. Bei diesen Aufzeichnungen handelt es sich zum
einen um eine Aufstellung des Inhalts von vier Truhen mit Dokumenten und Gerätschaften aus Münster-
dorf (Calandes Breve, Breve zum Memorien-Gelde, Silberzeug, des Calandes Privilegia undt etzliche Ablaß-

118 Vgl. Lex. d. MA. 5, Sp. 864f.; LThK3 5, Sp. 1140; TRE 7,
S. 198f. (s.v. Bruderschaft); Schleswig-Holstein Lexikon,
S. 295.
119 Vgl. Schröder, Geschichte des Münsterdorfischen Con-
sistoriums, S. 35f.
120 Ebd., S. 41-44.
121 Ebd., S. 49-51.
122 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 133.
123 Vgl. Hoffmann, Konsistorialverfassung, S. 20.

124 Vgl. Schröder, Geschichte des Münsterdorfischen Con-
sistoriums, S. 62f.
125 Vgl. dazu die Angaben ebd., S. 132f. (Unius conventus
sumptus). Danach wurden für eine Zusammenkunft ein
Ochse und 14 Lämmer geschlachtet sowie drei Tonnen mit
Hamburger Bier herbeigeschafft.
126 Zu Vorstius s. oben S. 249.
127 Vgl. Arends, Gejstligheden 1, S. 151 und 3, S. 134 und
140 (Clodius hatte das Pfarramt in Itzehoe inne).

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