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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0432
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Die Ordnungen des Gottorfer Anteils

Waß auch von taglöhnern, arbeitsleuten, so sich biß
anhero ungebeten eingedrungen, oben bey den hoch-
zeiten angedeutett23, soll hieher wiederholett und
dieselbigen von dem wirthe, so das kindelbier gibtt,
namkündig gemachtt unnd dem staller angezeigt
werden, damit sie ihrer unverschämbten bezei-
gung24 halber zu register gezeichnett unnd mitt ge-
fengknuß | oder einer willkürlichen geldtbuße ge-
straffett werden mügen.
Wan die sechs wochen verfloßen und die frawe wie-
derümb in die kirche gehett25, soll durchauß keine
gesterey mehr angestellet werden, sondern sollen die
frawens persohnen, so der sechswocherinnen nach
der kirchen gefolget, sich der bescheidenheit erin-
nern und ein jede sich sittiglich nach ihrem eigenen
hause verfuegen und keinem zu unzimblicher unkost
ursach unnd anlaß geben. Würde von ihnen hier ent-
gegen gehandelt, sollen uns die ubertretere, sowoll
wirthe alß geste, gleiches fallß willkürlich aufzudin-
gen26 schüldig sein unnd von solcher büße unns zwey
theile, stallern und rathen aber ein theill zugeeignet
werden.
[4.] Zum vierdten: Nachdem auch die tägliche erfah-
rung mehr dan zuviel bezeugett, welcher gestaldt
bey den todten begrebnußen unsern underthanen zu
mercklichem schaden eine große zehrung aufgangen
unnd solcher unrath dergestaldt uberhandt genhom-
men, das bey einer begrebnüß bißweiln 10, 15, ja 20
tonnen bierß außgezecht, zugeschweigen, das man
feiste, beste Schweine und anderß zu solcher noturft
schlachten | müßen, worüber dann ein jeder, ohne
das solche betrübte fälle ihme zugestanden, in gro-
ßen schaden seiner nharung gesezt worden, über das

e Korr, aus: hinfurthar.
23 Auf S. 411.
24 Benehmen, s. Grimm, DWb 1, Sp. 1796 f.
25 Zu den sechs Wochen bzw. 40 Tagen (s. 3Mos 12,1-8 und
Lk 2,21-24) und den damit verbundenen Riten und Ge-
wohnheiten vgl. HWDA 9, Sp. 697-700 sowie Got
Nr. 11, S. 380 mit Anm. 17.
26 Strafe zu zahlen, s. FWb 2, Sp. 367.
27 Gesättigt (erfüllen - sich den Bauch füllen, satt fressen),
s. Grimm, DWb 3, Sp. 811.

auch ein hauffe unverschämbter leute so unersetlich
seind, das sie ohne unterscheid! der zeitt ganz nicht
erfüllet27 werden können.
Demselbigen aber vorzubawen, sezen, ordnen unnd
wollen wir, daß solche grabbiere28 genzlich abge-
schaffett und hinfürthan keinem erleubett sein soll,
entweder grabbier zu geben oder aber in das hauß,
da die leiche außgetragen, sich wiederümb zuverfüe-
gen, bey poen 100 thaler, 70 unns, 30 den staller und
rhatleuten zuerlegen. Inmittelst wird ein jeder sich
ohn das der christlichen bescheidenheit erinnern
unnd seinem nachbarn und nebenchristen, ohne
hoffnung dergleichen fullerey, den lezten dhienst
gerne bezeigen unnd ihne nach dem kirchove unnd
zu seiner ruhestette bringen unnd begleiten helffen.
Dieweill auch bißanher große, weitleuftige danck-
sagungen bey solchen begrebnüßen gescheen, wor-
über nach der handt ein großer mißbrauch einge-
rißen, sollen solche dancksagungen hinfürthan
genzlich verbotten und bey willkürlicher straffe,
darmit dersel- | be, der die rede gethan, zubelegen,
abgeschaffett sein.
[5.] Lezlich, weill auch großer, ubermeßiger pracht
der kleidung halben je lenger je mehr gespüeret
wird, wordurch einer den andern in Verderb reizet
unnd ursach gibt, angesehen29 keiner dem andern
weichen unnd nachgeben will, so sezen, ordnen unnd
wollen wir, das hinfurt6 aller sammit, atlasch30 und
ander seiden gewandt genzlich verbotten sein unnd
an deßen statt nur allein wullen gezeug, allß
grobgrun31, sayen32, macheyr33, gutt engelisch
wandt34 und dergleichen getragen werden sollen. Je-

28 Vgl. oben Anm. 3.
29 In Anbetracht der Tatsache, daß, s. FWb 1, Sp. 1161 f.
30 Atlas.
31 Ein Wollstoff mit groben und dicken Fäden, s. Ade-
lung 2, Sp. 808, Grimm, DWb 9, Sp. 412 (Herleitung
vom französischen Wort grosgrain).
32 Eine Art Wollstoff, s. Idiotikon 7, Sp. 592 f.
33 Wollstoff von geringer Qualität, s. Tilgner, Sozialdis-
ziplinierung, S. 98, Anm. 216.
34 Leinwand.

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