Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0131
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung

Irritieren mag die Bezeichnung decanatus für die interne Abgabenbemessung; die meisten Kapitel umfassten
nur einen Bruchteil eines derartigen „Quotenanteilsdekanats“21. Irritieren mögen auch die ähnlichlautenden
Namen Kisder und Kosder, Schelker und Schenker Kapitel, parallel im rumänischen (als Bestandsbezeich-
nungen im Archiv) Bălcaciu (Bulkesch) und Băgaciu (Bogeschdorf). Einige Kapitel wurden neben dem
Vorort mitunter mit einem Landschaftsnamen (Unterwald/Mühlbach, Nösneriand/Bistritz) oder einem
Gewässernamen (Kokel bzw. Zwischenkokelgebiet/Bogeschdorf; Kreisch/Lasseln) bezeichnet.
Die Kapitel blieben in der Reformation bestehen und bildeten den „Unterbau“ einer Kirchenorganisa-
tion. Neu war die Einführung des Superintendentenamts 1553. Superintendent war bis 1571 in Personal-
union der Stadtpfarrer von Hermannstadt, danach der Pfarrer des mittelsiebenbürgischen Marktortes Birt-
hälm. Ihm oblag die Vertretung gegenüber der Landesherrschaft, der Nationsuniversität und anderen Kir-
chen, die Ordination von Geistlichen, die Rechtsprechung in Kirchensachen und die Kirchenleitung mit
Visitationsrecht und der Leitung der Synoden. Die Synoden wurden vom Superintendenten, im Verhinde-
rungsfall vom Generaldechanten, gelegentlich auch vom Landesherrn einberufen; geladen wurden die
Dechanten und weitere Delegierte aus den einzelnen Kapiteln. Die Synode war „oberste kirchenregiment-
liche und kirchengesetzgebende Versammlung“; sie wählte den Superintendenten, ihr oblag die conservatio
sanae doctrinae, piae concordiae et honestae disciplinae. Die Synoden beschlossen für die gesamte sächsische
Kirche verbindliche kirchenordnende Regelungen und führten damit die 1547 von einer „ad-hoc“-Kommis-
sion erstellte Kirchenordnung fort.

c) Überlieferung
Zentrale Überlieferung für die Beschlüsse der sächsischen Nationsuniversität sind deren Protokollbände.
Bis ins 15. Jahrhundert zurückreichend, wurden sie anfänglich lateinisch, seit 1552/1555 in deutscher Spra-
che geführt22. Um 1800 wurden die Protokolle durch Inhaltsangaben erschlossen23. Mehrere der damals
noch vorhandenen Protokollbände sind heute verloren; für die vorliegende Edition besonders bedauerlich ist
der Verlust der Protokolle von 1564 bis 1615. Eine erhebliche Erleichterung der Forschung ergibt sich durch
Digitalisate der Protokollbände bis 170524.
Die Überlieferung der Beschlüsse geistlicher Versammlungen und Einrichtungen ist hingegen wesentli-
cher aufwändiger zu ermitteln. Seit 1557 waren die Synoden der geistlichen Universität auch kirchenord-
nend tätig. Die Synodalbeschlüsse wurden den einzelnen Kapiteln übersandt. Die übersandten Exemplare
gingen zwar verloren, bildeten aber die Vorlagen für Abschriften in Kopialbücher, die später in den Kapi-
teln angelegt wurden. Dadurch liegen die meisten Synodalbeschlüsse in einer Anzahl leicht abweichender
späterer Abschriften vor. Gleichzeitige Abschriften überliefern lediglich die Protokollbände des Hermann-
städter Kapitels; nach einem ersten Band 1523-1536 liegen sie aber erst ab 1600 vor25. Beim Burzenländer

21 Sie bildeten die Bemessungseinheit für die Zahlungen an
die geistliche Universität. Von den insgesamt neun
Dekanaten lagen sechs in der alten Weißenburger, drei in
der Graner Diözese; vgl. Müller, Landkapitel, S. 112-
116 (Kapitel „Quotenanteilsdekanat“). Schuller,
Pfarrer, S. 209f. hat abweichend um 1540 7 1/2 Deka-
nate, die sich bis ins 18. Jh. auf 6 2/3 reduzierten.
22 1552 wird ein einzelner knapper Beschluss (zur Bau-
pflicht an Pfarrhäusern), 1554 das längere Protokoll
eines Rechtsstreits, ab Oculi 1555 das gesamte Sitzungs-
protokoll in deutscher Sprache niedergeschrieben, vgl.
Müller, Deutsche Sprachdenkmäler, S. 248f. Nr. 112.
23 Das vom damaligen Archivar Martin Georg Hirling

erstellte Manuskript liegt nun als Druck vor; Şindila-
RIU u.a., Hermannstadt und Siebenbürgen, S. 11. Miter-
schlossen wurden die Protokolle des Hermannstädter
Rats. Heute finden sich diese Protokolle unter den
Signaturen NatA Hermannstadt, Inv. 14 Nr. 206-210a
und 211 bzw. ebd., Nr. 211 Nr. 1-6; Übersicht in Şin-
dilariu u.a., Hermannstadt und Siebenbürgen, S. 16.
24 Auf CD-Rom als Beilage in Şindilariu u.a, Hermann-
stadt und Siebenbürgen.
25 NatA Hermannstadt, Kapitel Hermannstadt [Sibiu]
(Inv. 298), Nr. 1005 für die Jahre 1523-1536, ebd„
Nr. 1006 und 1007 für die Jahre 1600-1610 bzw. 1611-
1634.

113
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften