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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0140
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Einleitung

Beschluss des Landtags vom 24. April84. Ein Jahr später wiederholte die Nationsuniverstität ihre Auffor-
derung an Städte und nun auch Dorfschaften. Ausdrücklich wird auf Zwangsmaßnahmen gegen noch
katholische Mitglieder verzichtet. Die nähere Ausgestaltung einer einheitlichen Kirchenordnung wurde an
eine Gelehrtenversammlung delegiert (certi docti viri delegantur), die möglichst bald zusammentreten solle.
Doch musste der Aufruf, der durch Reformen im Schulbereich85 ergänzt wurde, noch auf zwei nachfolgen-
den Versammlungen erneuert werden. Weitere Beschlüsse zur Kirchenzucht folgten, mit einer Erneuerung
der Vorgaben gegen nächtliche Zusammenkünfte 1548 und einem (nicht realisierten) Zinsverbot86.
Eine am 17. Mai 1545 in Mediasch abgehaltene Zusammenkunft der drei führenden Kirchenvertreter
wird als „erste evangelische Synode“ diskutiert, wenn auch in Fortsetzung älterer Versammlungen und
Vereinbarungen der geistlichen Universität. Die sich (trotz unterschiedlicher Diözesanzugehörigkeit) ein-
leitend als unius religionis et corporis membra vorstellenden Geistlichen regeln in dem einzig darüber über-
lieferten Textdokument87 konkret lediglich (abermals) die Umlage der gemeinsamen Lasten; offenbar spä-
tere Hinzufügungen schreiben ihr auch grundlegende konfessionelle Festlegungen zu.
Die spätere Interpolation mag sich auch erklären aus einem „Erstlingsanspruch“ der einzigen bei einer
lutherischen Ausrichtung verbliebenen siebenbürgischen Kirche. Wenige Monate später, am 20. September
1545, versammelten sich 27 ungarische Geistliche im damals noch zu den partes adnexae gehörenden Erdöd
nahe Sathmar zu einer dezidiert lutherischen Synode; Eine spätere sächsische Kirchengeschichtsschreibung
nahm auch diese (und zwei Folgesynoden) des Sathmarer Gebietes in ihre Tradition auf88.
Aus dem nördlichen Teil des Sachsenlandes, aus den zur (seit 1542 vakanten) Diözese Weißenburg
gehörigen Pfarreien, liegen nur spärliche Nachrichten vor. Ein als „reformatorischer Bildersturm“ angese-
hener Einzug von Kirchengerät in Bistritz 1542 war offenbar kriegsbedingt. 1544 rechtfertigte der Heiden-
dorfer Pfarrer Adam Pomarius seine Heirat89. Die Beschlüsse der Nationsuniversität zur Einheitlichkeit der
Zeremonien zumindestens auf Sachsenboden spiegeln sich in einer notariellen Erklärung wieder, die von den
Geistlichen der auf Sachsenboden, im Bistritzer Distrikt, gelegenen Pfarreien abgegeben wurde. Die (ein-
heitlich) vorgenommenen Änderungen in kirchlichen Zeremonien rechtfertigten sie als Abstellung von Miß-
bräuchen und Irrtümern und räumten einen Konzilsvorbehalt ein90. Adressat der Rechtfertigung war
bezeichnenderweise nicht der (reformationsfeindliche) Bischofsvikar Franz von Meschen, sondern das
Domkapitel. Der vortragende Pfarrer von Treppen gehörte ihm selbst an; zudem war er als Archidiakon
von Ugocsa Vorsteher der parallel bestehenden diözesanen Verwaltungseinheit. Ein Bistritzer Vertreter91
nahm auch im folgenden Monat an der Beratung der Kirchenordnung teil.

84 Abdruck EOE I, S. 217-221 Nr. 3/2, Auszug (mit Datie-
rung 1544), Teutsch, UB I S. 83 Nr. 14.
85 Auftrag der Nationsuniversität, eine Kommission soll
eine Schulordnung ausarbeiten; in Religionssachen wer-
den alle gelehrten Geistlichen eingeladen, ein Votum in
Hermannstadt abzugeben. NatA Hermannstadt, Proto-
kolle der sächs. Nationsuniversität (Inv. 14), Nr. 206
(alt Bd. 4), fol. 14 und 15v. Abdruck Teutsch, UB I,
S. 5 Nr. 5; Teilabdruck Teutsch, Schulordnungen I,
S. 13 Nr. 3; vgl. Fabritius, Kisder Kapitel, S. 220
Nr. 290; Csallner, Quellenbuch, S. 63 Nr. 39/3.
86 Verbot, Geld gegen Zinsen auszuleihen, da dieses gegen
die Gebote Gottes ist; NatA Hermannstadt, Protokolle
der sächsischen Nationsuniversität. [Universitatea
Săsească registre] (Inv. 14), Nr. 206 (alt Bd. 4), fol. 11
und 12; Abdruck Teutsch, Geschichte I, S. 253,
Anm. 1; vgl. Sigerus, Chronik Hermannstadt, S. 16.
87 NatA Hermannstadt, Urkundensammlung [colecţia de
documente medievale] Serie V (Inv. 27), Nr. 127.

Abdruck Benkö, Milkovia II, S. 525-527; Teutsch,
UB II, S. lf.; Reinerth, Vorgeschichte, S. 69f. Über-
setzung Csallner, Quellenbuch, S. 61 Nr. 38a; vgl.
Fabritius, Kisder Kapitel, S. 216f. Nr. 284
88 So finden sich die Synodalartikel von Erdöd auch in spä-
teren sächsischen Sammlungen von Synodalbeschlüssen,
auch in Zusammenstellungen des 18. Jahrhunderts wie
AHG Kronstadt, IV F 1 Tq 161 I/5 und ebd., Tf 74,
p. 2-4 (Codex Colbius).
89 Abdruck Wittstock, Nösnergau, S. 55-57 Anhang
Nr. 3.; vgl. Urkunden-Regesten Bistritz I, Nr. 1714.
90 Abdruck Wittstock, Nösnergau, S. 57-59 Anhang
Nr. 4; Szeredai, Notitia, S. 167-169. Zur inhaltlichen
Bewertung Teutsch, Geschichte I, S. 244; Reinerth,
Gründung, S. 138f.
91 Der Name ist nicht überliefert; Reinerth, Gründung,
S. 174, auch Anm. 11 macht den 1548 zum Stadtpfarrer
gewählten Albert Kirschner (Cerasinus) wahrscheinlich.

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