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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0143
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Einleitung

4a/b. Kirchenordnung.
Lateinische Fassung (Reformatio ecclesiarum Saxonicarum in Transylvania) 1547 (Text S. 206)
Deutsche Fassung (Kirchen ordnung aller Deutschen im Sybembürgen) 1547 (Text S. 226)
Das zentrale kirchenordnende Dokument für die gesamte später lutherische deutschsprachige Kirche in
Siebenbürgen erschien 1547 in lateinischer und deutscher Fassung in der Druckerei von Johannes Honterus
in Kronstadt102. Die Nationsuniversität hat den Druck mit einer größeren Geldzahlung gefördert und
erklärt den Text 1550 als verbindlich für die Geistlichen im Bereich des sächsischen Rechtsgebietes. Zuge-
schrieben wird der Text - zumindestens in seiner lateinischen Fassung - einem Ausschuss von „gelehrten
Männern103, deren Zusammenkunft in Hermannstadt für den 20. März 1547 belegt ist.
Erste Abdrucke der lateinischen Fassung erfolgten 1857 und 1862 durch Georg Daniel Teutsch, damals
Gymnasiallehrer in Schäßburg, nach einem in der dortigen Gymnasialbibliothek verwahrten Exem-
plar104. Der spätere Editor Netoliczka bemerkte, dass dieses Schäßburger Exemplar im letzten Druckbo-
gen105 an mehreren Stellen von allen anderen bekannten Drucken abweicht, und sieht das Schäßburger
Exemplar aus inhaltlichen Erwägungen als die frühere Auflage an106. Papieruntersuchungen von Gebhard
Blücher legen diese Abfolge ebenfalls nahe107.
Die deutsche Fassung folgt der zweiten lateinischen Auflage. Die Übersetzung ist nicht immer wort-
getreu. Vielmehr bemüht sie sich, „der sprachlichen Fassung einen volkstümlichen Einschlag zu geben und
auf diese Weise ihre Verbreitung in allen Kreisen des Volkes zu erleichtern“. Es scheint „ein erfahrerer
Pädagoge die Feder“ geführt zu haben, „der bemüht war, durch Umschreibungen oder neu hinzugefügte
Nebensätze oder sonstige Freiheiten der Übersetzung dem weniger geschulten Leser das Verständnis zu
erleichtern“. Als Verfasser des deutschen Textes wird Honterus angenommen108.
Der Titel der lateinischen Fassung Reformatio ecclesiarum Saxonicarum in Transylvania verweist auf die
vier Jahre zuvor ebenfalls bei Honterus erschienene Reformatio ecclesiae Coronensis ac totius Barcensis pro-
vincae. Beginnend beim Eingangsgruß und den ersten Sätzen der Vorrede, findet sich eine Anzahl von
wörtlichen Übernahmen, mitunter auch mit kleineren Hinzufügungen und Abänderungen. Der Textaufbau
ist hingegen deutlich abweichend. Die eingehendere Untergliederung in durchgezählte tituli und Absätze
bietet eine wesentliche Erleichterung der Zitierung.
Angesichts der intensiven Heranziehung des „Reformationsbüchleins“ sind die von der Kommission
vorgenommenen Hinzufügungen und Änderungen im Aufbau von besonderem Interesse. Zur Veranschau-
lichung dient die folgende Übersicht109:

102 Beschreibung der Drucke ASD, Nr. 34 und 35; RMNy,
Nr. 68 und 69, RMK II, Nr. 39 und 38.
103 Statt des persönlich eingeladenen Johannes Honterus
vertraten der Brenndorfer Pfarrer Matthias Glatz und
der Ratsherr (und spätere Stadtpfarrer) Valentin Wag-
ner das Burzenland. Als weitere Teilnehmer gelten die
Stadtpfarrer Kaspar Helth aus Klausenburg, der kurz
zuvor (am 9. März) zum Hermannstädter Stadtpfarrer
gewählte Bartholomäus Altenberger aus Mediasch,
Lukas Roth aus Schäßburg, der Keisder Pfarrer Ägidius
und als Bistritzer Vertreter wohl der Prediger und spä-
tere Stadtpfarrer Albert Kirschner; Reinerth, Grün-
dung, S. 174; Teutsch, Geschichte I, S. 244f„ mit Ein-
räumung „wahrscheinlich auch noch andere“.
104 Teutsch, Rechtsquellen I, S. 24U263; Teutsch, UB
I, S. 6-36

105 Abgesehen von einer stilistischen Korrektur im ersten
Bogen, auf folio A 2 v. Insgesamt dazu Netoliczka,
Schriften, S. XIX-XXI.
106 Unter anderem wird eine Zahlenverschreibung bei Kapi-
tel XVI korrigiert.
107 Blücher, Drucke, S. 76-78. insbes. Tabelle 4 auf S. 77,
im Vergleich des Schäßburger Exemplars mit fünf
Exemplaren der anderen Auflage. Dort war, soweit
festellbar, Bogen G, teilweise auch Bogen A auf später
geschöpftem Papier gedruckt.
108 Zitate aus Wittstock, Honterus, S. 313, mit verglei-
chenden Gegenüberstellungen und Zuschreibung ebd.,
S. 312.
109 Die Kapitel in Reformationsbüchlein und Apologie wur-
den hierzu durchgezählt. Vgl. auch die Tabelle der Vor-
lagen des Reformationsbüchleins oben S. 119f.

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