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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Armgart, Martin [Oth.]; Meese, Karin [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0151
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Einleitung

gemeinsame Artikel. Die jeweiligen Kompetenzen in einer Anzahl von Bereichen wurden abgegrenzt, von
Ehesachen bis Baupflichten, von der allgemeinen Unterordnung der Pfarrer unter gemeindliche Verbote,
dem Umfang geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit bis zu Visitations- und Besoldungsregelungen.
Von den insgesamt zwölf Artikeln sind etliche Überlieferungen mit einer Anzahl von Varianten vorhan-
den, insbesondere bei den einzelnen kirchlichen Kapiteln. In einem Kopialbuch fehlen zwei Artikel, zwei
andere stehen in vertauschter Reihenfolge147. Neben der unter dem Datum 1. Dezember 1559 zahlreich
überlieferten deutschen Fassung besteht eine um ein umfangreiches Vorwort erweiterte, weitgehend inhalts-
gleiche lateinische Fassung mit der Jahresangabe 1560148. Offenbar liegen hier auf den jeweiligen Versamm-
lungen verabschiedete Fassungen der Nationsuniversität und der geistlichen Synode vor, wobei die deut-
sche Fassung der weltlichen oberkeit Teutscher nation149 zuzuordnen sein dürfte. Schließlich liegt ein weiterer,
davon unabhängiger, eng an die deutsche Fassung angelehnter lateinischer Text vor150.
Inhaltlich erfuhren diese gemeinsamen zwölf Artikel recht bald eine eingehende Revision. Der auf dem
Katharinalkonflux 1563 von der Nationsuniversität verabschiedete gemeinsame Text ist allerdings nur in
einer Überlieferung erhalten. Drei Artikel fehlen (Vorkaufrecht der Gemeinde bei der Zehntpacht, Abset-
zung von Schulmeistern, Visitation), drei weitere wurden umformuliert151, ein weiterer durch Weglassung
zugunsten der Geistlichkeit abgeändert152. Fünf die Kirchenzucht betreffende neue Artikel kamen hinzu,
darunter zwei Artikel zur vorehelichen Disziplinierung153. Insgesamt ergibt sich nachfolgende Konkordanz:

1559/60 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
1561/63 1. 2. 3. - 4. 5. 6.* 7.* 8.* 9. 10.-14.
1579 1. 2. 3. 4. 5.* 6.* 7. 8. 9. 10.

* Artikel umformuliert.
14. Anweisungen des Bistritzer Dechanten über Pflichten im Pfarramt sowie Erziehung der Jugend in
christlicher Lehre 17. Juni 1560 (Text S. 272)
Einer der wenigen speziell das nördliche Sachsenland betreffenden Texte sind Ermahnungen für den geist-
lichen und den Schulbereich, die unmittelbar nach Vereinigung des Bistritzer und des Kiralyer Kapitels
durch den ersten gemeinsamen Dechanten Christian Pomarius in der Form eines Rundschreibens ergingen.
Mit Pomarius, zuvor Dechant des kleineren Kiralyer Kapitels, stand eine weit über den lokalen Rah-
men herausgehobene humanistische Persönlichkeit an der Spitze des nunmehr größten kirchlichen Kapitels.
Zeitgenossen sahen ihn als berufensten Fortsetzer des Honterus. Als Koordinator und „Verbindungsmann

147 NatA Hermannstadt, Sammlung Brukenthal M 1-5,
unten als Überlieferung G.
148 Die beiden Texte wurden unverbunden an ihrem jewei-
ligen chronologischen Platz gedruckt bei Teutsch, UB
II, S. 23-25 Nr. 5 und S. 33-35 Nr. 7. Sein Sohn Fried-
rich erklärt bereits, er halte den Text von 1560 „für die
lat. Ausfertigung der ersten, nicht für eine zweite Über-
einkunft“; Teutsch, Geschichte I, S. 302 Anm. 2.
149 Zitat aus der etwas abweichenden Formulierung der
Überschrift der deutschen Fassung. Der Termin 1.
Dezember liegt dem üblichen Versammlungstermin der
Nationsuniversität am Katharinentag (25. November)
sehr nahe.
150 Der auch das Datum 1559 nennende lateinische Text ist
gemeinsam mit dem deutschen Text im Kapitelsbuch des

Bistritzer Kapitels überliefert; siehe unten S. 269 als
Überlieferungsvariante der lateinischen Fassung.
151 Artikel 6, 7, 8 (zuvor 9, 10, 11) wurden neu formuliert,
ohne größere inhaltliche Änderungen vorzunehmen. Bei
dem Weinschankrecht der Pfarrer wurde die konkrete
Übernahme der Burzenländer Regelung ersetzt durch die
allgemeine Formulierung „soll eine schöne ordnung gehal-
ten werden“.
152 Artikel 4 (zuvor 5): Die Bestrafung von Verächtern der
Kirchenzeremonien obliegt nicht mehr Pfarrer und welt-
licher Obrigkeit gemeinsam, sondern allein dem Pfarrer,
mit Hinzufügung „nach verdienst“.
153 Als 12. Artikel das Verbot gemeinsamen Wohnens vor
der Hochzeit, als 13. Artikel Sonderregelungen bei vor-
ehelicher Schwangerschaft.

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