Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0164
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einleitung

34. Bekenntnisformel der Mediascher Synode (formula pii consensus) 22. Juni 1572 (Text S. 331)
Bald nach der Wahlsynode, wohl am 22. Juni222, kam die geistliche Universität abermals in Mediasch
zusammen. Im Mittelpunkt standen Diskussion und Annahme eines inzwischen erarbeiteten umfangreichen
Bekenntnistextes von 28 Artikeln. Die Verfasserschaft bzw. die Leitung der den Text ausarbeitenenden
Arbeitsgruppe wird Lukas Unglerus zugeschrieben. Die vom Landesherrn bestätigte formula galt künftig,
bis ins 18. Jahrhundert, als Bekenntnistext der sächsischen Kirche.
Trotz dieser großen Bedeutung und Wirkung223 blieb der Text ungedruckt und ist auch vergleichsweise
spärlich überliefert. Lediglich im 1582 angelegten Scholtener Kapitelsbuch liegt eine zeitnahe Abschrift vor.
Davon in vielen Einzelheiten abweichend ist der aus drei Überlieferungen einen Idealtext (re-)konstruie-
rende Abdruck von Teutsch224. Neben den von Teutsch einbezogenen zwei weiteren, wesentlich späteren
Abschriften lassen sich weitere spätere Überlieferungen ergänzen. Eine offizielle Textfassung des frühen 18.
Jahrhunderts besitzt die Sammlung Johann Georg Schaser225, mit den Unterschriften von über 30 Geistli-
chen. Ihre Amtszeiten passen zur Synode von 1726, auf der eine förmliche Bestätigung des Bekenntnistextes
erfolgte226. Nicht erhalten hat sich eine deutsche Fassung (scriptum illud Germanicum), die 1574 der Nati-
onsuniversität vorgelegt wurde227. Ebenfalls verloren haben sich die Namen der Synodalteilnehmer; auf
deren Unterschriften wird am Ende der Praefatio verwiesen.
Unter den 27 Artikeln der Bekenntnisschrift befinden sich eine Anzahl kirchenordnender Regelungen,
bis hin zu Disziplinarfragen (22. De vita et moribus ministrorum ecclesiae) und der Visitation (24. De visi-
tatione ecclesiarum). Gänzlich neu sind hier Regelungen über Begräbnisse (25. De sepulturis) und Feiertage
(26. De dierum festorum observatione). Der Kompromiss im kurz zuvor eskalierten Streit um einheitliche
Kirchenzeremonien findet sich wieder in 22. De adiaphoris ritibus et caerimoniis, mit ergänzenden Ausfüh-
rungen der Synode von 1573. Der Abschlußartikel über die Schulen zeigt abermals die hier besonders enge
Verknüpfung von schulischem und kirchlichem Bereich.
Diese auf das Einbringen siebenbürgisch-sächsischer Eigentümlichkeiten bedachten Regelungen orien-
tieren sich an der Kirchenordnung von 1547; mitunter greifen sie auch unmittelbar zurück auf das Refor-
mationsbüchlein von 1543. Der Nachweis, dass „Lehre und Kirchenbrauch auf dem Boden“ der Augustana
stehen, orientiert sich naheliegenderweise an diesem Text, so augenfällig in der Zitierung zahlreicher spät-
antiker Häresien. Doch blieben, „offenbar weil sie keine zeitgenössischen Probleme mehr berühren, eine
Reihe von Artikeln der Augustana unberücksichtigt“228. Ebenso, bis hin zu wörtlichen Übernahmen, diente

222 Dieses Datum haben einheitlich die Abschriften der For-
mula. Der Bericht des Burzenländer Delegierten nennt
hingegen den 23. Juni, profestum Iohannis Baptistae als
Ankunftstag, den 24. Juni als ersten Versammlungstag;
vgl. S. 331 Anm. 2.
223 Zu Inhalt und Bewertung der Schrift eingehender
Schullerus, Augustana, S. 285-293, Reinerth,
Gründung, S. 317-321 sowie Einleitung zu Barton /
Makkai, Bekenntnisschriften, S. 281-286 (von Pál I.
Fónyad).
224 Gemäß den Editionsregeln der Reihe folgt der Abdruck
der ältesten Überlieferung im Scholtener Kapitelsbuch.
Die Abweichungen gegenüber dem Abdruck bei Teutsch
sind hier besonders zahlreich, obgleich auch Teutsch die-
ses Kapitelsbuch als erste Vorlage benennt. Aufgrund
der großen Zahl mußte auf die Identifizierung der mehr
als hundert Bibelstellen verzichtet werden, die im Schol-
tener Kapitelsbuch am Rand vermerkt sind. Sie dürften
von der ausarbeitenden „Arbeitsgruppe“ herrühren und

verdeutlichen die breite biblische Fundierung des
Bekenntnisses.
225 Ein 81 Blatt starker Oktavband mit Vermerk „Schaser-
sche Sammlung Nr. 51“, nun NatA Hermannstadt,
Sammlung Brukenthal (Inv. Nr. 96) H 2 Nr. 207. Zu
Johann Georg Schaser, Hauslehrer beim Neffen des
Sammlers, Verfasser einer Brukenthal-Biographie und
einer Geschichte des Hermannstädter Kapitels vgl.
Trausch, Schriftsteller-Lexikon III, S. 164f.
226 Teutsch, Geschichte II, S. 94-96; als Teil des „Kamp-
fes mit dem Pietismus“ lehnte die Synode Änderungen
an kirchlichen Zeremonien ab und bestätigte die „For-
mula“ als verbindliche Bekenntnisschrift.
227 Nach dem Synodalbericht 1574, IV. Sessio; Abdruck
Teutsch, UB II, S. 202 Anm. 1. Vgl. auch Teutsch,
Geschichte I, S. 297.
228 Schullerus, Augustana, S. 286; in Anm. 3 genauere
Aufzählungen.

146
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften