Einleitung
54. Landesherrlich bestätigte Statuten der Kapitel Tekendorf und Großschogen 5. November 1578 (Text
S. 429)
Die 20 Artikel umfassenden Statuten der beiden nordsiebenbürgischen Kapitel Tekendorf und Großscho-
gen287 bilden in verschiedener Hinsicht Sonderfälle. Die beiden Kapitel hatten sich erst nach der Refor-
mation, kurz vor der Abfassung der Statuten288 gebildet. Die in ihnen zusammengeschlossenen 13 bzw. 17
überwiegend deutschsprachigen Gemeinden289 lagen als Sekundärsiedlungen auf Adelsboden, außerhalb des
sächsischen Rechtsgebietes. Bis 1850 waren sie dem ungarischen Superintendenten unterstellt290. Der säch-
sische Superintendent war lediglich in Glaubensangelegenheiten zuständig; erstmals 1767 konnte er eine
Visitation vornehmen. Ebenso waren die beiden Kapitel nicht auf den sächsischen Synoden vertreten291.
Inhaltlich anderen Kapitelstatuten entsprechend, wurden sie nicht von den Kapiteln (aufgrund eigenen
Statutarrechtes), sondern von dem ungarischen Superintendenten Dionysius Alesius ausgestellt. Der selbst
wittenbergisch orientierte Alesius starb Anfang Mai 1577; seine Nachfolger waren reformiert. Dieses gab
offenbar den Anstoß, eine zusätzliche Absicherung zu erwirken. Als einzige Kapitelstatuten wurden sie
regelmäßig durch den Landesherrn bestätigt, erstmals am 5. November 1578 durch den Woiwoden Chri-
stoph Báthory. Der Text der Statuten, literas reverendi olim Dionysii Alesii, wurde dabei vollständig inse-
riert. Die (nicht erhaltene) Bestätigung durch Christophs Sohn Sigismund bildete die Vorlage der Bestä-
tigung durch Fürst Gabriel Bethlen 1615. Die nächstfolgende Bestätigung nahm 1638 Fürst Georg Rákóczi
vor, wobei er eine den Pfarrern gewährte Vergünstigung als zusätzlichen Artikel einfügen ließ292. Die groß-
formatigen pergamentenen Ausfertigungen aller drei Fürstenurkunden haben sich erhalten; sie sind aller-
dings in den ungeordneten Bestand des Nachbarkapitels Sächsisch-Reen geraten293.
Für dieses ebenfalls Pfarreien auf Adelsboden umfassende Nachbarkapitel294 liegen undatierte, etwa
gleichzeitige Kapitelstatuten vor. Aussteller ist hier der 1600 verstorbene sächsische Superintendent Lukas
Unglerus. Die ausführliche Einleitung und die Mehrzahl der insgesamt 17 Artikel stimmen mit den Teken-
dorfern Statuten überein. Da sich die Amtszeiten der beiden Superintendenten Alesius und Unglerus für
fünf Jahre überschneiden, könnten auch die Reener Statuten die älteren gewesen sein. Ein kleines Indiz
287 Zu Inhalt und Bewertung der Statuten Teutsch,
Geschichte I, S. 325-327.
288 So wurde noch 1565 der Tekendorfer Pfarrer Laurentius
Klein durch den Bistritzer Dechanten Adam Pomarius
eingesetzt und neben der KO von 1547 auf die Gebräu-
che des Bistritzer Kapitels besonders verpflichtet (in
omnibus ad Reformationem Ecclesiarum Saxonicalium,
praesertim autem capituli Bistriciensis (...) conformari);
1571 rechtfertigt sich das Kapitel wegen Kleins Abset-
zung; Schuller, Pomarius, S. 242f. Anhang I bzw.
S. 237; Schiessleder, Tekendorf, S. 214f.
289 Zu den Orten und ihrer späteren Entwicklung eingehend
Müller, Landkapitel, S. 64-69; Kartenskizzen und
Ortslisten bei Wagner, Siedlungsgeschichte, S. 129-
133 und Schiessleder, Tekendorf, S. 213f.
290 Teutsch, Geschichte I, S. 324 und 364 sowie 2, S. 173
(Visitation im 18. Jh.) und 364f; Müller, Sekundäre
Siedlungen, S. 206-208; Wagner, Siedlungsgeschichte,
S. 131; Wagner, Pfarrer, S. 11.
291 Teutsch, Geschichte II, S. 173 (Visitation) bzw. S. 120
und 139.
292 Ex pietate nostra räumte der Fürst den Pfarrern ein, die
ihnen zustehende Zehntquarte als erstes einzuholen;
dazu auch Teutsch, Geschichte I, S. 326f (Aufnahme
in die landesherrlich bestätigten Statuten als Ersatz
eines separaten Privilegs).
293 NatA Hermannstadt, Kapitel Sächsisch-Reen [Reghin]
(Inv. 294), in Nr. 973. Hinter der im Findbuch pauschal
als Dokumente 1224-1875 verzeichneten Signatur ver-
birgt sich ein Archivkarton mit nicht näher erschlosse-
nen losen Abschriften und Originalen des 16. bis 19.
Jahrhunderts, darunter den Originalen der drei Fürsten-
urkunden. Teutsch, UB I, S. 224f. Nr. 121 kennt diese
offenbar nicht und folgt der Abschrift im Tekendorfer
Kapitelsbuch (Matricula continens articulos et privilegia
capituli Tekensis). Sein Sohn erwähnt hingegen „die Ori-
ginalien im Tekendorfer Kapitelsarchiv, jetzt im Bruk-
enthalischen Museum“; Teutsch, Geschichte I, S. 326
Anm. 1.
294 Der Kapitelvorort (Sächsisch-)Reen, ein Marktort im
Thorenburger Komitat, zählt zwar zu den ältesten deut-
schen Siedlung im nördlichen Siebenbürgen, gehörte aber
seit dem 13. Jh. nicht (mehr) zum sächsischen Rechts-
gebiet. Die Bewohner genossen ähnliche Freiheiten,
erreichten ab 1460 den Gerichtszug nach Bistritz und
Hermannstadt sowie die Umwandlung der grundherrli-
chen Abgaben in Geldtaxe. Das seit dem 14. Jahrhun-
dert belegte Reener Kapitel umfasste ursprünglich elf
deutschsprachige Pfarreien im Thorenburger und Klau-
senburger Komitat.
159
54. Landesherrlich bestätigte Statuten der Kapitel Tekendorf und Großschogen 5. November 1578 (Text
S. 429)
Die 20 Artikel umfassenden Statuten der beiden nordsiebenbürgischen Kapitel Tekendorf und Großscho-
gen287 bilden in verschiedener Hinsicht Sonderfälle. Die beiden Kapitel hatten sich erst nach der Refor-
mation, kurz vor der Abfassung der Statuten288 gebildet. Die in ihnen zusammengeschlossenen 13 bzw. 17
überwiegend deutschsprachigen Gemeinden289 lagen als Sekundärsiedlungen auf Adelsboden, außerhalb des
sächsischen Rechtsgebietes. Bis 1850 waren sie dem ungarischen Superintendenten unterstellt290. Der säch-
sische Superintendent war lediglich in Glaubensangelegenheiten zuständig; erstmals 1767 konnte er eine
Visitation vornehmen. Ebenso waren die beiden Kapitel nicht auf den sächsischen Synoden vertreten291.
Inhaltlich anderen Kapitelstatuten entsprechend, wurden sie nicht von den Kapiteln (aufgrund eigenen
Statutarrechtes), sondern von dem ungarischen Superintendenten Dionysius Alesius ausgestellt. Der selbst
wittenbergisch orientierte Alesius starb Anfang Mai 1577; seine Nachfolger waren reformiert. Dieses gab
offenbar den Anstoß, eine zusätzliche Absicherung zu erwirken. Als einzige Kapitelstatuten wurden sie
regelmäßig durch den Landesherrn bestätigt, erstmals am 5. November 1578 durch den Woiwoden Chri-
stoph Báthory. Der Text der Statuten, literas reverendi olim Dionysii Alesii, wurde dabei vollständig inse-
riert. Die (nicht erhaltene) Bestätigung durch Christophs Sohn Sigismund bildete die Vorlage der Bestä-
tigung durch Fürst Gabriel Bethlen 1615. Die nächstfolgende Bestätigung nahm 1638 Fürst Georg Rákóczi
vor, wobei er eine den Pfarrern gewährte Vergünstigung als zusätzlichen Artikel einfügen ließ292. Die groß-
formatigen pergamentenen Ausfertigungen aller drei Fürstenurkunden haben sich erhalten; sie sind aller-
dings in den ungeordneten Bestand des Nachbarkapitels Sächsisch-Reen geraten293.
Für dieses ebenfalls Pfarreien auf Adelsboden umfassende Nachbarkapitel294 liegen undatierte, etwa
gleichzeitige Kapitelstatuten vor. Aussteller ist hier der 1600 verstorbene sächsische Superintendent Lukas
Unglerus. Die ausführliche Einleitung und die Mehrzahl der insgesamt 17 Artikel stimmen mit den Teken-
dorfern Statuten überein. Da sich die Amtszeiten der beiden Superintendenten Alesius und Unglerus für
fünf Jahre überschneiden, könnten auch die Reener Statuten die älteren gewesen sein. Ein kleines Indiz
287 Zu Inhalt und Bewertung der Statuten Teutsch,
Geschichte I, S. 325-327.
288 So wurde noch 1565 der Tekendorfer Pfarrer Laurentius
Klein durch den Bistritzer Dechanten Adam Pomarius
eingesetzt und neben der KO von 1547 auf die Gebräu-
che des Bistritzer Kapitels besonders verpflichtet (in
omnibus ad Reformationem Ecclesiarum Saxonicalium,
praesertim autem capituli Bistriciensis (...) conformari);
1571 rechtfertigt sich das Kapitel wegen Kleins Abset-
zung; Schuller, Pomarius, S. 242f. Anhang I bzw.
S. 237; Schiessleder, Tekendorf, S. 214f.
289 Zu den Orten und ihrer späteren Entwicklung eingehend
Müller, Landkapitel, S. 64-69; Kartenskizzen und
Ortslisten bei Wagner, Siedlungsgeschichte, S. 129-
133 und Schiessleder, Tekendorf, S. 213f.
290 Teutsch, Geschichte I, S. 324 und 364 sowie 2, S. 173
(Visitation im 18. Jh.) und 364f; Müller, Sekundäre
Siedlungen, S. 206-208; Wagner, Siedlungsgeschichte,
S. 131; Wagner, Pfarrer, S. 11.
291 Teutsch, Geschichte II, S. 173 (Visitation) bzw. S. 120
und 139.
292 Ex pietate nostra räumte der Fürst den Pfarrern ein, die
ihnen zustehende Zehntquarte als erstes einzuholen;
dazu auch Teutsch, Geschichte I, S. 326f (Aufnahme
in die landesherrlich bestätigten Statuten als Ersatz
eines separaten Privilegs).
293 NatA Hermannstadt, Kapitel Sächsisch-Reen [Reghin]
(Inv. 294), in Nr. 973. Hinter der im Findbuch pauschal
als Dokumente 1224-1875 verzeichneten Signatur ver-
birgt sich ein Archivkarton mit nicht näher erschlosse-
nen losen Abschriften und Originalen des 16. bis 19.
Jahrhunderts, darunter den Originalen der drei Fürsten-
urkunden. Teutsch, UB I, S. 224f. Nr. 121 kennt diese
offenbar nicht und folgt der Abschrift im Tekendorfer
Kapitelsbuch (Matricula continens articulos et privilegia
capituli Tekensis). Sein Sohn erwähnt hingegen „die Ori-
ginalien im Tekendorfer Kapitelsarchiv, jetzt im Bruk-
enthalischen Museum“; Teutsch, Geschichte I, S. 326
Anm. 1.
294 Der Kapitelvorort (Sächsisch-)Reen, ein Marktort im
Thorenburger Komitat, zählt zwar zu den ältesten deut-
schen Siedlung im nördlichen Siebenbürgen, gehörte aber
seit dem 13. Jh. nicht (mehr) zum sächsischen Rechts-
gebiet. Die Bewohner genossen ähnliche Freiheiten,
erreichten ab 1460 den Gerichtszug nach Bistritz und
Hermannstadt sowie die Umwandlung der grundherrli-
chen Abgaben in Geldtaxe. Das seit dem 14. Jahrhun-
dert belegte Reener Kapitel umfasste ursprünglich elf
deutschsprachige Pfarreien im Thorenburger und Klau-
senburger Komitat.
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