Einleitung
1607 und 1608 bestätigt, die Disziplinarartikel von 1574 im Jahre 1605, die Bekenntnisartikel von 1578
durch die Synode von 1606. Bei den 1577 verabschiedeten gemeinsamen Artikeln der Generalkirchenvisi-
tation versuchte die weltliche Seite Textmanipulationen.
Schiffbaumer starb 1611, als landesherrliche Übergriffe gegen die Sachsen ihren Höhepunkt fanden und
auch Birthälm von Söldnern des Fürsten besetzt war. Nach mehreren kurzen Amtszeiten gelangte 1608 die
Fürstenwürde an Gabriel Báthory343, einen Angehörigen der alten Fürstenfamilie. Stets in Geldnöten und
gestützt auf ein Söldnerheer, wuchs seine Missachtung politsch-juristischer Regeln zu einer im kollektiven
Gedächtnis insbesondere der hochbedraengten Teutsch oder Sachsisch nation tief verwurzelten greulichen
Tyrannei344. Herrmannstadt wurde überrumpelt und gedemütigt, als der Fürst im Dezember 1610 Einlass in
die Stadt erhielt und Soldaten für einen Feldzug gegen die Walachei einquartierte. In den folgenden Mona-
ten inhaftierte Báthory unter dem Vorwurf des Hochverrats die städtische Führung, konfiszierte das städ-
tische Vermögen und vertrieb schließlich den größten Teil der Bürgerschaft345. Als Báthory 1613 abgesetzt
und bald darauf ermordet wurde, erneuerte die traumatisierte Nationsuniversität förmlich ihre Union. In
den Unionseid wurde die Verpflichtung aufgenommen, bey unserer rechten Augspurgischen Confession zu
verbleiben, welche in heyliger apostolischer und prophetischer schrifft gegründet ist, rechten undt christlichen
glauben346.
Im Pfarramt folgte 1611 der bisherige Stadtpfarrer von Bistritz, Johann Budacker. Seine guten persön-
lichen Kontakte zum Fürsten verhinderten verschiedene Exzesse gegen Geistliche, so die Konfiszierung von
drei Zehntquarten der sächsischen Pfarreien. Als Budacker Anfang 1613 starb347, wählte die Birthälmer
Gemeinde den Generaldechanten Zacharias Weyrauch (Thurinus)348, der nach mehreren Stationen in Mit-
telsiebenbürgen die Pfarrei des Marktorts Meschen innehatte349. Die nach 21/2 jähriger Vakanz im Februar
1614 zusammentretende Wahlsynode wählte den vicarius superintendens Weyrauch auch zum Superinten-
denten. Der bereits betagte Weyrauch entstammte einer führenden Familie Mittelsiebenbürgens. Sein Vater
Bartholomäus war erster evangelischer Stadtpfarrer von Reps und mehrfach Dechant des Kosder Kapi-
tels350, sein Bruder David Königsrichter des Repser Stuhls. Báthory ernannte David 1611 anstelle des
Hermannstädter Königsrichters zum comes Saxonum. Auch Weyrauchs Schwager, der Schäßburger Stadt-
pfarrer Simon Paulinus351, war 1614 (und 1627) Kandidat für das Superintendenten-Amt.
Die Gegensätze zwischen dem sich eher mit den ungarischen Nachbarn arrangierenden Mittelsieben-
bürgen und dem nach den zurückliegenden Erfahrungen noch stärker auf Abgrenzung und Rechts- und
Besitzwahrung bedachten Hermannstadt bestimmten auch die erste von Weyrauch einberufene Synode im
Mai 1615. Der Hermannstädter Stadtpfarrer Petrus Besodner, dritter Kandidat bei der Wahl 1614,
beschuldigte Paulinus des Kryptocalvinismus und erzwang von ihm und weiteren mittelsiebenbürgischen
343 Allgemein Peters, Fürstentum, S. 302-311, zu den
Sachsen Teutsch, Bathori, S. 705-736 und 329-366.
344 Zitat aus der Überschrift der Supplik Clag der hochbe-
draengten Teutsch oder Sachsisch nation in Siebenbürgen
über die an ihnen geübte greuliche Tyrannei des Gabriel
Bathory, 1611, Abdruck Teutsch, Bathori, S. 351-360;
zum extremen Negativbild des Fürsten vgl. Szegedi,
Geschichtsschreibung, S. 282-284; Szegedi, Tyrann,
S. 1-9.
345 Einzelheiten bei Roth, Hermannstadt, S. 92-100.
346 Abdruck Csallner, Quellen, S. 167f.
347 Budacker wird in den meisten Ämterlisten als de facto-
Superintendent aufgeführt, so zuletzt Gündisch, Sie-
benbürger Sachsen, S. 272, Roth, Siebenbürgen, S. 250
und Jakubinyi, Archontologia, S. 129. Biographische
Daten bei Wagner, Pfarrer, Nr. 1456.
348 Zum Superintendenten Teutsch, Geschichte I, S. 409-
414; Jekeli, Bischöfe, S. 45-51.
349 1574 wurde er als Prediger in Reps ordiniert. 1575 erhielt
er seine erste Pfarrstelle in Schweischer, dann 1586 in
Schaas, 1589 im Marktort Keisd, 1600 (fraglich) in Het-
zeldorf. Ab 1607 amtierte er in Meschen; Wagner,
Pfarrer, Nr. 880. Geboren wurde er wohl 1551 in Kron-
stadt; Jekeli, Bischöfe, S. 45 berichtet, unter Verweis
auf sein Alter habe er zunächst die Annahme der Wahl
verweigert.
350 Der Vater wurde nach einem Studium in Wittenberg
1546 Stadtpfarrer von Reps und starb um 1575; Wag-
ner, Pfarrer, Nr. 879.
351 Paulinus heiratete (kurz nach) 1611 Katharina Wey-
rauch, die Schwester des Superintendenten; Wagner,
Pfarrer, Nr. 603 und 879.
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1607 und 1608 bestätigt, die Disziplinarartikel von 1574 im Jahre 1605, die Bekenntnisartikel von 1578
durch die Synode von 1606. Bei den 1577 verabschiedeten gemeinsamen Artikeln der Generalkirchenvisi-
tation versuchte die weltliche Seite Textmanipulationen.
Schiffbaumer starb 1611, als landesherrliche Übergriffe gegen die Sachsen ihren Höhepunkt fanden und
auch Birthälm von Söldnern des Fürsten besetzt war. Nach mehreren kurzen Amtszeiten gelangte 1608 die
Fürstenwürde an Gabriel Báthory343, einen Angehörigen der alten Fürstenfamilie. Stets in Geldnöten und
gestützt auf ein Söldnerheer, wuchs seine Missachtung politsch-juristischer Regeln zu einer im kollektiven
Gedächtnis insbesondere der hochbedraengten Teutsch oder Sachsisch nation tief verwurzelten greulichen
Tyrannei344. Herrmannstadt wurde überrumpelt und gedemütigt, als der Fürst im Dezember 1610 Einlass in
die Stadt erhielt und Soldaten für einen Feldzug gegen die Walachei einquartierte. In den folgenden Mona-
ten inhaftierte Báthory unter dem Vorwurf des Hochverrats die städtische Führung, konfiszierte das städ-
tische Vermögen und vertrieb schließlich den größten Teil der Bürgerschaft345. Als Báthory 1613 abgesetzt
und bald darauf ermordet wurde, erneuerte die traumatisierte Nationsuniversität förmlich ihre Union. In
den Unionseid wurde die Verpflichtung aufgenommen, bey unserer rechten Augspurgischen Confession zu
verbleiben, welche in heyliger apostolischer und prophetischer schrifft gegründet ist, rechten undt christlichen
glauben346.
Im Pfarramt folgte 1611 der bisherige Stadtpfarrer von Bistritz, Johann Budacker. Seine guten persön-
lichen Kontakte zum Fürsten verhinderten verschiedene Exzesse gegen Geistliche, so die Konfiszierung von
drei Zehntquarten der sächsischen Pfarreien. Als Budacker Anfang 1613 starb347, wählte die Birthälmer
Gemeinde den Generaldechanten Zacharias Weyrauch (Thurinus)348, der nach mehreren Stationen in Mit-
telsiebenbürgen die Pfarrei des Marktorts Meschen innehatte349. Die nach 21/2 jähriger Vakanz im Februar
1614 zusammentretende Wahlsynode wählte den vicarius superintendens Weyrauch auch zum Superinten-
denten. Der bereits betagte Weyrauch entstammte einer führenden Familie Mittelsiebenbürgens. Sein Vater
Bartholomäus war erster evangelischer Stadtpfarrer von Reps und mehrfach Dechant des Kosder Kapi-
tels350, sein Bruder David Königsrichter des Repser Stuhls. Báthory ernannte David 1611 anstelle des
Hermannstädter Königsrichters zum comes Saxonum. Auch Weyrauchs Schwager, der Schäßburger Stadt-
pfarrer Simon Paulinus351, war 1614 (und 1627) Kandidat für das Superintendenten-Amt.
Die Gegensätze zwischen dem sich eher mit den ungarischen Nachbarn arrangierenden Mittelsieben-
bürgen und dem nach den zurückliegenden Erfahrungen noch stärker auf Abgrenzung und Rechts- und
Besitzwahrung bedachten Hermannstadt bestimmten auch die erste von Weyrauch einberufene Synode im
Mai 1615. Der Hermannstädter Stadtpfarrer Petrus Besodner, dritter Kandidat bei der Wahl 1614,
beschuldigte Paulinus des Kryptocalvinismus und erzwang von ihm und weiteren mittelsiebenbürgischen
343 Allgemein Peters, Fürstentum, S. 302-311, zu den
Sachsen Teutsch, Bathori, S. 705-736 und 329-366.
344 Zitat aus der Überschrift der Supplik Clag der hochbe-
draengten Teutsch oder Sachsisch nation in Siebenbürgen
über die an ihnen geübte greuliche Tyrannei des Gabriel
Bathory, 1611, Abdruck Teutsch, Bathori, S. 351-360;
zum extremen Negativbild des Fürsten vgl. Szegedi,
Geschichtsschreibung, S. 282-284; Szegedi, Tyrann,
S. 1-9.
345 Einzelheiten bei Roth, Hermannstadt, S. 92-100.
346 Abdruck Csallner, Quellen, S. 167f.
347 Budacker wird in den meisten Ämterlisten als de facto-
Superintendent aufgeführt, so zuletzt Gündisch, Sie-
benbürger Sachsen, S. 272, Roth, Siebenbürgen, S. 250
und Jakubinyi, Archontologia, S. 129. Biographische
Daten bei Wagner, Pfarrer, Nr. 1456.
348 Zum Superintendenten Teutsch, Geschichte I, S. 409-
414; Jekeli, Bischöfe, S. 45-51.
349 1574 wurde er als Prediger in Reps ordiniert. 1575 erhielt
er seine erste Pfarrstelle in Schweischer, dann 1586 in
Schaas, 1589 im Marktort Keisd, 1600 (fraglich) in Het-
zeldorf. Ab 1607 amtierte er in Meschen; Wagner,
Pfarrer, Nr. 880. Geboren wurde er wohl 1551 in Kron-
stadt; Jekeli, Bischöfe, S. 45 berichtet, unter Verweis
auf sein Alter habe er zunächst die Annahme der Wahl
verweigert.
350 Der Vater wurde nach einem Studium in Wittenberg
1546 Stadtpfarrer von Reps und starb um 1575; Wag-
ner, Pfarrer, Nr. 879.
351 Paulinus heiratete (kurz nach) 1611 Katharina Wey-
rauch, die Schwester des Superintendenten; Wagner,
Pfarrer, Nr. 603 und 879.
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