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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Armgart, Martin [Oth.]; Meese, Karin [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0192
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Einleitung

77. Landesherrliches Mandat zur Generalkirchenvisitation der sächsischen Kirchen 18. Mai 1615 (Text
S. 507)
Das vom neuen Superintendenten erwirkte landesherrliche Mandat unterstützte die 1616 beginnende Gene-
ralkirchenvisitation der sächsischen Pfarreien. Anstoß war zum einen der Landtagsbeschluss von 1614, der
eine ungehinderte Visitation des jeweiligen Superintendenten in den seiner Kirche angehörigen Pfarreien
regelte, zum anderen die konkrete Beratung über eine Visitation der sächsischen Pfarreien auf der Synode
1615 und bei den Verhandlungen der sächsischen Nationsuniversität. Das Mandat ist mehrfach überlie-
fert382.
78. Landesherrliches Publikationsverbot von Synodalartikeln 27. Juni 1615 (Text S. 508)
Einen landesherrlichen Eingriff in die kirchliche Selbstverwaltung von bislang nicht gekanntem Ausmaß
stellt das an den Superintendenten adressierte Mandat dar, mit dem die Publikation verschiedener Artikel
der kurz zuvor abgehaltenen Mediascher Synode verboten wurde. Das Mandat setzt beim Empfänger das
Wissen voraus, welche Artikel als Neuerung und als Verletzung der Rechte Weltlicher angesehen werden.
Als Initiatoren vermutete die ältere Forschung Paulinus und seinen Schwager, den Repser Königsrichter
David Weyrauch. Das Mandat sei folgenlos geblieben, der Superintendent habe die landesherrlichen Beden-
ken rasch ausräumen können383. Szegedi sieht als Initiator den neuen reformierten Fürsten384. Das Mandat
sei Teil seiner Konfessionspolitik. Die bisherige offene, an Melanchthon orientierte Ausrichtung der säch-
sischen Kirche stehe dem Fürsten näher als ein orthodoxes Luthertum. Eine Handhabe bot das Innovati-
onsverbot von 1571 (oben S. 140), das dem Fürsten ein Wächteramt gegen Neuerungen in den approbierten
Konfessionen zuspricht. Weitergeführt und konkretisiert werde dieses im Mandat von 1622. Die sächsischen
Geistlichen sollen sich weiterhin am Corpus Doctrinae Philippicum orientieren, das von der Synode 1580 als
verbindlich erklärt worden war. Das Konkordienbuch und die Schriften Ludwig Hutters seien hingegen
unzulässige Neuerungen gegenüber der Confessio Augustana385. Szegedi sieht das Mandat als Erfolg, da ein
Druck der Artikel nicht nachweisbar ist. Jedoch war ein Druck der Synodalbeschlüsse allgemein nicht
üblich. Vielmehr wurden die Beschlüsse in notarieller Abschrift an die Kapitel gesandt. Da die Synodal-
beschlüsse von 1615 in verschiedenen Überlieferungen in Kapiteln vorliegen, ist ein derartiger Versand
offenkundig erfolgt. Nicht ermitteln lässt sich, ob einzelne Artikel fehlen.
Das wenige Wochen später ausgestellte Mandat der gesamten Nationsuniversität gegen Neuerungen bei
der Pfarrerwahl lässt vermuten, dass die weltliche Gewalt in dieser Angelegenheiten den Fürsten einge-
schalten haben könnte. Das Fehlen eines Artikels zur Pfarrerwahl in den überlieferten Abschriften könnte
auf das landesherrliche Mandat zurückgehen. Der Text des Mandates ist in mehreren Abschriften aus
verschiedenen Kapiteln überliefert386; das Mandat mag zusammen mit den (reduzierten) Artikeln an die

382 Neben dem (Mitte des 17. Jh. entstandenen) Codex
Adamianus, pag. 259 findet sich nach Teutsch, UB I,
S. 273f. Nr. 162 der Text in der Sammlung Sartorius.
Abschriften des 18. Jh. sind NatA Hermannstadt, Mss.
Varia II 81, pag. 347 und AHG Kronstadt, IV F 1 Tq
105, pag. 292f., erstere mit Überschrift: Privilegium sere-
nissimi principis Gabrielis Bethlen impertitum domino
episcopo Zachariae Weyrauch de libertate visitandi eccle-
siarum und weiterer Unterschrift Caspar Bölöny secreta-
rius manu propria.
383 So Teutsch, Geschichte I, S. 411, Jekeli, Bischöfe,
S. 47f.
384 Szegedi, Religionspolitik, S. 37f.

385 Abdruck Teutsch, UB I, S. 283f. Nr. 169. Gabriel
Bethlen verbot am 14. Dezember 1622, Philippicae Doc-
trinae Corpus ab ecclesia eliminari et loco eius praelibatam
Huterianam theologiam ac Librum Concordiae vel alios ali-
quos Augustanae Confessioni contrarios ecclesias in eas-
dem introduci.
386 Neben der Leitüberlieferung aus dem Kisder Kapitel,
wohl identisch mit der als Vorlage von Teutsch, UB I,
S. 275f. Nr. 163 genannten Matrica capituli Kisdenis,
finden sich Abschriften im NatA Hermannstadt, Kapitel
Mühlbach [Sebes] (Inv. 297), Nr. 1, fol. 55; ebd., Mss.
Varia II 81 (Codex Pöldnerianus), pag. 333f. sowie:
AHG Kronstadt, IV F 1 Tq 105, pag. 283f.

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