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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Armgart, Martin [Oth.]; Meese, Karin [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0193
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Einleitung

Kapitel verschickt worden sein. In der etwa gleichzeitigen Abschrift im Kisder Kapitelsbuch folgen ein
Schreiben des Superintendenten, in dem er sich gegen die Einschränkung seiner Autorität verwahrt sowie
zur verae religionis dejensio aufruft387. Danach folgt das Mandat der Nationsuniversität, das als Anstoß zum
landesherrlichen Verbot bezeichnet wird388.
79. Mandat der sächsischen Nationsuniversität gegen Neuerungen bei der Pfarrerwahl 19. Juli 1615 (Text
S. 509)
Wegen des Verlustes der Protokollbände der Nationsuniversität zwischen 1563 und 1615 sind erst ab dem
Jahr 1616 wieder Protokolle der Versammlungen dieser obersten weltlichen Instanz des sächsischen Gebie-
tes überliefert. Vorangestellt ist ein bereits ins Jahr 1615 datiertes Mandat der versammelten Nationsuni-
versität. Die weltlichen Vertreter verwahren sich gegenüber der geistlichen Universität dagegen, ihre gegen-
wärtige Schwäche zur Einführung von Neuerungen auszunutzen. Das Pfarrwahlrecht gehört zu den alten,
bereits im Privileg von 1224 enthaltenen Vorrechten der sächsischen Gemeinden. Als Gefährdung mag
angesehen worden sein, dass die geistlichen Kapitel seit der Reformation verstärkt Prüfungs- und Bestä-
tigungsrechte wahrnahmen, verbunden mit der Ordination und der Aufnahme der neuen Pfarrer in die
Kapitelsgemeinschaft. Die Synode von 1605 reduzierte zudem den Zeitrahmen, innerhalb dessen die
Gemeinde ihr Pfarrwahlrecht ausüben müsse, bevor es zugunsten des Kapitels verwirkt sei, auf wenige
Wochen389.
Das Mandat wurde von Vertreter aller sächsischen Stühle und Distrikte unterzeichnet. Bei den Unter-
schriften fällt die weitgehende Verwendung der ungarischen Ortsnamen auf. Im Kisder Kapitelsbuch ist das
Mandat ohne Unterschriftenliste mit abweichendem Datum 20. Juli 1615 überliefert390.
80. Gemeinsame Ordnung der Pfarrerwahl o. D. [1615] (Text S. 511)
Fünf Artikel ad iustum et aequum pastoris electionum sind aus mehreren kirchlichen Sammlungen überliefert,
jeweils unter Verweis auf einen gemeinsamen Beschluss mit der weltlichen Gewalt. Die Leithandschrift aus
dem Kisder Kapitelsbuch überliefert keine Datierung, die späte Abschrift aus der Sammlung Trausch
vermutet conditi sunt anno circiter 1606-1606 a statu politico ac ecclesiastico sedis Schaesburgensi tempore
consulis Andreae Goebel391. Die Abschrift im Bistritzer Kapitelsbuch392 nennt das Jahr 1615; sie erweitert
den Text um fünf zusätzliche Artikel sowie eine deutsche Fassung auditoribus informationis causa393.
Die Bistritzer Datierung 1615 legt nahe, die gemeinsame Ordnung resultiere aus Verhandlungen, die das
Mandat vom 19. Juli 1615 angestoßen habe. Die zwischen Nationsuniversität und Geistlichkeit getroffene
Vereinbarung erscheint als Einigung auf Kosten Dritter. Das mittelalterliche Pfarrwahlrecht der Gemein-
den erfährt deutliche Einschränkungen durch Beratungs- und Mitwirkungsrechte sowohl der geistlichen
Kapitel als auch der übergeordneten weltlichen Gewalt. Der magistratus politici wird als parentum loco
überhöht und entsprechender Gehorsam unter Verweis auf das vierte Gebot eingefordert.

NatA Hermannstadt, Kisder Kapitel [Saschiz] (Inv.
296), Nr. 995/a (1), fol. 86r: Litterae convocatoriae domini
superintendentis causa istius diplomatis vom 4. Juli 1615,
adressiert an das Kisder Kapitel.
Ebd., fol. 86r-v, eingeleitet mit der Bemerkung: Delibe-
ratum fuit, ut legati Cibinium ad universitatem dominorum
politicorum expediti precerent assensu ad excusandos apud
illustrissimum principem articulos recens conditos et ad
impetrandam eorundem promulgationem.
Mediascher Synodalartikel 1605, Artikel 8, unten S. 484.

390 NatA Hermannstadt, Kisder Kapitel [Saschiz] (Inv.
296), Nr. 995/a (1), fol. 86r-v mit Überschrift Delibera-
tum politicae universitatis super requisitione dominorum
legatorum ecclesiasticae universitatis.
391 AHG Kronstadt, IV F 1 Tq 161 II (Analecta religionaria
Transsilvanica II), pag. 147f. Nr. 15.
392 NatA Hermannstadt, Kapitel Bistritz [Bistriţa] (Inv.
286), Nr. 513, fol. 6r-v; an die Überschrift angehängt:
conditi anno 1615.
393 Ebd., fol.7r-v.

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