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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Armgart, Martin [Bearb.]; Meese, Karin [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (24. Band = Siebenbürgen): Das Fürstentum Siebenbürgen - das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30664#0214
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Das Rechtsgebiet und die Kirche der Siebenbürger Sachsen

vortunkelt ist; wanwarumb, es ist nur eyn gott, ein
mitler Gottes und der menschen, eyn mensch Chri-
stus Jesus, der sych selbst zur beczalung der
erlösung vor allenn gegebenn hatt. Aber yn andrenn
ampternn ist es also vorschafft, das, syntemal myr
seen, das die vilde der psalmen und andrer metten-
geseng von den faulen kyrchen dienerenn mit gros-
sen vordros unfruchtbarlich geplappert werden und
dye castellen26, in welchen ym ganczen landt dy
tempell gebawet seyn, zu dyser geferlicher zeyt von
mancherlay umblygender faynt wegenn ym fynster-
nus nicht sycherlich mügen auff geschlossenn wer-
denn, so ist das ampt der metten vort gelegt wor-
denn zur tag czeite, in welchem nach Teutschen ge-
sengenn und litanienn auch nach ordenlichen met-
ten, psalmen, leczen und responsorien wirt gesun-
genn symbolum Athanasy27 und darnach das
deutsch: Te Deum laudamus28 und: Veni Sancte Spi-
ritus29, und darnach volgt eyn gemeine predig. Aber
nach essens czeyt an feyrtagenn geschich auch eyn
gemeyne predig mit vorgeendem, auch nachfolgen-
dem etlichenl Teutschen gesang.
Sonder in andrenn tagenn yn der wochenn des
morgens syngt man eyn Teutschenn gesang und dar-
nach thuet man eyn predig zur unterweisung der ju-
gent, welche beschlossen wirt mit gesang eyns etli-
chen psalmenn ader der czehen gepott; Nach dem
werden gesungen alle tag czwen ader dray psalmenn
nach der ordnung des psalters, und darnach wirt of-
fembarlich gelesen eyn caput aus dem alten testa-
ment mit eyner kurczer auslegunk, an welches ende
wirt gesungen von dem volk eyn Teutsch psalmus.
Aber yn der vesperenn ist gar nichts gewandelt wor-
denn, alleyn der fünfft psalmus30 wirt der kyrchen-
gemeyn besserung ader bawung halbenn Teutsch ge-
sungenn. Nach dem allem dye gelerte meydleyn
ader etliche geseng yn dem tempel syngenn ader fra-
genn von den vornemsten stuken des catechismi un-
l Wort am Rand nachgetragen.
m-m Am Rand nachgetragen.
26 Die für das Sachsenland typischen Kirchenburgen.
27 Das athanasianische Glaubensbekenntnis; BSLK,
S.28-30.
28 Offenbar Martin Luthers Fassung des Te Deum: Herr
Gott, dich loben wir; Luther, AWA 4, Nr. 31.

tereynander sagenn und zur unterweisung der zu-
hörer auslegenn. Zu czeiten auch wirt durch eynen
etlichenn kirchendiener dy schlechte31 leer des cate-
chismi der jugent vorgelesenn ader vorgesprochenn.
Wie aber die andere gewenliche ding nach der ord-
nung des ganczen jars von uns gehalten werden,
mag eyn yeklicher aus andrer yrem schreibenn kler-
licher erkennenn.
[6.] Von versorgungk der kranker leut
Die zuhörer sollen yn allen predigen vormant wer-
den durch dye kyrchen dyener, auff das dy gesun-
denn stecz zum abentmal mdes Herrennm zu tretten
und nicht als vormals alweg erwarten das ende der
fastenn32, yn welchem den | 5 r | alle gemeyniklich an
alle liebe ader begyrde der guetikeit mit gestyeme
pfflegenn zu zulauffenn, auff das sy alleyn der ge-
wonheit genug thuen mögenn, welch genugsam sye
anczeigt, wie sy nit unterscheydlich erkennenn den
leib des Herrenn. So aber yemans durch vorhenknus
Gottes treffliche not ankompt, dem mag man auch
besonderlich ym pesonderlichen haws das testament
Christi reychen, wanwarumb, nott hat keyn gesecz.
Syntemal aber gewis ist, das dy wirdikeit der sa-
crament vortunkelt wirt, wo ethwan leichte ceri-
monien mit nöttiger haltung vorgepyldt werdenn, so
doch gleych weder dy volbrenger hilffenn nach den
nit volbrengerenn schadtent, darumb ist beschlos-
sen, das der dyener an kerczenn, schellen und ander
gepreng, so dy ungelertenn zur abgötterey reyczent,
mit denenn, dy yn geruffen habenn, mit dem prott
und kelch zum haws des krankenn geen soll und do-
selbst nach gewonlicher tröstung dy wort der ge-
wonlicher consecracion über das prot und weyn of-
femberlich sprechen und darnach dem krankenn
beyde reychen und nicht glaubenn, das dy unnücze
czeigung des brots dem krankenn zu nucz komme,
29 Offenbar Martin Luthers: Komb, Heiliger Geist; Luther,
AWA 4, Nr. 15.
30 Ps 5.
31 Schlichte, einfache.
32 Die bisherige Pflichtkommunion am Ende der voröster-
lichen Fastenzeit.

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