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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0073
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Landesordnung vom 29. September 1540.

55

Man sol auch wissen, wann ein unehelich
ledig person mit einer andern, die ehelich, ehe-
bricht, so ist es gleichwohl ein ehebruch, so wol
an der einen, als an der andern person. Wo
aber beide ehebrecher im ehelichen stand, so ist
es ein zweifechtiger ehebruch. Geschihet aber
sölchs durch nahend und verboten gesippte freund-
schaft oder mit anlegung gewalts, so ist es ein
blutschand und notzogk und einfechtiger oder
zweifechtiger ehebruch zusamen, und erfordert
desto schwerere buss, damit diese that gestraft
werde, und man hat also viel weniger ursach,
gnad zuerzeigen, sonder stracks recht ergehen zu-
lassen.
So dann ein ehemann und eheweib, sein
ehegatt ehebruchs halben nicht fur weldlichem,
sonder geistlichem recht (wie mans nennet) be-
klagen, aber durch solch beklagung nicht die
straf des ehebruchs, sonder allein die entscheidung
würd suchen, ehe der ehebrecher oder ehe-
brecherin von weldlichem gericht beschlagen. Als-
dann söllen die herrn bischofen oder ihre official,
oder, wem sie sönst vorstendigen sölche sachen
bevehlen, derselbigen klage und antwort ver-
hören, und sonst alles was sich zu recht eigent
und gebürt, handlen und gescheen lassen, und
dabei zwen oder aufs wenigst einen des rhats
oder aus dem gericht dobei haben, sölchs alles
mit anzuhören, und alsdann zum endurtheil greifen,
das die oder dieselbige aus dem rhat oder ge-
richt in einen rhat oder das gericht, so das ehe-
gat ehebruchs uberwunden, zeügen mögen, damit
wenn dem unschuldigen ein ander ehegat erleubt,
das uberwunden und verurtheilt aus dem weg ge-
bracht, nach ordnung der recht und vermög unsers
gebots. Sonderlich aber, weil ehegatten der-
massen einander verklagen, alhie in den stetten
Königsberg, do der official alle wochen recht
sitzt, welche leut an anderen orten, ferne oder
nahend auf dem land, oder auch in stetten ausser-
halb Königsberg sasshaftig oder wonhaftig oder do
sie sich, ein zeit, als lossgenger erhalten herkommen,
sol es damit also gehalten werden, so das ein
ehebruchs uberwiesen und verurtheilt, das als-
dann unser oberster burggraf alhie zu Königs-
berg, das uberwunden ehegat, sei von wannen es
wölle, gefenglich annemen, und als ein verurteilt
person mit gebürlicher straf antasten. Bede herrn
bischofen aber, so sie in ihren visitation sölch
gericht hielten, und jemand zu einem ehebrecher
durch offentlich urtheil erkenten, söllen die her-
schaft, so obrigkeit hat, oder unser heüpt und
amptleut, sölchs, wie alhie unser oberster burg-
graf wider das verurteilet eegat furnemen und
mit nichtem unterlassen. Trüge sich dann
sölchs an den orten, do die herrn bischof
obrigkeit haben, gleicher mass durch sie ver-

schafft werden, das sölchs durch ihre heubt und
amptleut, voigt oder burggraven werde aus-
gericht.
So einer umb ehebruch oder sonst ander ge-
brechen beklagt, für dem official one ehaft nicht
erscheinen noch gehorsamen wolt, söllen die
amptleut oder bürgermeister pflichtig sein, darob
zuhalten, hülf und beistand zuthun, damit das
ubel gestraft werde.
Wo aber ein part ehebruchs uberwiesen, sol
der official dem unschuldigen theil einen ge-
zeugnusbrief geben, worumb er sölche ehe ge-
scheiden, damit dasselbig unschuldig, ob es wider
freien wölt, sein recht und erleubnus an allen
orten möcht beweisen.
Es sol aber auch ein jeder eegat, man oder
weib, so ihm sein eegat entgangen oder weg-
gelaufen (wie leider vil geschicht, und sonderlich
in diesen landen gemein ist), sölchs zu jederzeit
der obrigkeit desselben orts anzeigen und ein-
zuschreiben begern, wil anderst dasselbige ehegat,
dem das ander ehegat entlofen, das man ihm mit
der zeit sol rathen, und im fal, so es sich selbst
ehrbarlich gehalten, ein ander eegat zu freien er-
leuben. Die sölchs anzuzeigen und einzuschreiben
begern unterlassen, söllen billich das entgelten
nach umbstand der sachen. Sonst haben wir
vormals bevolen und geboten, und den herrn
bischofen sölchs bevelchs und gebots meinung
auferlegt, in ihren visitation allenthalben ver-
kündigen zu lassen, das alle unser herrschaften
amptleut und die vom adel, so obrigkeit haben,
als die christliche verwalter und bevelchhaber
allen ihren besten vleiss ankeren söllen, woe ihre
underthan in den ehlichen stand getreten und
durch böse eingebung wider von einander laufen
wöllen, das darauf gut acht gegeben, und mit der
straf dermassen eingesehen werde, damit sie
widerumb zusammen und in einigkeit gebracht
werden.
Sölchs wöllen wir alhie widerumb verneuet
und abermals bevolen und geboten haben, stracks
zu halten. Mit diesem anhang, das nicht allein
dieser artikel eigentlich auf die untersassen,
sonder auf alle diejenigen, so sich in unserm
fürstenthumb und landen erhalten oder darin be-
funden werden, ob sie schon rechtschaffene unter-
sassen nicht sein.
Vielmehr aber sol sölche einigkeit durch
straf oder andere bequeme mittel gesucht und zu
wege gebracht werden, wenn zwei eheleut schon
von einander sein gelofen, söllen auch derhalben
niergent, weder eins noch das ander, noch beide,
so von einander gelofen, von jemant gehauset
oder geherberget noch unterschleift werden, bei
willkürlicher, doch schwerer bues und straf der-
jenigen, die sie also hausen, herbergen oder under-
 
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