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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0087
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Kirchenordnung von 1544.

69

Aller heiligen engel memoria ader gedochtnus den
nehisten Sontag vor Michaelis zu halten, wie
sölchs auch bisher zu Königsberg jerlich in ubung,
darin man dem barmherzigen gote für allerlei
unzeliche güte, und uns unwirdigen erzeigte wol-
that beide leiblich und geistlich billich lob, ehr
und dank sagen sölle, sonderlich aber für die
milde und grosse güte, das er die lieben heiligen
engel uns armen, schwachen, gebrechlichen menschen
gnediglich verordenet hat, das sie unsichtbarer
weise unser warnemen und pflegen, uns schützen
und behüten, und unser geleiz leute nach dem
willen und ordenung gottes sein söllen. Auch in
sonderheit für die milde gaben der früchte und
volendeten erndte.
Item, so oft sichs begibt, das der tag
Annunciationis Marie auf den Palm Sontag, ader
in der woche vor Ostern, ader dieselbige volgende
woche in den Oster tagen gefelt, sol es den
nehisten Sontag nach Ostern gehalten und lauts
der vorigen kirchen ordenung transferiret werden.
Damit dieselbige zeit vom einreiten des herren
und sein heiliges leiden und die historia der
auferstehung Christi unverhindert möge beprediget
werden.
Von der taufe.
Die taufe soll in der kirchen, zu welcher des
kindleins eltern gehörig, und nicht im andern
kirchspile mit den gewönlichen exorcismis und
gebeten in deudscher bekandter zungen, lauts
der vorigen kirchen ordnung geschehen; auch söl
sölchs gleichförmiger weise von allen und jeden
pfarherren ader kirchen dienern gehalten werden,
und sol nicht etwas besonders mit predigen oder
exhortation, wie etliche für andern wöllen gesehen
sein, auch nicht mit hohen subtilen ader ftir-
witzigen fragen gegen die gefattern furgenommen
werden. Es söllen auch die priester, so die
kinder teufen, leichtfertigkeit zu vermeiden, nicht
fragen bei der tauf, wer des kindes vater sei,
sonst zuvor, wann zu taufen bestelt wird, sol
erstlichen nach des kindes eltern, woe sie won-
haftig, ab sie eelich etc. gefraget werden. Zu
dem söllen die kindlein, so daheime in nöten
durch die weiber genottauft sein, wie dann auch
sölchs rechtschaffen geschehen mag, keins wegs
widerumb in der kirchen getauft werden, denn
solchs widerteufen ist ein verspottung des güt-
lichen namens und der heiligen taufe.
Die kindlein söllen auch nicht etliche tage
ungetauft gelassen werden, denn sölchs ferlich und
gottes versuchung ist, derhalb soll die taufe auf
keine gewisse angesatzste tage, nach gefallen der
priester ader der freundschaft gewelet werden.
Weil sölchs bei etlichen als ein zeichen des ge-
prengs ader des geizes gespüret wird, darzu auch

die gewisse erfarung etliche schreckliche geschicht,
so dissfals sich begeben, anzeigt und bezeuget.
Darzu sol bei der taufe niemands zu gefatter-
schaft, er sei denn unser waren und christlichen
religion auch der artikel des glaubens und gebets
nicht unwissend, zugelassen werden.
Von der ehe.
Das gewönliche aufbieten ader verkündigen
derjenigen, so zur ehe greifen wollen, sol vier-
zehen ader aufs wenigst acht tage vor der köstung
geschehen, damit raum gelassen werde dem jenigen,
so villeicht darein zu sprechen hette, und so der
breutigam in einem, die braut aber im andern
kirchspiel wonhaftig, söllen sie an beiden orten
ader kirchen, dohin ein jede person gewidmet,
aufgeboten und abgekündigt werden.
Es söllen auch die pfarherren keines weges
zur ehe gestatten, ader treuen, so irgents ein
zweifel ader missdünken von wegen der blut-
freündschaft, magschaft, ader auch schwegerschaft
lauts F. D. vorigen ausgegangenen mandaten und
lands ordnunge vorfiele, auch menniglich dissfals
von der canzel verwarnen, das sich nimandts in
sölchen fellen zufreien, one rathe und erlaub
der jenigen, den es auferleget und bevolen,
unterstehe.
Item, das dieselben, so zur ehe greifen, zu-
vor, wo sie unbekant sein, ihren namen und zu-
namen, eltern, land und hausherren, woe es diener
weren, nennen söllen, wie auch sölchs eigentlich
auf der canzel söl namhaftig gemacht werden.
Do auch die pfarher zweifeln, das die personen,
so aufgeboten söllen werden, die zehen gebot,
artikel des glaubens und das vater unser nicht
können, in sonderheit, so es dienstboten sind, so
zur kirchen unfleissig kommen, sol er sie in die
kirche für ader nach dem ampt bescheiden, sie
verhören und unterweisen, auch sie so gar un-
wissend nicht treuen, bis sie die obgemelten
artikel mit dem gebet können.
Von öffentlicher busse und der reconciliation.
So weiber ihre kinder im schlaf erdrücken,
wie sölchs in diesen landen got erbarm, es viel-
mals und gemeiner dann anderswo befunden wird,
ist sölchs fürwar ein erschrecklich laster, und
wiewol sölchs one willen und fürsatz sich begibt,
kan es doch, weil sie die kinder aus unvorsichtig-
keit und wider F. D. ausgegangenen bevehl, zu
sich in ihre betten nemen, one grosse unacht-
samkeit ader trunkenheit nicht geschehen, und
derhalben auch immer one merkliche schuld und
schwere sünde der mutter sein kan, weil sie ihr
eigen fleisch und blut, welche ihnen von got dem
almechtigen nicht allein zu erneren gegeben, son-
dern zu bewaren hoch und treulich bevolen ist,
 
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