Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0102
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
84

Das Herzogthum Preussen.

Darnach lasst uns auch bitten für das welt-
liche regiment, sonderlich für alle obrigkeit dieser
lande, dass gott ihre herzen durch seinen geist
und wort erleuchten wolle, auf dass gottes wort
und ehre durch sie gefördert und nicht verhindert
werde und wir also unter ihnen ein geruglich
und stilles leben führen mögen in aller gottselig-
keit und ehrbarkeit.
Bittet derhalben für die königliche majestät
zu Polen und das ganze reich, gott wolle ihrer
majestet ein langes leben gönnen, glück und sieg
verleihen wider den moskowiter und alle feinde,
wolte ansehen seine gnade und barmherzigkeit,
uns in des grausamen tyrannen gewalt nicht fallen
lassen, wolt auch den lieben könig und das
ganze reich dahin regieren durch seinen geist,
damit sie des leidigen teufels, des bapstes und
anderer rotten möchten ledig werden, und dem
lieben herrn Christo in seinem evangelium die
thor aufthun.
Insonderheit aber bittet für unsern löblichen,
lieben Iandesfürsten und herrn: der allmech-
tige, ewige gott wolle seine fürstliche durch-
lauchtigkeit bewaren fur allem leid und ubel
an leib und seel, landen und leuten; wolle ire
fürstl. d. bei langwiriger gesundheit erhalten,
sein wares erkenntniss in ihrem jungen herzen
anzünden und gemehren, dass ihre fürstl. d. da-
rinnen möchten sowohl als in gottesfurcht er-
wachsen, ein frommer fürst, getreuer pfleger der
kirche und ein vater werden seiner geliebten unter-
thanen.
Desgleichen bittet auch fur die löbliche
fürstliche regiments-rethe: gott wolle ihnen krefte
geben, die schwere last zu tragen, wolle selbst
bei ihrer regierung sein, glück und heil darzu
geben, auf dass gottes wort, zucht, ehr und alle
ehrbarkeit gefordert, allem ergerniss, des noch
viel ist, gewehret und der gemeine nutz wol
und friedlich möge regieret werden, wir aber auch
mögen gehorsam und from sein.
Insonderheit wird eine gemeine fürbit von
euch begeret für N. N.
Ein jeder bitte auch fur sich selbst, fur sein
weib und kind und was ihm befohlen ist; auch
für alle betrübten leiblich und geistlich etc. Für
die und alle andere not und für uns selbst
lasset uns mit einander sprechen das heilige vater-
unser etc.
Nach dem gebet singet die ganze kirche alle-
zeit: Erhalt uns, herr, bei deinem wort etc., wie
droben vermeldet ist.
Unterdess gehet der priester von der kanzel
fur den altar; da soll er die vermanung und
paraphrasin des vaterunsers gegen dem volk ab-
lesen, darauf singen die verba consecrationis, wie
droben angezeiget ist, allein dass er das gesegnete

brod austheile den communikanten, ehe denn er den
kelch segenet, wie den auch bisher an den orten
gebräuchlich gewesen, da ein pfarrherr allein bei
seiner kirchen ist und keinen caplan hat.
Von der mittags predig am sonntag
und festtagen.
Fur das einfeltige arme volk und hausgesind
hat man früe den lieben, heiligen catechismum,
wie droben angezeiget, welches die beste und
edelste lere unter allen auf erden ist, die kein
mensch nimmermehr wird ausstudiren in diesem
leben. Gleichwohl ist sehr gut, dass man dem
hausgesinde auch die gewöhnliche evangelia auf
die sonntage und festtage explicir und fürhalte,
auf dass sie darinnen fein sehen und lernen, wie
und an welchem ort in der schrift, sonderlichen des
neuen testaments, ein jedes stück des catechismi
seinen grund und klare beweisung hat. Weil es
aber zur hochmess vormittag muss zu hause auf
küchen und keller warten, wie droben vermeldet
und gleichwohl auf den mittag nach gehaltener
mahlzeit um zwölf uhr allhie für sie auch eine
predig verordenet ist, kan man ja die stund
besser nicht anlegen, dann das die caplan die
zeit wiederum das evangelium de tempore nemen
und ja den fleiss thun, damit sie ein jedes auf
ein stück des catechismi ziehen und dasselbige
fein einfeltig handelen, wie sie gar leichtlich thun
können, wenn sie bei gemeiner ordnung der lere
bleiben, das etliche predigen lehren vom gesetz,
legen dasselbige aus in genere oder in specie ein
jedes gebot; etliche sind unterricht vom evangelio,
die da lehren von den artikeln unsers glaubens,
vom gebet oder von den hochwirdigen sacra-
menten, etliche aber reden von den stenden und
guten werken, wie ein jeder darinnen dem lieben
gott zu ehren dienen und sich rechtschaffen in
seinem leben halten soll.
Was das singen belanget, soll man fur der
predig singen das deutsche Te deum laudamus
wie gebreuchlich, darauf: Nu bitten wir den
heiligen geist etc. und wenn die predig ge-
schehen : Erhalt uns, herr, bei deinem wort, da-
mit gehet das volk wieder aus der kirchen.
Zuletzt, weil das hausgesinde zu Königsberg
eines guten theils undeutsch ist und fur dasselbige
zugleich an unterschiedlichen orten ein polnischer
und auch ein littauischer prediger nu lange zeit
gehalten worden, sollen dieselbigen beineben der
auslegung der evangelien ihre zuhörer ja fleissig
in der lere des catechismi berichten, sie mit
gebürlichem ernst in rechter, warer betrachtung
gottes worts zu aller gottseligkeit füren und ver-
mauert, damit sie auch wissen, wie sie selig werden
und wie sie christlich mögen auf erden leben.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften