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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0107
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Kirchenordnung und ceremonien von 1568.

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Von der form der taufe.
Weil man teglich erfährt, wie gar leichtfertig
man ingemein bei der tauf handelt und wenig
leut betrachten, was ernster sachen allda für-
genommen und von wem dieselbigen verrichtet
werden, so soll zu christlichem unterricht und er-
innerung folgende vermahnung allezeit mit ge-
bürlichem ernst zum anfang für der tauf fürher
gehen.
Eine vermalmung zu denen, so das kind zur tauf bringen.
Lieben freund, wir hören teglich aus gottes
wort, erfahrens auch beide an unserm leben
und sterben, das wir von Adam her alle in sünden
empfangen und in dies elenden jammerthal ge-
boren werden, und mit uns bringen aus unserer
ersten geburt die gift und die verderbte unart,
darinnen wir, von gott abgewandt, seine feinde
sind und kinder des zorns, in welchem wir ewig
mussten sterben und verderben, wo uns nicht
durch den eingebornen sohne gottes, unsern lieben
herrn Jesum Christum, daraus geholfen were.
Dieweil dann dies gegenwärtige kindlein in
seiner natur mit gleicher sünde, in massen wie
wir auch vergiftet und verunreinigt ist, darum es
auch des ewigen todes und verdammniss seiner
art halben sein und bleiben musste, und aber
gott, der vater aller gnaden und barmherzigkeit,
seinen sohn Christum der ganzen welt und also
den kindern eben nicht weniger dann den alten
verheissen und gesandt hat, welcher auch der
ganzen welt sünde getragen und die armen kind-
lein gleich sowol als die alten von aller sünde,
tod und ewigem verdammniss erlöset und selig ge-
macht hat, sofern es ihnen nach seiner verord-
nung durch das wort und die taufe zugeeignet
und adpliciret wird, darinnen er dann befohlen,
dass man sie soll zu ihm bringen, auf dass sie
gesegnet werden.
Derhalben so vermahne und bitte ich euch
alle, die ir allhie versandet seid, aus christ-
licher lieb und treu, dass ir ernstlich zu herzen
nemen und mit fleiss bedenken wollet, in was
grossen jammer und not dies kindlein seiner art
und natur halben steckt, nemlich dass es ist ein
kind der sünden, des zorns und der ungnaden,
und das ihm nicht anders kann geholfen werden,
dann das es durch die tauf aus gott neu ge-
boren und von im an kindes statt von wegen
unsers herren Jesu Christi angenommen wird.
Wollet euch derhalben dieses gegen wertigen
armen kindleins gegen gott dem herrn mit ernst
annemen, dasselbige dem herrn Christo nach
seiner eigenen verordenung in der tauf fürtragen
und bitten, er wolle es zu gnaden aufnehmen,
ihm seine sünden abwaschen und vergeben, zu
einem miterben der ewigen, himmlischen güter
Sehling, Die Kirchenordnungen. IV.

erkennen, auch nicht allein von des teufels ge-
walt, dem es der sünde halben unterworfen und
in seinem reich gefangen ist, erledigen, sondern
auch also durch den heiligen geist sterken, das
es dem feinde im leben und sterben stattlichen
widerstand thun und in dem zum seligen siege
erhalten werden möge. Amen.
Nach solcher vermahnung wende sich der
priester zu dem kinde und spreche:
Fahre aus, du unreiner geist und gieb raum
dem heiligen geist.
Darnach mache er ihm ein kreuz an die
stirn und brust und spreche:
Nimm das zeichen des heiligen kreuzes, beide,
an der stirn und an der brust.
Lasst uns beten:
O allmechtiger, ewiger gott, vater unsers
herrn Jesu Christi, ich rufe dich an über diesen
N., deinen diener (oder, über diese N., deine
dienerin), der (oder die) deiner taufe gabe bittet
und deine ewige gnade durch die geistliche wieder-
geburt begeret. Nimm in (oder sie) auf, herr, und
wie du gesagt hast: Bittet, so werdet ihr nemen,
suchet, so werdet ihr finden, klopfet an, so wird
euch aufgethan ; so reiche nu das gut dem (oder
der), der (oder die) da bittet, und offene die thür
dem, der da anklopfet (oder der, die da an-
klopfet), dass er den ewigen segen dieses himm-
lischen bades erlange und das verheissen reich
deiner gabe entpfahe durch Christum, unsern
herrn. Amen.
Lasst uns beten:
Allmächtiger, ewiger gott, der du hast durch
die sindflut, nach deinem gestrengen gericht,
die ungleubige welt verdammt und den gläubigen
Noah selbacht, nach deiner grossen barmherzig-
keit, erhalten, und den verstockten Pharao mit
allen seinen im rothen meer erseuft und dein
volk Israel trucken hindurchgefürt, damit dies
bad deiner heiligen taufe zukunftig bezeichnet
und durch die taufe deines lieben kindes, unseres
herrn Jesu Christi, den Jordan und alle wasser
zur seligen sindflut und reichlicher abwaschung
der sünden geheiliget und eingesetzt. Wir bitten
durch dieselbe deine grundlose barmherzigkeit,
du wollest diesen (oder diese) N. gnediglich an-
sehen und mit rechtem glauben im geist be-
seligen, dass durch diese heilsame sindflut an
im (oder ir) ersaufe und untergehe alles, was
im (oder ir) von Adam angeboren ist und er
(oder sie) selb dazu gethan hat, und er (oder
sie) aus der ungleubigen zahl gesundert in der
heiligen arca der christenheit trocken und sicher
behalten, alzeit brunstig im geiste, fröhlich in
hoffnung deinem namen diene, auf dass er mit
allen gleubigen deiner verheissung ewiges lebens
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