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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0129
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Von Erwehlung der beiden bischoff. 1568.

111

heilige ambt selbert hast eingesetzt und geheiliget
in deinem lieben sohn, und diesen N. N. nach
deinem göttlichen willen und rath darzu berufen,
wir bitten dich von herzen, du wollest deinen
heiligen geist geben, und durch denselbigen dein
wort legen in seinen mund, damit ers rede mit
freidigkeit, wie sichs gehöret, auch mit seinem
handel und wandel niemands ergerlich, sondern
jedermenniglichen förderlich sei zu seiner seligkeit,
wollest auch bei der gemeine geben ein hörendes
ohr, die herzen der zuhörer weich machen und
aufthun, dass sie dein wort lieben und annehmen,
deinen diener ehren und förderen, auf das also
dein name geheiliget, dein reich gemehret werde,
und die angewandte arbeit nicht vergebens sei;
solch unser gebet wollest du treuer gott erhören
und aufnehmen, in deinem lieben sohn, unserm
allerliebsten erzpriester, erzhirten und bischof
unser armen seelen. Amen.
Darauf soll der andere benachbarte pfarrherr
die verba caenae singen und dem neuen pfarr-
herrn das heilige sacrament reichen, mit gewon-
licher danksagung.
Lehr der pfarrlierrn.
Darinnen sollen sie gestracks bleiben bei dem
Corpore Doctrinae, wie dasselbige in diesem
fürstenthumb anno 1567 aus den prophetischen
und apostolischen schriften, den alten symbolis,
auch der lehre Lutheri zusamen getragen und publi-
ziret ist, und sollen sie sonderlich den heiligen
catechismum Lutheri gar fleissig dem volk ein-
bilden. Da aber jemands darüber schreiten, und
was sonderlichs würde fürnemen, gegen den
sollen die bischofe procediren, vermüge ihres ampts
und unserer verordnung. Und sollen die pfarr-
herrn und kirchendiener nicht allein für sich in
der lehr unstreflich sein, sondern jerlich zu ge-
legener zeit in ihre kirchspiel gewidmete dörfer
visitiren und ihre pfarrkinder gebührlich exami-
niren und verhören, und da einer oder mehr das
examen fliehen würden, den oder dieselben den
bischofen in straf zu nemen der herrschaft anzeigen.
Leben.
Soll unstreflich sein, sagt Paulus, und weil
ergerlich leben nicht bauet, sondern schaden thut,
und aber dis ambt nicht zu verderben, sondern
zu bessern gegeben und befohlen ist, 2. Corinth.
10 und 13, sollen die bischofe, nach gnugsamer
vermanung, oder erachtung ergangener ergernuss,
ihre volle macht auf ihre gewissen brauchen, und
sie darinnen niemands hindern, sollen derhalben
pfarrherrn, so andere lehren und unterweisen, sich
nicht selbst dermassen halten, das sie billig un-
gunst möchten erlangen, dergleichen auch in ihren

widemen, weder bier, gebrannten wein noch mete
schenken, vielweniger sollen sie sich leichtlich in
seufferei, zank und hader, mit ihren pfarrkindern
oder herrschaften begeben, sondern sich in ihrem
leben gegen menniglichen züchtig, unverweisslich,
erzeigen und halten.
Besoldung.
Wird ihnen gereicht nach unserer verordnung
und bewilligung unserer landschaft, wie im artikel
von einkunft der kirchen hernach verzeichnet ist,
werden sich auch unsere amptleute, so wol als
die vom adel darnach richten, wo es mangelt, das
es in künftiger zeit müge bebessert und ins werk
gesetzt werden. Wir solten doch ja, nicht aus
gottes wort allein, sondern teglicher erfahrung ge-
lernet haben und greifen, das es war ist, wie der
prophet Aggeus sagt, wo den armen dienern ihr
gebührlicher lohn und verordnetes deputat ent-
zogen und entwandt wird, es gescheh auch mit
was schein es immermehr wolle, weil gott sich
nicht effen lest, Gal. 6, so gibet es keinen frommen,
sondern gewissen schaden, das solch gut, das ander
mit sich hinweg frisset, dann gott will mit uns
essen, da ist denken an verloren, als der oberste
speismeister, koch und keller, soll er aber kummer
leiden und nichts haben, so wollen wir auch nichts
haben, es heisst, Date et dabitur vobis, wann der
date aufhöret, sagt Lutherus, so höret das dabitur
auch auf, also schmachten dann und leiden noth
obern und unterthan. Wo zweene oder drei pfarren
zusammen geschlagen, sollen die herrn bischofe
in den visitationibus erkünden, ob dieselben jetziger
gelegenheit nach wiederumb getheilet, eine jedere
pfarre mit einem sonderlichen pfarrherrn bestellet,
der pfarrherr auch darauf notturftig unterhalten
werden könne; wo solchs befunden, sollen es die
bischofe dergestalt verschaffen, wo aber der unter-
halt auf einer pfarre und von einen kirchspiel zu
geringe, diese verordnung thun, das die kirchen-
huben von der einen oder mehr pfarren, da der
pfarrherr nicht residiret, der kirchen zum besten
ausgethan, die nutzung von den kirchenvetern ge-
haben, und den pfarrern (da es nöthig) besserer
unterhalt davon verordnet werde. Man solte je
bedenken, weil ein pfarrherr zu seinen studiis alle
sein patrimonium angewandt, und oft was er von
seinem weibe bekommen, dazu zugesetzt, das-
selbige seinen armen künftigen würmlein und
kindern aus dem munde gezogen, das es ja zum
ampt dester lustiger machet, wo ein solcher treuer
mensch wiederumb an seiner grossen sorge, mühe
und arbeit ziemliches unterhalts zu gewarten hat,
wie man ihnen denselbigen auch ohne das schuldig
ist; wir seen euch das geistliche, ists dann ein
gross ding, so wir euere leibliches erndten, sagt
der apostel Paulus, 1. Cor. 9.
 
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