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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0137
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Von erwehlung der beiden bischoff. 1568.

119

Wer die recht armen seind, denen man
geben, und die man soll in hospital ein-
nehmen.
Syrach sagt cap. 12, wiltu guts thun, so
siehe zu, wem du es thust. Item, giebe dem
gottfürchtigen, thu guts dem elenden und nicht
dem gottlosen.
Sollen derhalben sonderlichen die kasten- und
hospitalherrn oder vorsteher zusehen, wen sie zu
den almusen kommen lassen.
Und gehören gottlose, ruchlose leut gar nicht
darein, wie Syrach klerlich saget, und Paulus den
unterscheid auch wil gehalten haben, das wir für-
nehmlich und sonderlichen guts sollen thun an
den glaubensgenossen, Galat. 6.
Es gehören auch nicht in die milden almusen
und hospital faulenzer und ledige müssiggenger,
die ihr leben mit schlüngeln zubringen, nicht
wollen bei starkem gesunden leib arbeiten, ver-
lassen sich aber auf solchem bettel, da sie
meinen, das man sie wol nehren müsse, nein sagt
Paulus von solchen leuten, wer nicht arbeitet, der
soll auch nicht essen, 2. Thessal. 3.
Viel weniger gehören darein diejenigen, die
ihre nahrung, und was ihnen der fromme gott
bescheret hat, böslich verschlemmen, tag und
nacht im luder liegen, spielen und doppeln, bringen
ihr leben mit greulichem ergernuss unsern kirchen
und dem heiligen evangelio zu schimpf und nach-
theil, in allerlei sünden und lastern zu.
Dies aber seind die recht armen, sie haben
gottes wort lieb, sind fromm und arbeiten, und
lassen ihn ihr leben sauer werden, aber der
fromme gott entzeucht ihnen seinen segen an der
nahrung, dass sie nirgend zu kommen können,
sondern zuletzt an den betteistab gerahten. Oder
wolten gern arbeiten, können aber nicht, dass sie
gott mit leibsschwachheit krenket und zu aller
arbeit untüchtig gemacht hat. Diesen soll man
nach gelegenheit helfen mit dem gemeinen almusen
aus dem kasten, oder wo es die hohe noth er-
fordert, in die hospital nehmen.
Diener und dienerin bei den kranken
im hospital.
Sollen gottfürchtige, fromme leute sein, die
mit den kranken gerne von gottes wort reden, sie
damit tröstlichen zu gedult ermahnen und nicht
allerlei gezenk, wiederwillen und unlust unter
den armen stiften und anrichten.
Und weil das grosse hospital zu Königsberg
mit einem eigenen pfarrherrn versorget, sollen die
pfarrherrn oder ihre caplöne die andern hospitale
sowohl zu Königsperg als auf dem lande mit

wochentlicher predigt und reichung der sacrament
auch versorgen.
Und sollen die bischofe, vermüge ihres tragen-
den ampts, treulich aufsehen, damit die kasten-
herrn und vorstehere an jedern ort, bei den armen
den gebührlichen fleiss thun, gute rechenschaft
halten und alles in massen ausrichten, wie ihnen
von ampts wegen gehöret.
Sie sollen auch selbst die kastenherrn und
vorsteher in solchem ampt befürdern, ihres höchsten
vermügens, damit so viel immermehr müglich, die
kasten und hospital zunemen, und dem frommen
gott sein armer haufe tröstlich unter uns müge er-
nehret und erhalten werden.
Diss ist in gemeine, was der fürnehmsten
person und empter, lehr und leben in der
kirchen belanget, und wie es bei denen muss ge-
halten werden, wo wir die reine lehr wollen be-
halten und durch gottes gnade auf unsere nach-
kommen fortsetzen.
Examen in der visitation.
Auf das aber solchs alles in teglichem schwang
und gebrauch müge erhalten werden und daran
nichts geendert, soll in den künftigen visitationibus
jederzeit summarie also nachforschnng geschehen:
Die pfarrherrn soll man fragen:
Erstlich, was sie predigen, und soll damit in
den fürnembsten artikeln christlicher lehr ein jeder
pfarrherr fleissig ohne schimpf und leichtfertigkeit
examiniret werden, ohne beisein der pfarrkinder,
damit alles ohne ergernüss zugehe.
Zum andern wie sie taufen, absolviren, mit
den leuten in beicht hören umbgehen, und die-
selbigen zu ihrem trost berichten, in der kirchen
sacramenta reichen, oder bei den kranken, wie
sie kranken besuchen, was sie für ceremonien
halten in der communion, begrebnuss, copulation
der eheleut.
Zum dritten, wie sie die jugend und gesind
den catechismum lehren und zu welcher zeit, mit
was ordenung und weise.
Zum vierdten, wie die eltern ihre kinder und
gesinde darzu oder davon halten.
Zum fünften, wie auch in gemein die eltern
und hausherrn mit ihren kindern und hausgesinde
zur kirchen gehen, und ob man auch der zeit,
wann man predigt, branntwein, bier und anders
schenket, und wer es thut.
Zum sechsten, wie sie das hochwirdige sacra-
ment fleissig suchen und sich darzu schicken.
Zum siebenden, wie sie leben im ehestand,
und ausser dem ehestand, was sie für unzüchtige,
berüchte leute unter sich haben, ob auch todt-
schleger, wücherer, gotslesterer, zauberer, sacra-
 
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