Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0149
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Consistorialordnung von 1584.

131

gesetzt, sonderlich und freundlich besprechen und
christlich ermahnen: hilft es, wohl und gut, hilft
es nicht, sollen sie solchen ihren ungehorsam und
hartnäckigkeit ihren inspectoribus vermelden, die
denn auch ihr heil versuchen und erstlich im
beisein des pfarrherrn und der kirchenväter sie
zum besten vermahmen und da alles umsonst und
verloren, endlich die sache mit gutem, gründlichem,
ausführlichem bericht ans konsistorium sollen ge-
langen lassen und ohne desselben ordentliches
erkenntniss, vor sich selbst sich nichts unterstehen,
sintemahl dadurch oftmals nur zu grossem zank
und bader und schändlicher zerrüttung der kirchen,
ursach gegeben wird. War es dann sache, dass
gegen denselben oder andern entweder die lindere
castigation der kirchenbusse oder aber das
äusserste und schärfste remedium des bannes vor
der hand zu nehmen nöthig sein sollte, alsdann
werden die konsistoriales der in der kirchen-
ordnung verfassten form und process sich zu ge-
brauchen und solche strafe pro qualitate delictorum
zu schärfen oder zu lindern wissen. Schliesslich
wollen wir, dass ohne des konsistorii erkenntniss
und schluss, weder der bann, noch andere öffent-
liche kirchenstrafe jemand auferleget oder remit-
tiret, sondern desselben rath und gutdtünken zuvor
allezeit ersucht und in guter acht gehalten werde.
Von der execution und hülfe.
Damit aber auch das konsistorium und die
dazu verordnete über ihre ergangene urtheile,
abschied, vorträge, angesetzte strafen und was
dem anhängig, gebührliche execution und hülfe
nicht weniger, als andere gerichte zu getrosten
und darin kein mangel erscheine, als sollen die
konsistoriales, wenn ein urtheil oder abschied in
seine kraft ergangen, oder eine sache vertragen
ist, oder es soll etwan eine gefundene strafe ab-
geleget, oder dergleichen was anderes auctoritate
konsistorii vollenzogen werden, und aber der ver-
lustige condemnirte darinn sich ungehorsam und
säumig erwiese, da sollen sie, sagen wir, den-
selben noch zum ueberfluss bei einer gewissen
poen schriftlich ermahnen, dem ergangenen urtheil
und abschied in einer gewissen zeit folge zu thun
und gebührlich nachzukommen. Würde aber
jemands solches verachten und nicht pariren, sollen
die konsistoriales das brachium seculare, als uns
und unsere regierung, um execution und pfand-
briefe an die befehlshaber jedes orts ersuchen,
die wir ihnen auch unweigerlich wollen wider-
fahren lassen, worauf denn der executorialische
richter, an welchen die hülfebriefe ausgegangen,
endlich und schleunig ohne einigen aufschub,
einrede und ausflucht, auch ohne alles ansehn der
person, reichthums oder armuth, die wirkliche
hülfe leisten, und in allem die gleichheit, wie

recht und billig, halten solle. Da aber der hülf-
richter nach übergebenen executorialbriefen sich
säumig machen, und die gesuchte und von uns
befohlene hülfe nicht vollziehn und solches an
uns ferner gelangen würde, soll wider denselben
mit der in unserer hofgerichtsordnung angesetzten
poen der 20 ungarischen gulden gleichermassen
verfahren werden.
VII. Artikel und regel, nach welchen in
ehestiftung und ehesacken die pastores
und männiglich sich zu richten.
Nachdem allen und jeden unserer unterthanen
zum besten vor gut angesehen worden, dass in-
halts obgesetzter ordnung die inspectores mit zu-
thuung der amtleute und andern zugeordneten
personen, die vorfallende irrige sachen, ehe dann
sie ans konsistorium gelangen, zu vorn verhören
und ob sie in der güte können entschieden und
beigelegt werden, versuchen sollen und aber nicht
alle pastores der geschicklichkeit und erfahrenheit
sind, dass sie in vorfallenden ehesachen den
leuten bald rathen und helfen können, als haben
wir für nützlich und nothwendig erachtet, etliche
nützliche mit gotteswort und andern wohlbestellten
konsistoriis und reformirten kirchen gleichstimmigen
artikuln und regeln, nach welchen sie unsere
unterthanen in ehegelöbnissen, blutfreundschaften,
schwägerschaften und andern ehefällen zu richten,
an diese unsere neue konsistorialordnung mit-
anzuhängen, auf dass nicht allein die konsistoriales,
sondern auch die pastores denjenigen, die in ge-
dachten fällen bei ihnen rath und unterricht
suchen, rathen und dienen, auch ein jeder für
sich selbst was verboten oder nicht verboten und
was beim konsistorio zu erhalten oder nicht,
hieraus klärlich warnehmen und also vor manchen
beschwerlichen vergeblichen unkosten und ge-
setzten strafen sich hüten könne.
Soll derwegen vor allen dingen allen pastori-
bus das 18 te capitel des 5ten buch Mosis gemein
und wohl bekannt sein, denn solches ist gleichsam
der brun , aus welchem alle anderen gesetze von
ehegelübden im ehestande herfliessen und weil das-
selbe nicht allein ad leges Mosis forenses, son-
dern auch meistestheils ad legem moralem gehöret,
seind daran nicht allein die juden, sondern ins-
gemein alle menschen auf erden, nicht weniger,
als an das sechste gebot: du solt nicht ehebrechen,
gebunden, und hat niemand macht noch gewalt,
er sei auch wer er wolle, wider dasselbe zu
excipiren oder zu dispensiren, denn es ist nicht
eines menschen, sondern des grossen gottes gebot
und ordnung. Darum sollen alle menschen der-
selben sich bequemen, bei vermeidung göttlicher
ungnaden und der schrecklichen strafe, deren
17 *
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften