Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0148
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
130

Das Herzogthum Preussen.

nachgegeben haben. Von der interlocutoria aber
soll keine appellation noch supplication zugelassen
sein , es habe dann solche interlocutoria vim de-
finitivae, oder halte in sich damnum irrecupera-
bile. Es soll aber solche appellation vermöge der
rechte, intra decendium geschehen, auch in secunda
instantia nichts neues eingebracht, viel weniger
neue process gestattet, sondern allein zur deduci-
rung der rechte mit einem oder zweien sätzen
und solches förderlich von drei queren nächten
zu drei queren nächten geschlossen werden, jedoch
wo dem appellanten neue documenta und beweis,
von welchem er in prima instantia nicht gewusst,
wären beikommen, soll hierin gleichermaassen,
wie in unser hofgerichtsordnung ausgesetzet, ver-
fahren werden . darauf wir denn was recht ist,
ergehen lassen wollen. Auch soll das obergericht
mit fleiss hierauf sehen, dass die ehesachen, an
welchen viel gelegen, vor allen andern händeln
und appellationibus zuförderlichst vorgenommen
und abgefertigt werden Wo auch befunden, dass
der appellant allein zum vorschlag und verlänge-
rung der sache frivole appelliret, soll derselbe
11 gulden und sein procurator 5 gulden dem
konsistorio verfallen und bald abzulegen schuldig
sein, oder durch pfändung von dem richter jedes
orts abgefordert werden, so aber appellant oder
procurator angesetzte poen abzulegen unvermögend,
sollen sie soviel tage lang mit gefängniss gestraft
und also die ursachen fernere litigantium ver-
mieden werden.
VI. Von der jurisdiction des konsistorii
und wer demselben unterworfen, auch
von strafe und execution.
Und nach dem diese christliche hochnöthige
anordnung des konsistorii zur beförderung der
ehre gottes und des ganzen landes und aller des-
selben unterthanen gemeinen heil, nutz und
frommen gemeinet, als will es sich auch anders
nicht gebühren, noch leiden, denn, dass alle unsere
unterthanen, soweit sich dies unser herzogthum
erstrecket, niemand ausgeschlossen, wes standes
oder wesens der auch sei, gemeldetem konsistorium
unterworfen sein und von demselben in allen ob-
gesetzten punkten und fällen, christliche recht-
mässige und billige erkenntniss und bescheid ge-
warten, bei strafe, welche das konsistorium oder
auch wohl wir selbsten nach gelegenheit der ver-
brechung, werden zu fürdern und abzufordern
wissen. Dann sollte über verhoffen jemand, wer
der auch sei, an dieser unserer constitution sich
vergreifen und dem konsistorio und seinem christ-
lichen erkenntniss, urtheil und abschied rebelliren,
der soll wissen, dass wir selbsten und unsere
regierung solcher verachtung und rebellion uns

annehmen, den konsistorialibus auf ihr ansuchen
die hand bieten, die ungehorsamen und wider-
spenstigen durch scharfe mittel zum gehorsam
treiben und also über des konsistorii jurisdiction
und authorität mit allem ernst halten wollen.
Was für strafen das konsistorium zu
erkennen macht haben soll.
Weil auch die tägliche erfahrung in allen
regimenten mehr denn zuviel bezeiget und aus-
weiset, dass alle ordnung und gesetz, sie seien
auch so gut, so heilsam, so nöthig, so wohl-
genügend, und gefasset, als sie immer mögen,
dennoch sonderlich zu diesen letzten bösen zeiten,
da ohne das alle zucht und ehrbarkeit im steten
abnehmen und dem untergang fast nahe ist, wenig
ansehns und nachdrucks haben; wenn die glock
keinen klöppel und das recht keine handhaben
hat, das ist, wenn wider die ungehorsamen und
verbrecher kein ernst noch strafe erfolgt, als
sollen die konsistoriales zur erhaltung christlicher
zucht und schuldigen gehorsams, in nicht all zu
schweren fällen und delictis poenas civiles, als
ziemliche geldstrafen und gefängnissen , an unser
statt zu irrogiren macht haben, in all zu groben
misshandlungen aber, die einer scharfen animad-
version bedürfen, uns und unserm obergericht die
strafe und execution übergeben und befehlen. In-
gleichen geben wir ihnen macht, die kirchen und
schuldiener, welche sich entweder in ihrem amt
untreu, unfleissig und nachlässig, oder aber in
leben und wandel unchristlich, ärgerlich und
sträflich verhalten und bei denen die vorgehende
gradus admonitionum nichts schaffen oder helfen
wollen , nicht allein mit gefängnissen zu strafen,
sondern auch gänzlich, doch mit unser und unserer
regierung vorbewusst und bewilligung, zu ent-
urlauben und ihren dienst mit andern tüchtigen
personen zu ersetzen. Soviel aber die kirchen-
disciplin und strafe des bannes anlanget, welche
auch dem konsistorio zugehörig, solle das kon-
sistorium mit allen fleiss und ernst darob sein,
dass dieselbe nicht missbraucht werde, sintemahl
sichs bisher vielmahls befunden, dass die pastores
mehr aus eigenen affecten und rachgier, als aus
rechtem christlichem eifer, ihre pfarrkinder sowohl
von der absolution und tisch des herrn, als von
der taufe abgehalten und verstossen, darumb
wollen wir, dass hinfüro die pfarrherr bessere
ordnung und bescheidenheit halten und gebrauchen,
nicht alles auf ihre hörner fassen , sondern ihrer
inspectoren rath und gutachten hierin ersuchen.
Vermerken sie was ungöttliches und ärgerliches
an ihren pfarrkindern, sollen sie dieselben in
zeiten, ehe dann sie zur beicht und taufe kommen,
vermöge ihres amtes, eigene affectiones hindan
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften