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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0151
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Consistorialordnung von 1584.

133

11. Wo aber der beischlaf nicht bewiesen
und der beklagte darauf schwören würde, dass es
von ihnen nicht geschehen, alsdann soll das
öffentliche dem heimlichen vorgehn.
12. Wenn aber beide eheversprechungen
öffentlich geschehen, soll das erste kräftig und
das andere nichtig sein.
13. Wo aber auf das letzte öffentliche ver-
löbniss das beischlafen folgte, sollen die beiden
schuldigen personen, woferne sie von dem ersten
verlöbniss wissenschaft gehabt, mit verweisung des
landes gestraft und der ersten unschuldigen person
sich im andern wege zu verheirathen erlaubt
werden.
14. So aber jemand, er sei manns- oder
weibsperson, nach einem öffentlichen verlöbniss
sich wiederum mit jemand anderes heimlich ver-
loben und fleischlich vermischen würde, in meinung,
das erste verlöbniss dadurch nichtig zu machen,
soll derselbe oder dieselbe gleicherweis mit ver-
weisung des landes gestraft werden.
15. Wo auch einer mit zweien, einmal heim-
lich, darnach öffentlich sich verlobte und darauf
beide personen fleischlich erkennte, soll der ver-
brecher nach ausweisung der rechte ernstlich ge-
straft werden.
16. Wenn aber ein verlöbniss unter denen
personen, so sein mächtig, einmahl öffentlich und
ordentlich getroffen und beschlossen ist, soll das-
selbige weder durch wiedersendung der mahlschatz,
noch durch geld oder einige vertrage wieder zer-
rissen und aufgehoben werden. So aber je er-
hebliche irrungen vorfielen, sollen dieselben, wie
andere ehesachen, an das konsistorium gebracht
und daselbst entschieden werden. Würde hierüber
jemand sich unterstehn, entweder vor sich selbst
oder aber durch unterhändler und vertragsleute
von seinem oder seiner verlobten sich zu scheiden,
sollen sie sämmtlich nach erkenntniss des kon-
sistorii gestraft und dem scheidemann das beste
werden.
17. Unehrbare, unbillige, unchristliche und
unmögliche conditiones und bedingungen sollen
gänzlich verboten, und da sie angezogen, nicht
allein unkräftig sein, sondern auch alle schimpf-
liche verachtung göttlicher ordnung willkührlich
gestraft werden.
Von wegführung des weibsbildes.
18. So jemand eine jungfrau mit listigen
glatten worten, giften oder gaben hinterkäme und
ohne oder mit gewalt heimlicher oder betrüglicher
weise wegführete, und solches vor dem konsistorio
wie recht, ausgeführet, soll nicht allein die ver-
meinte ehe zwischen solchen personen für nichtig
und unbündig erkannt, sondern auch solcher raptor
rechtlich und ernstlich gestraft werden.

Von Schwächung des weibsbildes.
19. Da auch einer eine jungfrau, die ihm
ebenbürtig, auch eines guten gerüchts und ehr-
lichen wandels mit süssen glatten worten, gift
oder gabe zu seinem willen brächte und schwängerte,
soll er dieselbe, obgleich die zusag der ehe nicht
ausgeführt, zu ehelichen schuldig sein, oder in
weigerung dessen, vermöge der rechte gestraft
werden.
20. Würde aber einer beweisen oder mit
seinem körperlichen eide erhalten können, dass
er die geschwängerte person, jungfrau oder wittwe
mit süssen listigen worten zu seinem willen nicht
beredet, viel weniger mit gewalt gezwungen oder
einige vertröstungen der ehe gethan, sondern, dass
sie sich selbst zu ihm genöthiget und zur fleischlichen
vermischung ursach gegeben habe, soll derselbe
zwar der dirne keine eheleistung, zu erhaltung
des kindes aber ein genanntes und dann für die
begangene unzucht dem konsistorio gebührliche
strafe abzulegen schuldig sein.
Von verlöbnissen hinterlassen er wittwen
und schleuniger vollziehung ver-
sprochener ehe.
21. So ein wittwer oder wittwe nach ab-
sterben ihres ehegatten sich wiederum zu verehe-
lichen begehren würden, sollen sie zuvor, ehe
dann solches vorgenommen, ihre trauerzeit ein
halbes jahr aushalten. Die wittwe aber, so
schwangeren leibes verlassen, soll ehe dann sie
ihrer mütterlichen bürde entledigt und die sechs
wochen aus sind, sich nicht verloben , bei ver-
meidung der strafe des konsistorii.
22. Es sollen auch die verlobten personen
mit der wirthschaft einander nicht lange aufziehn,
auch die eltern oder vormund und wem die aus-
richtung der wirthschaft oblieget, dazu nicht ur-
sach geben, sintemahl aus solchen vorschlepp
grosser unrath und gefahr entstehet, sondern sollen
aufs eheste, als immer möglich, die versprochene
ehe ins werk setzen. Würde sichs aber befinden,
dass ein theil das andere ohne erhebliche ursachen
muthwilliger weise aufhalten und gefehren würde,
soll dasselbe durch straf des gefängnisses an-
gehalten, auch nicht ehr, es habe denn zuvor
genugsame caution gethan, die zugesagte ehe in
gewisser zeit zu vollziehen, daraus gelassen werden.
Von zu gelassenen und verbotenen
gradibus, das ist, welche personen zu-
sammen heirathen mögen oder nicht.
Von blutfreundschaft.
1. Alle vermischung zwischen eltern und kindern,
grossvater und grossmutter, kindes kindern und
 
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