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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0152
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Das Herzogthum Preussen.

sofort durchaus, auch zwischen den personen,
welche nur den namen tragen des vaters und der
mutter, der sohn und tochter, auch zwischen stief
eltern und stiefkindern, hat gott ernstlich und
wunderbarlich verboten. Sollen derowegen, bei
verweisung des landes, sich mit einander in kein
ehegelöbniss einlassen. Würden sie aber hiewider
handeln und über das sich auch fleischlich ver-
mischen, sollen sie als abscheuliche blutschänder
beiderseits am leben mit dem schwert gestraft werden.
2. Alle vermischung zwischen brüdern und
schwestern, sie sind gleich von voller oder halber
geburt, oder ausser der ehe vom vater oder mutter
gezeuget, ist gleichergestallt von gott und allen
natürlichen und weltlichen rechten verboten.
3. Alle vermischung im andern grad un-
gleicher linien hat gott ausdrücklich verboten, da
er spricht, du solt deines vaters oder mutter
schwester sohn nicht entblössen. Derwegen soll
keiner seines vaters oder mutter schwester, noch
seines bruders oder schwester tochter zur ehe
nehmen, denn sie sind unserer eltern nächste
blutfreunde und an unserer eltern statt zu ehren.
Und diese regel gilt nicht allein auf bruders und
der schwester tochter, sondern auch auf bruders
und der schwester tochter tochter, also dass der
bruder nicht nehmen soll hinabwärts seines
bruders oder schwester tochter, tochter tochter,
noch die schwester hinabwärts nehmen soll, ihres
bruders oder ihrer schwestern sohns sohns sohn.
4. Gleichergestalt ist ein anderer grad gleicher
linien nach christlicher verordnung der reformirten
kirchen, umb mehrerer zucht und ehre willen zu |
freien verboten, derowegen können noch sollen
zweier brüder oder zweier schwestern oder des
bruders und der schwester kinder einander zur
ehe nicht nehmen, sie sind gleich von ganzer oder
halber geburt.
5. Ebener maassen werden auch die, so ein-
ander im dritten grad ungleicher linien verwandt,
nach gemeiner landesordnung und reformirter
kirchen in Deutschland constitution einander zu
freien nicht zugelassen.
Und sind bisher gemeldete verbotene gradus
aus folgender figur leichtlich zu nehmen.
Vater und mutter

1. (Sohn (Sohn
und Bruder und geschwister. oder
tochter.) tochter.)
| (Der erste verbotene gradus oder glied.) |
2. (Sohns (Sohns
oder Geschwister kinder. oder

toohter-kinder.) tochter-kinder.)
(Der andere verbotene gradus.)
I
3. (Sohns oder tochter kinder kinder.)
(Der dritte verbotene grad, ungleicher linie,
in welchem zu heirathen auch verboten.)

Welche nun wieder solche göttliche und
christliche ordnung handeln werden, sollen um
begangener blutschande am leben gestraft und
nach gelegenheit der fell und verbrechung mit
staupenschlagen des landes verwiesen werden.
Doch sollen hieneben unsere konsistoriales die
gemeine regel in acht nehmen.
In gradibus juris divini prohibetur matri-
monium contrahendum et dirimitur contractum.
In gradibus juris positivi prohibetur contra-
hendum, sed non dirimitur contractum.
Darum kann in diesen gradibus juris positivi
die dispensation aus erheblichen wichtigen ursachen
noch statt haben.
6. Im dritten grad gleicher linien ist bisher
wie auch gemeinlich in anderen christlichen kirchen
und ländern zu freien zugelassen, bei dem es
auch hinfüro bleiben soll. Was auch kaiserliche
und päbstliche rechte de cognatione spirituali, das
ist von der geistlichen verwandtschaft, als da sind
die personen, so miteinander gevatter gestanden,
oder dass einer seine pathe, so er aus der taufe
gehoben, zur ehe nicht nehmen soll, decerniren
und schliessen, weil es in gottes wort nicht ge-
gründet, soll es in unseren landen niemand leiden,
sondern ermeldeten personen, sich zusammen zu
verheirathen, frei gelassen werden.
Von der schwägerschaft in der auf und
absteigenden linien.
Gleichwie in der blutsfreuudsehaft, in der
auf und absteigenden linien durchaus alle ver-
mischung verboten, also und gleichergestallt, ist
auch in der schwägerschaft zwischen stief-eltern
und stief-kindern, soweit man rechnen kann, die
ehe verboten und abscheulich. Denn die in der
aufsteigenden linie gleichergestalt anstatt unserer
lieben eltern, sie wiederum die in der absteigen-
den linie anstatt unserer kinder, sohn und tochter
zu halten, zu ehren und zu lieben sein, wie
solches geistlich, weltlich und natürlich recht
lehret und bezeuget, und gehet dieses gesetz und
ordnung gottes so weit, dass auch die personen,
mit welchen nur verlöbniss geschehen, durch den
zeitlichen tod aber das eheliche beilager ver-
hindert und unvollzogen blieben ist, dennoch wegen
zucht und ehr nicht können noch sollen in den
verbotenen gradibus einander zur ehe nehmen.
Also zum exempel, der sohn soll nicht nehmen
seiner braut mutter, noch seines vaters braut, die
tochter soll nicht nehmen ihrer mutter bräutigam,
noch ihres bräutigams vater, und hinwiederum
sollen auch die eltern nicht nehmen ihrer kinder
verlobte braut oder bräutigam. Item, der bruder
soll nicht nehmen seines verstorbenen bruders
braut, die schwester soll nicht nehmen ihrer ver-
 
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