Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0170
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
152

Das Herzogthum Preussen.

Soldau.
In der Visitation des Jahres 1578 (vgd. oben S. 15) gab der Bischof Wiegand der Stadt
Soldau einen Abschied, aus welchem nach dem Visitationsprotokoll im St.-A. Königsberg,
Fol. 1281 , folgender Auszug hier erstmalig abgedruckt wird. Bemerkenswerth in mehrfacher
Beziehung ist der besondere Abschied für die eingewanderten Böhmen. (Vgl. dazu oben S. 22.)

27. Visitations-
Abschied für die Böhmen.
„Weil die alten Behmen, so aus Böhmen
vertrieben, alle inzwischen verstorben und die
jungen jetzt alle polnisch verstehen, sollen sie
sich alle zur polnischen kirchen halten.“ [Weil
der böhmische Prediger selbst zugiebt, dass er in
der Lehre nicht ganz mit der Kirche des Landes
übereinstimme, soll sich Niemand mehr zur böhmi-
schen Kirche halten, damit kein Schisma ent-
steht ; der böhmische Prediger soll seine Thätig-
keit ganz einstellen.]
Ordnung der predigten.
Es sollen hinforder alle sontage drei predigten
gehalten werden, eine zu morgen frue, die man
deutsch soll predigen und soll darzu leuten um
sechs schlege frue, und um sieben auf die kanzel
steigen, darnach um acht schlege die deutsche
predigt ganz aus sei. Wens acht geschlagen, soll
geleutet werden zur polnischen predigt und nach
den ceremonien soll man um neun schlege die

bschied. 1578.
polnische predigt anfangen, das um zehn aus sei
und sollen pfarrherr und caplan die polnische
predigt einer um den andern thun. Nachmittage
soll man zur vesper und catechismo leuten, nach
zwolf schlege und um ein schlag auf den predig-
stuel steigen, das die catechismuspredigt um zwei
schlege aus sei.
Auf den mittwoch soll der pfarrherr wie ge-
wöhnlich die predigt halten, der capellan aber soll auf
die freitage einen kurzen sermon polnisch thun,
damit die christliche gemeine mit predigten not-
dürftig versorget werde. Man soll auch die
beichte in der kirchen verhören, es were dan,
das jemand von sich selbst in des pfarrherrn oder
caplans haus keine und daselbst beichten und die
absolution holen wollte, so solts ime nicht ab-
geschlagen werden. Es soll auch ein jeder in-
sonderheit verhoret und absolvirt werden, wie
solchs die notturft erfordert.
Die kranken sollen von den predigern fleissig
besucht, unterrichtet und getröstet werden.

Zinten.
Kirchen-Archiv zu Zinten. (Deponirt im Kgl. St.-A. Königsberg.)
Für die Stadt Zinten wurden auf den verschiedenen Visitationen wichtige Anordnungen
getroffen. So findet sich im Kirchenarchive ein Visitationsrezess vom 16. Januar 1543. Diese
Visitation war noch dadurch besonders bemerkenswerth, dass ihr Herzog Albrecht in eigener
Person beiwohnte. Diese Thatsache wurde in dem Rezess der Visitation von 1575 ausdrücklich
hervorgehoben.
Der Visitationsrezess von 1543 betrifft im Wesentlichen nur die Regelung der Ein-
künfte der Kirche und des Pfarrers. Angeordnet wird, dass man sich nach einem guten
Tolken (Dolmetscher für das Polnische) umsehen solle.
Die Visitation von 1575 hielt Bischof Tilemann Hesshusius ab und gab am 27. Mai
einen sehr gründlich gehaltenen Abschied. Vgl. oben S. 13. Aus dem im Kirchenarchiv auf-
bewahrten . von Hesshusius eigenhändig unterschriebenen Visitationsabschiede seien einige Be-
stimmungen mitgetheilt. Nebenbei bemerkt sei, dass des Pfarrherrn Valentin Schulz Sohn als
Diakon in der Gemeinde fungirte.
Über den Visitationsabschied, welcher 1584 für das ganze Amt Balga, zu welchem
Zinten gehörte, erging, vgl. oben S. 16. Für Zinten erging dann noch ein Sonderabschied am
16. Januar 1584, der aber hier nicht abzudrucken ist.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften