Danzig.
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Übrigens sagt derselbe Hirsch, S. 231, dass man als Grundlage des Gottesdienstes bis ins
17. Jahrhundert lediglich eine am 23. Juli 1567 vom Rathe erlassene Kirchenordnung (diese
ist erhalten) benutzt habe; wie konnte da der Rath 1571 die von Hirsch, S. 53, erwähnte
Verordnung treffen. Übrigens galt die Ordnung von 1567 nur für die Marienkirche.
Wir haben als Ergebniss unserer Untersuchung demnach zu betrachten: Im Jahre 1557
gab sich der Rath eine eigene originelle Kirchenordnung, die erste evangelische Danzigs,
unsere Nr. 31.
Diese Ordnung, als deren Verfasser wohl die damaligen Predikanten zu gelten haben,
ist eine recht gemässigte Reformverordnung. Sie ist sowohl qualitativ wie quantitativ nicht
sonderlich bedeutend; immerhin bedeutet sie den Wendepunkt.
Dass man mit dieser Ordnung nicht lange auskommen konnte, liegt auf der Hand.
Aber der Rath hütete sich vor entscheidenden, Aufsehen erregenden Schritten und hat durch
diese ängstliche Politik die Stadt gewiss vor schwerem Schaden bewahrt. Den Geistlichen
und auch der Bürgerschaft ging das alles natürlich nicht schnell genug. Die Bürgerschaft hat
wiederholt den Rath um fortschrittliche Massnahmen ersucht. So finden wir in den Ordnungs-
Rezessen St.-A. Danzig X, 1, Bl. 157, eine Eingabe der Bürgerschaft, etwa vom Jahre 1560.
Ebenda Bl. 312 stehen „Artikel von der dritten Ordnung dem Rathe im November 1565 über-
geben“, in denen der Rath unter Bezugnahme auf eine ähnliche Eingabe von 1565 gebeten wird,
dafür zu sorgen, dass wegen der Predikanten keine Uneinigkeit in der Bürgerschaft einreisse,
und wenn die Lehre der Predikanten recht sei, sie zu schützen; der Rath möge auch zwei weitere
Predikanten annehmen, das Amt der Messe vor dem Hoch-Altar halten lassen (dasbezieht
sich auf die Marienkirche, wo die protestantische Messe nur am Nicolausaltar gehalten wurde),
die Capellen-und Kirchen-Zinsen zu Erhaltung der Predikanten und Schulen verwenden,
auch die Zinsen vom Hospital an das Partikular, darzu sie verordnet seien, wenden,
mehr Lehrer annehmen u. s. w. Eine ähnliche Beschwerung der Schöffen vom 6. November
1565 findet sich Bl. 339. Der Rath antwortete ausweichend (cit. loc. Bl. 343 ff.), er habe das
Seinige gethan, um die Wünsche der Bürgerschaft zu erfüllen, insbesondere wegen des Hoch-
altars und der Abschaffung der Reste des Papstthums, er habe an den König und an den
Bischof geschrieben; die Gemeine müsse sich gedulden.
Inzwischen hatte der Rath im Jahre 1566 Dr. Kittel als „Obersten Prediger“ sämmt-
licher Danziger Kirchen berufen. Wenn neben ihm Weidner und nach ihm Praetorius eben-
falls „oberste Prediger“ genannt werden, so bezieht sich das wohl nur auf ihre Stellung an
der Marienkirche. Jedenfalls übernahmen Kittel und Weidner jetzt die führende Rolle in
kirchlichen Dingen. Das Staats-Archiv Danzig enthält zahlreiche Eingaben, die von beiden
verfasst und unterschrieben sind. Insbesondere beginnen jetzt die Bestrebungen nach einer
Aufzeichnung der in den Kirchen üblichen oder erst einzuführenden Ceremonien.
Wie wir aus einer Eingabe Kittels und Weidners, vom Samstag nach Visitat. Mariae
1568, ersehen, hatte sie der Rath schon 1566 ersucht, „ein kurz gezeugnis, wie es in unserer
kirchen ordentlich möchte gehalten werden, auf Papier zu bringen“; sie hätten dieses auch
geliefert, aber seitdem nichts mehr davon gehört. Jetzt habe sie der Rath aufgefordert,
„etliche furneme gravamina aufzuzeichnen“ und sie entsprächen jetzt dieser Aufforderung. Dieses
Schreiben Kittels und Weidners von 1568 wird in den Katalogen des Stadt-Archivs und der
Stadtbibliothek irreführend als „Kirchenordnung von Kittel 1568“ bezeichnet; es handelt sich
aber nur um Vorschläge und auch nur um recht unbedeutende, auf die übrigens der Rath nicht
weiter eingegangen zu sein scheint. Für das in Danzig geltende Recht ist daraus wenig
zu folgern.
In der Zwischenzeit hatte der Rath wenigstens für die Marienkirche eine Gottesdienst-
ordnung am 23. Juli 1567 erlassen. Zu dieser wichtigsten Kirche Danzigs stand der Rath in
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Übrigens sagt derselbe Hirsch, S. 231, dass man als Grundlage des Gottesdienstes bis ins
17. Jahrhundert lediglich eine am 23. Juli 1567 vom Rathe erlassene Kirchenordnung (diese
ist erhalten) benutzt habe; wie konnte da der Rath 1571 die von Hirsch, S. 53, erwähnte
Verordnung treffen. Übrigens galt die Ordnung von 1567 nur für die Marienkirche.
Wir haben als Ergebniss unserer Untersuchung demnach zu betrachten: Im Jahre 1557
gab sich der Rath eine eigene originelle Kirchenordnung, die erste evangelische Danzigs,
unsere Nr. 31.
Diese Ordnung, als deren Verfasser wohl die damaligen Predikanten zu gelten haben,
ist eine recht gemässigte Reformverordnung. Sie ist sowohl qualitativ wie quantitativ nicht
sonderlich bedeutend; immerhin bedeutet sie den Wendepunkt.
Dass man mit dieser Ordnung nicht lange auskommen konnte, liegt auf der Hand.
Aber der Rath hütete sich vor entscheidenden, Aufsehen erregenden Schritten und hat durch
diese ängstliche Politik die Stadt gewiss vor schwerem Schaden bewahrt. Den Geistlichen
und auch der Bürgerschaft ging das alles natürlich nicht schnell genug. Die Bürgerschaft hat
wiederholt den Rath um fortschrittliche Massnahmen ersucht. So finden wir in den Ordnungs-
Rezessen St.-A. Danzig X, 1, Bl. 157, eine Eingabe der Bürgerschaft, etwa vom Jahre 1560.
Ebenda Bl. 312 stehen „Artikel von der dritten Ordnung dem Rathe im November 1565 über-
geben“, in denen der Rath unter Bezugnahme auf eine ähnliche Eingabe von 1565 gebeten wird,
dafür zu sorgen, dass wegen der Predikanten keine Uneinigkeit in der Bürgerschaft einreisse,
und wenn die Lehre der Predikanten recht sei, sie zu schützen; der Rath möge auch zwei weitere
Predikanten annehmen, das Amt der Messe vor dem Hoch-Altar halten lassen (dasbezieht
sich auf die Marienkirche, wo die protestantische Messe nur am Nicolausaltar gehalten wurde),
die Capellen-und Kirchen-Zinsen zu Erhaltung der Predikanten und Schulen verwenden,
auch die Zinsen vom Hospital an das Partikular, darzu sie verordnet seien, wenden,
mehr Lehrer annehmen u. s. w. Eine ähnliche Beschwerung der Schöffen vom 6. November
1565 findet sich Bl. 339. Der Rath antwortete ausweichend (cit. loc. Bl. 343 ff.), er habe das
Seinige gethan, um die Wünsche der Bürgerschaft zu erfüllen, insbesondere wegen des Hoch-
altars und der Abschaffung der Reste des Papstthums, er habe an den König und an den
Bischof geschrieben; die Gemeine müsse sich gedulden.
Inzwischen hatte der Rath im Jahre 1566 Dr. Kittel als „Obersten Prediger“ sämmt-
licher Danziger Kirchen berufen. Wenn neben ihm Weidner und nach ihm Praetorius eben-
falls „oberste Prediger“ genannt werden, so bezieht sich das wohl nur auf ihre Stellung an
der Marienkirche. Jedenfalls übernahmen Kittel und Weidner jetzt die führende Rolle in
kirchlichen Dingen. Das Staats-Archiv Danzig enthält zahlreiche Eingaben, die von beiden
verfasst und unterschrieben sind. Insbesondere beginnen jetzt die Bestrebungen nach einer
Aufzeichnung der in den Kirchen üblichen oder erst einzuführenden Ceremonien.
Wie wir aus einer Eingabe Kittels und Weidners, vom Samstag nach Visitat. Mariae
1568, ersehen, hatte sie der Rath schon 1566 ersucht, „ein kurz gezeugnis, wie es in unserer
kirchen ordentlich möchte gehalten werden, auf Papier zu bringen“; sie hätten dieses auch
geliefert, aber seitdem nichts mehr davon gehört. Jetzt habe sie der Rath aufgefordert,
„etliche furneme gravamina aufzuzeichnen“ und sie entsprächen jetzt dieser Aufforderung. Dieses
Schreiben Kittels und Weidners von 1568 wird in den Katalogen des Stadt-Archivs und der
Stadtbibliothek irreführend als „Kirchenordnung von Kittel 1568“ bezeichnet; es handelt sich
aber nur um Vorschläge und auch nur um recht unbedeutende, auf die übrigens der Rath nicht
weiter eingegangen zu sein scheint. Für das in Danzig geltende Recht ist daraus wenig
zu folgern.
In der Zwischenzeit hatte der Rath wenigstens für die Marienkirche eine Gottesdienst-
ordnung am 23. Juli 1567 erlassen. Zu dieser wichtigsten Kirche Danzigs stand der Rath in