Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0227
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kirchenordnung für Danzig von 1612.

209

Articulus 29.
Von den stulen und banken in dieser
kirchen
Alle offene stuele, beide der männer und
frauen, sollen jedermann frei sein, und ein ander,
der nach ihn kompt, der soll den, der da sitzet,
nicht heissen aufstehen (additio). Die neuen und
schlossfesten stuele und bänken aber, so auf
christlicher leute bitten und anhalten gebauet,
haben die kirchenväter damit zu disponiren nach
gelegenheit der leute, so ihre sitz begehren darein
zu haben.
Von den epitaphien in der kirchen.
Niemand soll sich unterstehen, irkein epi-
taphium oder gedenkzeichen in der kirchen auf-
zurichten oder anzuhenken ohne vorwissen,
willen und zulass der kirchenväter, die sich der
gelegenheit des epitaphii und ortes oder stelle in
der kirchen bei dem, der darumb anhelt, zu-
erkundigen haben, und da es zulessig befunden,
das dafür auch der kirchen ein gebuerlicher ab-
trag geschehe.
Articulus 30.
Von der predicanten ordnung und
salario.
Es werden von vielen jahren hero allewege
vier predicanten bei dieser kirchen gehalten,
zween, so man die eltesten nennet, und zween,
die man diaconos oder capellane nennet, die beiden
eltesten predigen alle sonntage, der eine die früe
predigt von acht bis neun uhr, der andere zur
vesper, von halb dreien bis halb vieren, und
welcher von den beiden an einem sontage die
früe predigt gehabt, der hat an dem andern son-
tage die vesper predigt und also fort das ganze
Jahr hindurch. Was die grossen feste anlangt,
so mit dreien predigten gehalten werden, und der
eins auf einen sontag gefället, so bleibet es bei
itzt gemehlter ordnung, die andern wochentlichen
tage aber belangent, wen feste einfallen in der
wochen, so haben sie diese ordnung, das der eine
allezeit das ganze jahr hindurch am montag,
dinstag und mitwoch die frühpredigt helt. Wen
aber ein fest auf einen donnerstag, freitag oder
sonnabent einfallet, hat der andere die früepredigt,
und der vorige die vesperpredigt. Ingleichen
auch, wenn kein fest in der wochen einfelt, seind
sie schuldig alter verordnung nach, der eine alle
dienstage. der andere alle donnerstage des morgens
von sieben bis zu 8 uhr eine predigt zuhalten,
und stehet bei ihnen, was sie für einen text aus
Sehling, Kirchenordnungen. IV.

der bibel der gemeine fürtragen und erkleren
wollen.
Auf die drei haubtfeste aber, also weinachten,
ostern und pfingsten, so drei tage lang nach ein
ander gefeiert werden, hat der am ersten tage
die fruhepredigt, dessen tag es ist in der wochen,
und der ander die vesperpredigt. Der ander
aber des folgenden tages die früepredigt und der
erste die vesper, und am dritten tage, welcher
nur mit einer predigt gefeiert wird , gebüeret es
dem ersten wieder zu predigen. Also ist es auch
zuverstehen von den kleinen festen, so in der
wochen einfallen, das nemlich die beiden eltesten
prediger obgemelter weise die früe predigt
halten, damit auch das fest also mit einer predigt
beschlossen wird.
Belangende die beiden capellanen, die haben
diese ordnung, das sie eine woche umb die
andere mit einander wechseln, in der kirche für
dem altar aufzuwarten und mit sacramentreichen
und taufen ihr ampt zu verrichten, und das ein
jeglicher am sonnabent zur vesper seine woche
anfahe, wie das itziger zeit üblich und gebreuch-
lich mit intonirung des siebenzigsten psalms Deus
in adjutorium meum intende et. Nach gesungenen
lateinischen und deutschen psalmen, die lehre
von wahrer busse, wie man recht beichten und
sich zum heiligen abendmahl des herrn bereiten
soll, also wie es alhie gebreuchlich und üblich,
und nicht anders aus dem dazu verordneten büch-
lein ablese, und was dem mehr anhengig, ver-
richte. Welcher nun von beiden seine woche am
sonnabend anfahet, der ist auch schuldig, den
folgenden sonntag die mittagspredigt von 12 uhr
bis eins zu halten. Und soll erstlich das evan-
gelium desselben sontages ablesen, darnach die
fünf haubtstücke christlicher lehre aus dem cate-
chismo Lutheri simpliciter erzehlen und darauf
einen articul aus demselben catechismo, wie er
in der ordnung folget, erkleren, wie das von an-
fang der reinen lehre alhie gebreuchlich gewesen.
Den nechst folgenden montag und freitag hernach
in derselben woche ist er schuldig (wo nicht ein-
fallende festtage verhindern), die frue mette des
morgens auf den slag 1) sechse mit der intonirung
des obgemeldten 70. psalms anzufangen, aber nach
gehaltener lateinischer metten auf dem chor und
eines gesungenen deutschen psalms in der kirchen,
welches sich endet umb halbsieben, soll er ein
capitel aus der bibel, welches zu der zeit in der
ordnung folget, von der canzel ablesen und eine
halbe stunde lang kürzlich erklären.
Auf die grossen feste, welche mit dreien
predigten gehalten werden, haben sie unter sich
beide das ampt für den altar vor und nachmittage

1) schlag.

27
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften