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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0242
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224

Polen. Die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen.

anleitung geben solten, die vornemsten in bier-
zechen sind und gleich andern leichtfertigen leuten
sich halten und ihren stand mehr zum schanddeckel,
als ehre brauchen.
II.
Damit nun solche leichtfertigkeit nicht allein
von den prädicanten, sondern auch von den zu-
hörern nachbleibe, soll herr Sebastian solche un-
tugend und laster strafen, und so es vergeblichen,
der obrigkeit hülfe ersuchen, oder über die alten
kirchen zwänge, so in der ersten kirchen ge-
ordnet, halten, auf dass auch capellanen und das
volk von offentlichen und dergleichen lastern ab-
seh eu hetten.
III.
Dass hierein ein ernst gebrauchet werde, er-
fordert die hohe noht, den man siehet die grosse
sicherheit, dass kein sünde und schande so hoch,
die nicht geübet wird, welchem, wo man nicht
vorkomet, muss gott geursachet werden, uns selbst
aufs schwerste zu strafen.
IV.
Soll demnach der praedicanten vornembstes
stück sein, busse und bekerung zu predigen, auf
zucht und disciplin dringen, nicht dem volk zu
gefallen reden, hoffart und lastern strafen, dazu
dan die obrigkeit eine forderung zu thun schuldig,
im strafen niemands verschonen, noch die vor-
nemsten unbetast lassen, und die geringen allein
fingerzeigen, wie dieses leider gemeiniglich wider-
fehret.
V.
Zu verhüten alle miessgedanken, rotten, zwi-
tracht, so woll unter dem laischen volk, als unter
ihnen selbst, sollen sie der lehre einig sein, nicht
allein hier in der stadt, sondern auch auf dem
lande, darnach ihrer religion nichts mehr zuwider,
den derselben spaltungen.
VI.
Darauf der herr Sebastianus achtung haben
soll, järlichen zweier visitiren und examiniren,
ihre predigten hören, die irrenden unterweisen,
also dass das evangelium ganz geprediget werde.
Und zu mehrerer desselben anleittung könte nicht
schaden, dass der herr den Donnerstags einen
propheten vornehme und ihn also thete auslegen,
damit das volk bekehret und zur busse gebracht werde.
VII.
Was anlanget die ordnung der prediger, so
unter ihnen aufgericht, magc, als viel den Sontag
betrifft, bleiben. Was aber folgende tage herr Johan
im hospital Jesum Syrach auslegete, were nicht

unträglich, den er an dessen stadt den catechismum
in gewönlicher stell des closters mit fleiss predige,
welchem den herr Sebastian mit fleiss bepfelen
soll, sich mit seinem leben der lehr und göttlichem
wort gemess zu verhalten, bei entsetzung des
dienstes. Was vor ergernüss und nachrede hier-
aus entstehet, kann ein ieglicher ehrliebender
leicht abnehmen.
VIII.
Dass zum ofteren wenig zuhörer, wer nötig,
im predigen gewisse stunden zu halten, als nam-
lichen des sontags frühe umb 8, zu mittage umb
12, zur vesper etwa eine halbe stunde nach zwei,
des werkeltages umb 7 uhr, vielleicht wurden die
zuhörer emsiger sein, wegen gewisser stunden und
predigten, die man unablässlich an gewönlichen
tagen halten soll, oder wegen der nicht haltung
von der besoldung abkürzen, so oft ir keine
predigt unterlassen würde, wie gemeiniglich in
vesperpredigten geschicht. Es soll aber keine
predigt über eine stunde verlengert werden.
IX.
»So jemandes unter der predigt oder messen
wesserlei getränk schenket, verkauft, ausschickt,
soll erstlich mit dem turm, darnach mit 10 Pfund
gestrafet werden; dazu sollen der stadt diener
schuldig sein aufzumerken und bei strafe an-
zuzeigen.
X.
Es soll die vorschaffung geschehen von einem
erb. raht, dass, als lange die predigt und amt
der messen gehalten, kein tor, sondern allein die
kleine pforten geöffnet werden, und des sontags
den ganzen tags, des feiertages bis nach der vesper
kein fuhrwerk geschehen, bei verlust der pferde und
was geführet wird.
XI.
Weil des volkes bossheit sehr überhand ge-
nommen und gross leichtfertigkeit in begräbnuss
geschehen wird, were gut, dass man es abschaffete,
und so dan die predicanten von der obrikeit
müssen gehalten werden, sollen sie, da jemandes
von denselben mit tode abginge, eine leicht predigt
thun, und von denen sie im leben gutes empfangen,
nach seinem tödtlichen abgange, als sichs eigent,
willig und dankbar wiederum erzeigen, doch
hiemit der warheit unverziehen.
XII.
Geistliche lieder, so von frommen geistlichen
leuten gemacht, ob sie wol nicht zu verwerfen,
möchten doch billich denselben des s. h. Lutheri
vorgezogen und eben so woll von den knaben auf
der gassen als in der kirchen gesungen werden.
 
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