Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0258
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
240

Polen. Die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen.

alle in der religion mit uns zustimmen, damit
nur der schwachen etlicher massen wahrgenommen
werde. Und weil solche h. feste und feiertage
neben dem gemeinen sabbath und sonntage nicht
zum spatziren, fressen, unzucht, spielen oder
andern üppigen wesen, so den missiggang folget,
sondern um des heiligen göttl. wortes willen
verordnet sind, dass man sich zur kirchen fügen
und alda beidewortund sacramenta, der seelen
speise, gebrauchen und den glauben im herzen
stärken möge, damit man von tage zu tage ie
mehr und mehr den einigen wahren gott, den
vater unsers herrn Jesu Christi durch des h.
geistes licht und bericht kennen und nennen, an-
rufen und ehren lernen; so will warlich denen
seelsorgern, regenten und hausvätern, schulmeistern
und anderen befehltragenden personen gebühren,
dass sie vermöge ihres amtes mit rechtem ernst
und eifer strafen, wahren und verhüten helfen,
alles das, dadurch die unachtsame welt das h.
wort gottes zuversäumen und die h. feiertage zu-
missbrauchen pfleget; dabei sonderlich achtung
zuhaben, dass auch nach mittage die gärten, höfe
und andere zechhäuser nicht sollen aufgethan,
auch die fechtschulen und dergleichen dinge nicht
sollen erlaubet werden, bis die vesper vollendet.
Mit denen sonntagshochzeiten ist wahrlich auch
ein gross bedenken zutragen, den obgleich die
hochzeiten freuden im rechten brauch nicht wieder
gott, sondern seinem wort gemäss sein, wie auch
Christus selbst mit seiner gegenwart zu Cana in
Galilaea und mit dem h. mirakel bezeuget, da-
von der alte lehrer Beda sehr wohl saget und
spricht: Si nuptiis rite celebratis culpa inesset,
nequaquam Christus adesset,
so ist doch leider am tage und unwieder-
sprechlich, dass die sonntagshochzeiten, ob man
gleich daran viel flicket und bessert, dennoch der-
massen angestellet und gehalten werden, dass
durch dieselben nicht nur etlichen wenigen,
sondern sehr vielen leuten ursach gegeben wird,
gottes wort und rechte gottes dienste zuversäumen,
den sabbath des herrn in mancherlei missbräuche
zuwenden, den h. namen gottes greulich zuver-
unehren und damit sowohl als mit andern grossen
hauptlastern den schröcklichen zorn gottes an-
zubrennen und zu allerlei grausamen schweren
plagen über land und leute einzuführen, welches
wahrlich weder regenten noch seelsorger mit
guten gewissen gestatten noch gegen gott ver-
antworten können, sondern sofern sie ihrem amte
treulich nachsetzen wollen, solchen und andern
missbrauchen des h. feiertages durch allerlei ge-
bührliche mittel, weise und wege mit ernste
steuern und wehren sollen. Weil auch die hoch-
zeiten wohl in der wochen auf einen bequemen tag
können angestellet und gehalten werden, und da-

gleich iemand durch die hochzeiten an seinem
tandel und wandel, handwerken oder haushaltung
versäumnis oder schaden besorgte, so kann und
soll doch solches alles obgedachten versäumniss
und schaden des sabbaths gar nicht gleich ge-
schätzet werden, wiewohl gottliebende verständige
regenten den übrigen unkosten und unnötigen
versäumnissen durch gute ordnung wohl begegnen
können. Darumb weil e. ehrb. hochw. rath zu
Thorn aus guten christl. bedenken in obgedachter
meinung mit gutem reifen rath die sonntags-hoch-
zeiten ano 1573 den 22. sonntag nach Trinitatis
abgeschaffet hat, so ist ia billich, recht und lob-
lich , dass sie auch im namen gottes abgeschaffet
sein und bleiben.
Art. 9. Vom heiligen ehestande.
Nach dem gott selbst den h. ehestand dem
menschlichen geschleckte zu gute gestiftet und
eingesetzet hat und will, dass die ehe bei allen
soll ehrlich gehalten werden, darumb er auch
alle zeit in seiner kirchen rechte gesetze vom
ehestand e wieder des teufels und seiner braut
[wohl für „brut“] wüten gegeben, und dabei
gnädiglich und wunderlich erhalten , allerlei ein-
geführte unordnung an vielen landen und leuten
gar wirklich heimgesucht und gestraft hat, so will
warlich allen christl. amtspersonen gebühren, bei
vermeidung des gerechten zorns und strafe gottes,
treulich und fleissig aufzusehen, dass weder den
falschen lehrern, noch den unartigen zuhörern
einige unordnung einzuführen gestattet, sondern
nach höchstem vermögen mit ernste gesteuret und
gewehret werden.
Darumb soll man die leute darzu ver-
mahnen und darob halten, dass die, so sich
auch zusammen verpflichtet haben, sich gute
zeit zuvor, ehe denn sie hochzeit machen, ihren
verordneten seelsorgern und kirchendienern an-
zeigen, von ihren freinden oder andern ehrlichen
leuten zwei oder drei personen mitbringen, von
denen, wie es um die ehestiftung gelegenheit
habe, nach notdurft möge erkündiget werden, die
man darnach mit schand und ärgerniss wider von
einander scheiden müsse. Darauf auch gerichtet
ist die christl. gute ordnung, dass die personen,
so zur ehe greifen wollen , von ihren seelsorgern
aufgeschrieben, ihre namen und zunamen, land
und stadt, auch ihre herrschaft, wo es diener und
dienerin sein, namhaftig gemeldet und in der
kirchen von der canzel offentlich dreimal vor der
hochzeit proclamiret und aufgeboten werden, da-
mit diejenigen , so vielleicht darinnen zusprechen
haben, raum gegeben oder sonsten andern hinder-
nissen gebührlicher weise begegnet werde.
Und da die braut an einem orte, der bräu-
tigam in einem andern kirchspiel wohnhaftig,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften