Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0313
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kirchenordnung für Fraustadt von 1576.

295

zeit und stunde am montag und freitag1) ver- j
richtet werden, ausgenommen wen fest in der
wochen einfallen. Die andern tag * 2) wird der text
der heiligen biblien vom herrn caplan abgelesen |
samt dem gebet.
(a priori mutatur anno 1578.)
IV.
Die offentliche busse oder annehmung ge-
fallener sunder und sunderin wird zum zeugnis
der waren lehr des heiligen evangelii und damit
ein herzlicher abscheu aller laster und dagegen
eine lieb der zucht und reinigkeit in den herzen
der menschen erwecket werde, in dieser kirchen
auch gehalten, also das one dieselbige uberwiesene
personen zum sacrament nicht gehen sollen, sondern
wer offentlich gesundiget, das der auch offentlich |
gestraft und angenommen, mit gotte und der
kirchen versuenet werde. Damit es aber one
zwang, welcher fast misslich, zugehe, wird die
obrigkeit berüchtigte und überzeugte verbrecher,
mann- und weiberbilder ernstlich strafen mit ge-
fengniss, schwerd und verweisung und wird bei
dieser christlichen ehrliebenden gemeine in keiner
erbaren zeche niemand in beharlicher und un-
gebüsster unzucht und schande ergriffen, geduldet
noch befurdert, sondern verweiset und ausgerottet
werden. Im fall aber, das zusag und hoffnung
der besserung an etlichen sich erzeigten, dieselben
auch zur offentlichen kirchenzucht willig sich er-
böten, wird es ihnen widerfaren mit dem bescheid,
das sie versuenung innerhalb vier wochen suchen
und verrichten sollen. Es wird aber dieselbige
kirchenzucht und strafe offentlichen buesser, nach
dem die verbrechungen sein, gelindert und ge-
scherft werden, wie in allen wolbestellten kirchen
eine billiche und rechtmässige ordnung ist. (iam
non legitur3)
Gleichwie auch denen, welche in vier jar
mit beschwerten gewissen und gefahr ihrer selig-
keit aus furcht der harten kirchenstraf in der irre
gehn und ihres verbrechens bein menschen schier
vergessen ist, gnade und linderung widerfaren sol,
wo sies gebuerlicher weise bein predigern suchen
werden. So lange sie aber das auch nicht thuen,
sollen sie als abgeschnittene glieder von der
kirchen gehalten und ihnen aller kirchendienst
versagt sein.

’) Im Statutenbuch f. 306: an montag, mittwoch
u. freitag.
2) Statutenbuch f. 56: Die andern tage aber sol der
text der heiligen bibel von den knaben neben dem ge-
bete abgelesen werden.
3) Das Eingeklammerte fehlt im Statutenbuch.

V.
Das sacrament der heiligen taufe sol ehrlich
gehandelt und mit dreien gevattern verrichtet
werden, von denen man gewiss ist, das sie sich
in annehmung gottes worts und offentlichen ge-
brauch des sacraments als gliedmassen der waren
kirchen erzeiget und derwegen fur den teufling
ihren paten um rechten glauben und vergebung
der sunden fruchtbarlichbeten können.
VI.
Wer sich bei dieser gemeine in ehestand
begeben wil und begeret durch gottes wort und
heiliges gebet eingesegnet und getreuet zu werden,
sol sich acht tage zuvor auf bieten lassen, wie
zwar auch die, so anderswo freien, und aber in
diesem kirchenspiel bewonet1) sein 2).
Doch sind etliche fälle, darinnen man das
auf bieten unterwegen lasset, als wen eine ver-
lassene person nach etlichen jaren sich wider ver-
ehelichen wil, welches dann die obrigkeit um ehr
und gewissens willen rathen oder dienen wird,
weil sie aber durch ordentliche richter nicht ge-
scheiden, auch nichts gründliches von der ver-
laufenen person wissen kan, sihet mans fur rath-
sam an, ärgernis und gefahr zu vermeiden, das
sie one offentlichs geprenge und aufbieten getreuet
werde. Item, wen braut und breutigam der ehren3)
nicht erwarten, sondern durch gericht oder andere
unterhändler zusammen kommen. Sonst aber, wer
sich anderswo wird treuen lassen, sol in der
obrigkeit strafe sein und der kirchen auch durch
offentliche annehmung versuenet werden4 5).
Es5) sollen aber auch diese nachfolgende
furgenommene ehgelübniss bei unser kirchen mit
der treuung nicht bestetiget werden, als nemlich:
I. Die von fremdes herkommen, derer kund-
schaft man nicht hat, ob sie nicht anderswo auch
ehlich sind.
II. Die zur hochzeit lassen bitten, eh sie in
der kirchen sin aufgeboten, damit ihr ehgelübnis
1) Statutenbuch: gewohnet.
2) Hier folgt im Kirchenbuche folgender Zusatz
von 1582, der im Statutenbuche fehlt:
(addita 1582), welche den gewunlich daselbst ge-
treuet werden, wo die braut daheimen ist. Im fall aber,
das sies alhier, gewisser ursache und gelegenheit halben,
begeren wurden, sols ihnen nicht eh widerfaren, bis sie
schriftlich zeugnis bringen von desselben orts pfarrer,
das man wissen muge, das es one einigen anspruch
ganz richtig und ungeferd sei vom rath bestetigt
29. Jan. 1582.
3) Statutenbuch: ehe.
4) Statutenbuch: sein.
5) Das Folgende bis VIII. Letzlich sol allhie u. s. w.
ist ein Zusatz von 1579; er fehlt im Statutenbuche.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften