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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0539
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Kirchenstuhlordnung für Stargard von 1596. — Stettin.

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oder gestadten, das die kirche von privat oder
handwerksleuten an den vornemsten örtern mit
ungätlichen mansgestülten, wie reits zur ungebüer
geschehen, vorbauet werde.
Der frauen banken, wen sie erweislich und
rechtmessig von den provisoribus in vorschinen
oder künftigen zeiten ganz oder nur zum theile
erkauft sein, sollen auch zu erst auf die erben in
absteigender lini komen und nach verfallung einer
person jede derselben erben mit dem vierten
pfennige.des ersten kaufgehles sich einkaufen. Und
weil sich öfters zutregt, das in dem erkauften
stande nicht alle des adquirenten erben zugleich
stehen können, hat man sich mit burgermeister
und rat auf den fall vereiniget, das die eltesten
unter ihnen iedesmal vorgezogen werden sollen.
Wan nu die absteigende lini erloschen ist,
mugen die neheste seitlings verwandte freulichs
geschlechtes (wie oben von den mansgestülten ver-
ordnet ist) wo ferne sie einem extraneo wollen
vorgezogen werden, sich von neuen mit der kirche
abfinden.
Und sollen die structuarii zu mehrer richtig-
keit alle männer und frauen banke mit buchstaben
oder numeris ordentlich zeichnen, daruber eine
besondere vorzeichnus halten, in welcher deutlich
gesetzet werde, wenn ein iede banke, wie tauer,
und auf wie viel personen verkauft sei, auch einer
person mehr den eine banke nicht verkaufen.
Darbei gleichfals die structuarii geruchen
werden, das sie die banken nach gelegenheit der
personen und ihrem stande gemess austheilen.
Auch keine frauen oder jungfrauen, wer die auch
ist, frei sei, ihre megde neben sich zuziehen
und andere ehrliche matronen oder jungfern aus-
zuschliessen.
Wo ferne auch jemand, der nicht in der stadt
heuslich gesessen, banken erkauft oder erbesweise
erlanget hat (wiewol ausserhalb der stadt gesessenen
hinfuro keine sollen verkauft werden), also der-
selben nicht gebraucht, sol zwar seine gerechtig-
keit daran behalten, jedoch schuldig sein, andern

personen, mit vorwissen der vorsteher denselben
stand, so lange er oder seine vorwandten ihn
selbst nicht gebrauchen, auf einen revers ein-
zureumen, und was von ihnen dafur gegeben wird,
der kirche zufliessen.
Die, so ihre eignen kapellen in dieser kirche
haben, mugen die ihrigen darein frei begraben,
auch banken ohne entgeltnus anrichten lassen.
Dargegen sollen sie die kapellen am tache,
fenstern und sonst nicht allein notturftig, sondern
auch zierlich unterhalten. Im fall sie darin
seumig und nachlessig erscheinen, auf der vor-
steher erste, ander und dritte schrifftliche er-
mahnunge auch nichtes dabei thun, sollen sie ihrer
zustehenden gerechtigkeit darmit alsbalt vorlustig
sein, dieselbe an die kirche verfallen, darauf auch
die besserunge solcher kapellen durch die vor-
steher vorgenommen werden.
Dieweil auch in den früe und vesper pre-
digten wenig raumes für die zuhörer, welche als
dan aus der ganzen stadt sich anhero verfügen,
ist derwegen für gut angesehen, das eine par-
kirche an bequemen orte angerichtet werde, stehet
zu den vorstehern, solches furderlichst mit gutem
rathe ins werk zurichten.
Man stellet auch zu ihrem gutachten, ob nicht
die taufe an einen andern ort zusetzen, und auf
der stadt, das sie itzo ist, männergestülte für
vornehme fremde leute oder auch einheimische,
weil der ort zum gehör der predigten wol gelegen
ist, anzurichten sein.
Schluss: Die kirchen hat zwei siegel gehabt;
das silberne ist verloren gegangen; es sind schon
falsche quittungen eingelaufen. Man soll vor-
sichtiger sein, und die quittungen u. s. w. nicht
bloss besiegeln, sondern von allen anwesenden
unterschreiben lassen .
Dat.: Stargard, 17. Februar 1596.
Unterschriften: Jost Bonk.
Christoff Mildewitz.
D. Jacob Faber.

Stettin.
Litteratur: Siehe unter Pommern; Franck, Paulus vom Rode, in Balt. Studien 22,
S. 59 Pf.; Wehrmann, Gesch, der Jacobi-Kirche in Stettin bis zur Reformation, in Balt.
Studien 37, S. 289 ff.; derselbe, Beitr. S. 19, 30, 36 ff.; Programm des Stadtgymnasiums in
Stettin. 1893.
Archive: St.-A. Stettin; Städtisches Archiv Stettin.
Stettin, die zweitgrösste Stadt des Landes, war durch innere Zerwürfnisse (obwohl
unmittelbar unter den Angen des Fürsten und des Bischofs befindlich) für die religiöse Um-
wälzung vorbereitet (Barthold 4, 2, S. 120; Bahlow, a. a. O. S. 10).
Shling, Kirchenordnungen. IV.

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