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Livland.
Welchs christlich ansinnen, wir dann vorlangest
haben angenommen und zu volzihen bewilliget,
wiewol solchs durch mancherlei einfelle verhindert,
und bisher verzogen ist worden.
Nu aber haben wir solchs angegrieffen und
etliche artikel und ordnung hir in schriftlich aufs
kurzest verzeichnet, und wollen ob got wil die-
selbige, zuvor und ehedan sie ganghaftig wird,
mit weitter verklerung und underrichtung, mit
mehrerm bescheid und umstendigkeiten dem volck,
müntlich von der canzel, nach notdurft der sache
anzeigen.
Und wiewol, die rechtschaffenen christen,
ihren gottisdienst innerlich haben, die auch als
Christus Joann. am IIII. sagt, den vater an beten
im geist und in der warheit, welchen (ihrer stercke
nach) gar keine ordnung der eusserlichen cere-
monien, von nöthen, iedoch die weil die christliche
kirche, hie auf erden alzeit, ist als ein hospital
der kranken an der seelen, und der schwachen
alzeit mehr, denn der starcken befunden werden,
dazu so wechst die jugent immer on unterlass
neben den alten auf, der einfeltigen leien ist und
bleipt auch ein grosse zal, alzeit uberal, ihrer viel
noch ungleubig, wiewol nicht ganz verstocket, doch
dem wort gottis noch nicht gehorchen, eins teils
sind frömde, und in den landen wonhaftig, da
gottis wort offentlich zu predigen durch tyrannei
nicht zugelassen wird, die doch hieher in Lieff-
land, ihrer handlung und werbung halben, oftmals
kommen, und abe und zu ziehen, und also fort
an, ubertreten die gebrechlichen gar weit in der
zal die starcken.
Derhalben kan man warlich eusserliche cere-
monien nicht entberen, und muss sie haben der
obgemelten einfeltigen halben, eben sowol als von
anbegin der welt von Adams gezeiten her, die alten
gleubigen, als da sind Adam, Habel, Noach, Abraham,
Isaac, Jacob, Hiob etc. ceremonien und etliche
geberde im eusserlichen gottis dienst gebraucht
haben, das sie dadurch die jugent und die ienigen,
so noch nicht zum erkenntniss gottis kommen waren,
zum wort und glauben und warhaftigen erkenntnis
gottis füren mochten, wiewol der selbigen etliche
missbraucht haben als Cain etc.
Also sein wir christen auch idermenniglich
zu dienen schuldig, das wir viel zu Christo füren
und bringen mögen, und die starcken müssen sich
herunter lassen, und mit den schwachen schwach
werden, wie S. Paulus sagt I Corinth IX. Den
schwachen bin ich worden als ein schwacher, auf
das ich die schwachen gewinne. Ich bin ieder-
mans allerlei worden, auf das ich aller ding ja
etliche selig machte. Solchs aber thu ich um des
evangelions willen, spricht Paulus. Und unser
lieber herr Jesus Christus, da er menschen ziehen
und unterweisen, und ihnen dienen und helfen
wolt, must er mensch werden. Also mussen die
christen auch thun, wolt aber gott, das ihr so viel
starck weren, als ir vielleicht sich des beduncken
lassen, und ihre stercke in andern stücken be-
weiseten, mehr dann in verachtung der ceremonien.
Man darf auch nicht sagen, als sei solchs nur
drei, vier, funf oder sechs jar etc. zuthun, dann
wie zuvor gesagt, es werden schwache und kinder,
einfeltige und ungleubige alzeit bei und um die
christen sein, bis an den jüngesten tag, damit die
starcken und rechtschaffnen christen ihre liebe zu
erzeigen und den schwachen im glauben (auch
den andern so noch nicht gleubig) zu dienen ver-
ursacht werden.
Und zuvor aus wil solchs, den dienern des
worts, so von got wechter und aufschauer gesetzt,
zu thun gebüren, denn eins guten hirten amt er-
fordert, das er aufrichte was kranck ist, und schone
des blöden, das er auch warte und pflege mit fleis
des schwachen, verbinde was verwunt ist, wider-
hole was verirret ist, und suche das verloren ist,
wie Ezech. am XXXVIIII geschrieben stehet. Nu
muss man nicht allein die schwachen ansehen, so
dem wort gottis sich nu untergeben haben, dann
die selbigen lassen sich auch der freiheit halben
wol und gerne unterrichten, sondern muss auch die
andern ansehen, ja viel mehr dieienigen so zwischen
dem bapstum und dem liecht des evangelions noch
zweifelhaftig hangen, der ein mechtige anzal ist,
die aus gewonheit zur predigt gehen, hörens mit
an etc. und können doch von der alten gewonheit
sich so bald nicht geben noch weichen, den muss
man ie noch dienen, wie auch Paulus nach dem
gesetz im tempel zu Hierusalem sich reiniget, kurz
vor seinem letzten gefencknis, da er zu rings um-
her das evangelion den heiden gepredigt hat, und
solt nu bald gen Rom gefüret werden, und Jacobus
samt den andern hatten so eine treffliche lange zeit zu
Hierusalem das evangelion auch gepredigt, er thet
es aber ums evangelions willen, und sahe hirin
mehr an die juden, welche noch nicht gleubig
waren worden zu Hierusalem (das sie sich ie an
der freiheit vom gesetz nicht ergerten und das
evangelion nicht vorachten) dann die heiden und
andere juden, die an die freiheit vom gesetz durchs
evangelion wol wüsten acto. XXI.
Die weil nu alle ceremonien nichts anders
sollen sein, dann eine offentliche reizung zum
evangelion und zum glauben, die auch offentlich,
in der kirchen vor allem volck (darunter man
allerlei der obgenannten gebrechlichen findt) ge-
halten werden, gleich wie auch das wort frei
offenbar gepredigt wird, ists gut das wir uns in
denselbigen eusserlichen geberden, so viel als
müglich ein ander vergleichen und also allerlei
schwachen und frömden so zur predigt kommen etc.
hir in dienen, damit sie nicht abgeschreckt sondern
Livland.
Welchs christlich ansinnen, wir dann vorlangest
haben angenommen und zu volzihen bewilliget,
wiewol solchs durch mancherlei einfelle verhindert,
und bisher verzogen ist worden.
Nu aber haben wir solchs angegrieffen und
etliche artikel und ordnung hir in schriftlich aufs
kurzest verzeichnet, und wollen ob got wil die-
selbige, zuvor und ehedan sie ganghaftig wird,
mit weitter verklerung und underrichtung, mit
mehrerm bescheid und umstendigkeiten dem volck,
müntlich von der canzel, nach notdurft der sache
anzeigen.
Und wiewol, die rechtschaffenen christen,
ihren gottisdienst innerlich haben, die auch als
Christus Joann. am IIII. sagt, den vater an beten
im geist und in der warheit, welchen (ihrer stercke
nach) gar keine ordnung der eusserlichen cere-
monien, von nöthen, iedoch die weil die christliche
kirche, hie auf erden alzeit, ist als ein hospital
der kranken an der seelen, und der schwachen
alzeit mehr, denn der starcken befunden werden,
dazu so wechst die jugent immer on unterlass
neben den alten auf, der einfeltigen leien ist und
bleipt auch ein grosse zal, alzeit uberal, ihrer viel
noch ungleubig, wiewol nicht ganz verstocket, doch
dem wort gottis noch nicht gehorchen, eins teils
sind frömde, und in den landen wonhaftig, da
gottis wort offentlich zu predigen durch tyrannei
nicht zugelassen wird, die doch hieher in Lieff-
land, ihrer handlung und werbung halben, oftmals
kommen, und abe und zu ziehen, und also fort
an, ubertreten die gebrechlichen gar weit in der
zal die starcken.
Derhalben kan man warlich eusserliche cere-
monien nicht entberen, und muss sie haben der
obgemelten einfeltigen halben, eben sowol als von
anbegin der welt von Adams gezeiten her, die alten
gleubigen, als da sind Adam, Habel, Noach, Abraham,
Isaac, Jacob, Hiob etc. ceremonien und etliche
geberde im eusserlichen gottis dienst gebraucht
haben, das sie dadurch die jugent und die ienigen,
so noch nicht zum erkenntniss gottis kommen waren,
zum wort und glauben und warhaftigen erkenntnis
gottis füren mochten, wiewol der selbigen etliche
missbraucht haben als Cain etc.
Also sein wir christen auch idermenniglich
zu dienen schuldig, das wir viel zu Christo füren
und bringen mögen, und die starcken müssen sich
herunter lassen, und mit den schwachen schwach
werden, wie S. Paulus sagt I Corinth IX. Den
schwachen bin ich worden als ein schwacher, auf
das ich die schwachen gewinne. Ich bin ieder-
mans allerlei worden, auf das ich aller ding ja
etliche selig machte. Solchs aber thu ich um des
evangelions willen, spricht Paulus. Und unser
lieber herr Jesus Christus, da er menschen ziehen
und unterweisen, und ihnen dienen und helfen
wolt, must er mensch werden. Also mussen die
christen auch thun, wolt aber gott, das ihr so viel
starck weren, als ir vielleicht sich des beduncken
lassen, und ihre stercke in andern stücken be-
weiseten, mehr dann in verachtung der ceremonien.
Man darf auch nicht sagen, als sei solchs nur
drei, vier, funf oder sechs jar etc. zuthun, dann
wie zuvor gesagt, es werden schwache und kinder,
einfeltige und ungleubige alzeit bei und um die
christen sein, bis an den jüngesten tag, damit die
starcken und rechtschaffnen christen ihre liebe zu
erzeigen und den schwachen im glauben (auch
den andern so noch nicht gleubig) zu dienen ver-
ursacht werden.
Und zuvor aus wil solchs, den dienern des
worts, so von got wechter und aufschauer gesetzt,
zu thun gebüren, denn eins guten hirten amt er-
fordert, das er aufrichte was kranck ist, und schone
des blöden, das er auch warte und pflege mit fleis
des schwachen, verbinde was verwunt ist, wider-
hole was verirret ist, und suche das verloren ist,
wie Ezech. am XXXVIIII geschrieben stehet. Nu
muss man nicht allein die schwachen ansehen, so
dem wort gottis sich nu untergeben haben, dann
die selbigen lassen sich auch der freiheit halben
wol und gerne unterrichten, sondern muss auch die
andern ansehen, ja viel mehr dieienigen so zwischen
dem bapstum und dem liecht des evangelions noch
zweifelhaftig hangen, der ein mechtige anzal ist,
die aus gewonheit zur predigt gehen, hörens mit
an etc. und können doch von der alten gewonheit
sich so bald nicht geben noch weichen, den muss
man ie noch dienen, wie auch Paulus nach dem
gesetz im tempel zu Hierusalem sich reiniget, kurz
vor seinem letzten gefencknis, da er zu rings um-
her das evangelion den heiden gepredigt hat, und
solt nu bald gen Rom gefüret werden, und Jacobus
samt den andern hatten so eine treffliche lange zeit zu
Hierusalem das evangelion auch gepredigt, er thet
es aber ums evangelions willen, und sahe hirin
mehr an die juden, welche noch nicht gleubig
waren worden zu Hierusalem (das sie sich ie an
der freiheit vom gesetz nicht ergerten und das
evangelion nicht vorachten) dann die heiden und
andere juden, die an die freiheit vom gesetz durchs
evangelion wol wüsten acto. XXI.
Die weil nu alle ceremonien nichts anders
sollen sein, dann eine offentliche reizung zum
evangelion und zum glauben, die auch offentlich,
in der kirchen vor allem volck (darunter man
allerlei der obgenannten gebrechlichen findt) ge-
halten werden, gleich wie auch das wort frei
offenbar gepredigt wird, ists gut das wir uns in
denselbigen eusserlichen geberden, so viel als
müglich ein ander vergleichen und also allerlei
schwachen und frömden so zur predigt kommen etc.
hir in dienen, damit sie nicht abgeschreckt sondern