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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0101
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Kurländische Kirchenordnung von 1570.

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10. Inobedientiae et contemptus poena. Das
ein jeder getaufter und gleubiger mensch gottes
zorn in dieser gnaden zeit unser besuchung ver-
meiden, und am jüngsten tage nicht die schreck-
liche gerichts sententz hören und ihre execution
leiden müsse: Quorum retinueritis sive non re-
miseritis peccata, erunt retenta, Wem ihr nicht
die sünde vergebet oder erlasset, dem sollen sie
unvergeben und unerlassen bleiben, Johannis 20.
11. Exempla, aller heiligen exempel, Job. 13.
Vias meas in conspectu eius arguam, Meine wege
wil ich für ihm strafen. David psalm. 32., 38., 51.,
Manasse 2., Paralip. 33., des zölners Lucae 18.
12. Harmonia publici status et ecclesiae con-
sensus. Die gleichförmige, einhellige consent,
volborth und brüderliche eintracht der frommen,
gottfürchtigen christen, die David rühmet im
133. psalm, das es fein und christlich sei, wenn
brüder eins sein, die kirchen einmütig ohne alle
ergernus ihrem nechsten zu gute zieren, bauen,
erweitern und vermehren.
Den diese ursache zu beichten und die ab-
solution zu entfangen nicht bewegen, des ver-
stockung wolte sich gott erbarmen.
Wenn aus diesen angezeigten ursachen jemand
bewogen und zur beicht gereizet wird, den sol der
pastor verhören, auf sein person fleissig acht
geben und ihnen nach allen umstenden mit leren
und unterrichten, mit trösten, vermanen und
strafen wissen zubegegenen, und nach notturftiger
gebür in die füge fallen.
Die unerfarne, unwissende und noch zum
theil unverstendige, junge und alte, unter deut-
schen und undeutschen, sollen fleissig für ersten
um ihres unverstandes willen gestrafet, und dar-
nach im heiligen catechismo examinirt, und von
der waren christlichen buss, sonderlich aber von
der wirdigen bereitung zum sacrament und von
desselbigen fruchtbarlicher geniessung unterwiesen
werden, das sie guten verstendigen bescheit davon,
und so viel müglich, von den andern artickeln
göttlicher schritt haben, bevorab das sie wissen:
1. Was sünde sei?
2. Wie die aus dem gesetze zuerkennen?
3. Wie sie gott zu beichten und zubekennen.
4. Wie sie bereuet werden müssen, sich
herzgründlich mit gutem fürsatz eines neuen ge-
hörsams und christlichen lebens davon zubekeren ?
5. Wie man der sünde los und davon ent-
ledigt werde? Aus lauter gnadenreichen barm-
herzigkeit gottes, des almechtigen himlischen
vaters, um des gehorsams und gnugthuns willen
seines einigen sohns, unsers herrn und heilandes
Jesu Christi, durch sonderliche tröstliche mit-
wirkung gottes des wirdigen heiligen geistes, der
in uns durch den glauben solch vertrauen an gott
entzündet und wirket, das wir uns alzeit des

heilandes Christi und seines vollenkommen gnug-
thuns bestendigen vertrösten können, nach aus-
weisung des tröstlichen evangelii, und der haubt-
artikeln unsers christlichen glaubens.
Wasserlei mittel gott gebrauche zu vergebung
unser sünde und gerechtigkeit ? nemblich diese
beiderlei, die busspredigt des gesetzes, aus welcher
die sünde erkant wird, und die trostpredigt des
evangelii, daran wir feste gleuben sollen. Darnach
die heiligen hochwirdigen sacramente, die wir mit
gleubiger und demütiger andacht geniessen müssen.
7. Wie viel der sacramenten des neuen testa-
ments ?
8. Wie man sich der sacramente, sonderlich
der taufe allerseits trösten, der absolution ge-
brauchen und das abentmal des warhaftigen leibs
und bluts des herrn Christi geniessen kan ? Nach
dem evangelischen verstande und kurzen unter-
richt des catechismi wider alle corruptelen der
schwermer und sacramentschender.
9. Wie sie den neuen gehorsam anfangen
und ein jeder in seinem beruf verbringen muss.
10. Wie man im glauben und leben be-
stendiglich verharren, des glaubens ende, nemlich
die seligkeit, 1. Pet. 1., und die krone der ehren,
1. Pet. 5., 2. Timot. 4. erlangen müge.
Dieser artickel ordnung sol nach gelegenheit
der beichtkinder gehalten, und die fürnemste lehr
des gesetzes und evangelii, so viel immer müglich
und nötig, auf das kürzeste durchaus verhandelt
werden, sonderlich um der armen undeutschen
willen, die gar wenig wissen, was sünde ist.
Folgen fünf einfeltige frage, vor die-
jenigen, so zum sacramente gehen
wollen, in der beicht nicht zu vergessen.
Die erste frage.
Was ist das sacrament des altars ?
Antwort.
Es ist der wahre leib und blut unsers herrn
Jesu Christi, unter dem brote und weine uns
christen zu essen und zu trinken von Christo
selber eingesetzet.
Die ander frage.
Wie lauten die wort solcher einsatzung?
Antwort.
So schreiben die heiligen evangelisten Mat-
thäus, Marcus, Lucas und S. Paulus:
Unser herr Jesus Christus in der nacht, als er
verrathen ward, nam er das brot, dankete, brachs
und gab es seinen jüngern und sprach: Nemet
hin und esset, das ist mein leib, der für euch ge-
geben wird, solchs thut zu meiner gedechtnus.
 
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