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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0109
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Kurländische Kirchenordnung von 1570.

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und wolthaten gottes des herrn demütig rühmen
und gehorsamlich preisen.
Zu solcher christlicher warhaftigen danksagung
gehören viererlei fürnemliche schöne tugende.
I. Agnitio alieni meriti, die erkentnus gött-
licher unverdienter wolthetigkeit nach dem exempel
des heiligen patriarchen Jacob Gene. 23., da er
also redet: Minor sum cunctis miserationibus tuis
et veritate tua, quam explevisti servo tuo, Ich
bin viel zu gering aller barmherzigkeit und aller
treu, die du an deinem knechte gethan hast. Und
David psalm. 144.: Domine quid est homo, quod
agnoscis et filius hominis quod reputas eum ? Herr,
was ist denn der mensch, das du dich seiner so
annimst, und der menschen kind, das du ihn so
hoch achtest?
II. Humilitas animi, die christliche, herz-
grüntliche demuth, davon Petrus 1. cap. 5.: So
demütiget euch nun unter die gewaltige hand
gottes, nach dem exempel Mariae, Lucae 1. in
ihrem magnificat, diese tugent auf das andechtigste
preisen.
III. Oris confessio et alieni beneficii praedi-
catio, des mundes bekentnus, denn wes das herz
vol ist, des sol der mund ubergehen, Matth. 12.,
wie denn Christus Matth. 10., David psalm 116.,
Paulus Roma 10., die dankbarliche bekentnus des
mundes fürdern.
IIII. Reverentia externorum gestuum et non
simulata laudis sacrificia, die eusserliche reverenz
und ehrerbietung des gleubigen herzen und ge-
horsam dankbarliehen gemüts gegen die erste und
andere tafel.
Von solcher, waren, christlichen erkendlichen
und demütigen dankbarkeit saget der königliche
propheta und psalmista David in vielen psalmen:
Confitemini domino, Danket dem herrn, denn er
ist freundlich und seine güte wehret ewiglich, dar
das wörtlein confitemini nicht eine schlechte, sonder
eine erkentliche danksagung bedeutet.
Desgleichen psalm. 9. und 111., Confitebor
domino toto corde, Ich danke dem herrn von
ganzem herzen. Quod in hanc sententiam inter-
praetatur Lutherus: Confiteri toto corde est neque
in prosperis seipsum iactare, neque in adversis
contra deum fremere, sed utrobique aequabilem esse
in vera et non simulata lande dei, dem herrn
danken von ganzem herzen ist unerschrocken, und
ganz unverzaget, zugleich in lieb und leid, in
trübsal so wol als in freuden, gottes lob rühmen
und preisen, als Job thut. Und der liebe pro-
phet selbst bezeuget psalm. 116.: Quid retribuam
domino pro omnibus beneticiis erga me, calicem
salutarem accipiam et nomen domini invocabo, wie
sol ich dem herrn vergelten alle seine wolthat,
die er mir thut?

Ich wil den heilsamen kelch nemen und des
herrn namen predigen.
Das seind die rechten opera confessionis und
laudis sacrificia, die rechten dankopfer, darzu sich
ein jeder christ gottseligen gewehnen sol, das wir
mit dem heiligen propheten Osea sprechen können:
Ach herr, vergib uns unsere sünde, und thu uns
wol, so wollen wir opfern die farren unser lippen.
Ebr. 13: Offeramus fructus labiorum, confitentium
nomini eius.
Diese lehr vom christlichem gebete und war-
haftiger dankbarkeit sollen die prediger göttlichs
worts, nicht weniger als die andern hauptstücke
der heiligen schrift, alzeit fleissigen in der pre-
digte treiben, verhandlen und den zuhöreren für-
bilden, sich gehorsamlich darnach zurichten.
Welchs das es ohne unterlas beide von pre-
digern und zuhörern in der christenheit, so wol
als in den kirchen dieser lande zum ewigen preise
göttlichs namens und unser seligkeit geschehen
müge, so verleihe uns darzu der barmherziger gott
um seines geliebten sohns, unsers einigen mitlers,
fürsprechers und seligmachers willen, durch sonder-
liche mitwirkung, hülf und beistand gottes des
heiligen geistes, seinen segen gelobet und ge-
preiset in der gemeine, die in Christo Jesu ist zu
allerzeit, von ewigkeit zu ewigkeit, amen.
Das neunde theil, ist der pauren disci-
plina, damit sie nolentes, volentes zum
gottesdienst müssen gehalten werden.
Es ist nicht gnug, die ceremonien zu ordnen,
sondern, das sie eintrechtig gehalten und aller-
seits gebrauchet werden, daran wil nicht wenig-
gelegen sein, darum raus in diesen weiten landen
und wüsten örtern, ja auch in der grossen barbarei
des wilden, ungeheuren, unberichteten und um
geschicketen undeutschen volks, zugleich vou pre-
digern und obrigkeit, der gemeine paursman, mit
einer christlichen disciplin, zwangsweise, allezeit
zum gehorsam, den sie gotte und der kirchen
schüldig, ernstlich bis sie in die gewonheit und
den gebrauch gebracht, gehalten werden.
Die disciplin aber sol nicht zur tyrannei,
beschindung oder peinigung der armut verkeret
und verwandelt werden, sonder sie sol sein und
bleiben ein heilsam nütz und hochnötig, dazu
christlich compelle intrare, davon Christus Lucae 14.,
des sich die prediger nach ihres amts gebür mit
dem worte und gesetz predigen, befleissigen
müssen.
Die obrigkeit aber sol eines jedern kirchspils
pfarleute unterscheidlich theilen und quartieren
lassen, auch sonderliche gottfürchtige menner von
den eltisten rechtfindern oder freien dazu be-
stellen, die beide nach sontags und werkeltagen
 
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