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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0223
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Kirchenordnung von 1552.

207

So sage der pfarherr also.
Lieber freund, weissestu auch die zehen gebot,
und was gott in den selbigen von allen menschen
fodert, das sie thun und lassen sollen?
Antwortet das beichtkind.
Nein herr, ich kan ir leider nicht (wie denn
unterm bapstum wenig pfaffen, der armen leien
zu geschweigen, die zehen gebot können).
So sage der beichtvater ferner.
Lieber freund, weil du die zehen gebot nicht
weissest, so ists gewis, das du sie viel weniger
gehalten hast, solchs aber ist die aller grösseste
sünde, die ein mensch thun mag, so gar nichts
nach gott fragen, das du zwenzig, dreissig oder
vierzig etc. jar dahin gehest, gebrauchest teglich
so vieler gottes gaben und güter, und lessest dir
geben leib, seele, sinne, vernunft, essen, trinken,
und alle notdurft, ja lesset dir seinen lieben son
dienen, mit seinem leiden und tod, zu deiner er-
lösung und selikeit, lessest dir davon alle tag
predigen, und gehest gleichwol so dahin, das du
nicht ein mal denkest noch darnach fragest, was
du doch dem lieben barmherzigen gott zu lob,
dank und dienst für solche grosse und manch-
feltige wolthat auch schuldig und pflichtig seiest,
denn da mus gewislich der teufel allen seinen
willen haben, und dein herz, das so gar nichts
von gott weis noch lernen wil, mit gewalt treiben
und reissen, imerdar von einer sünde zu der
andern, darum denke, wenn du itzund sterben
soltest, das du solche greuliche verachtung gottes
und seines heiligen worts, vor seinem gestrengen
gericht gewislich nimermehr würdest verantworten
können, sondern müssest darinnen verzweiveln
und ewiglich verloren sein.
Und weil dir aber unser lieber gott dein
leben fristet, so denke, das du dir solch greuliche
sünde lassest herzlich leid sein, bittest gott um
vergebung und gnade, thust deinen vleis auch
dabei, sein heiliges wort und evangelium mit ernst
und andacht zuhören und lernen, darnach auch
zu leben und from zu sein etc.
Auf solche weise (sage ich) mus man die, so
von gottes wort gar nichts wissen, und in einem
so gar bösem rohen leben hingangen sein, er-
innern , wenn sie zur beicht komen, damit sie
auch zu erkentnis irer sünden gebracht werden,
und in inen das gewissen erweckt werde, denn
wo die sünde nicht erkant, und das gewissen nicht
gerüret wird, da achtet man auch Christum nichts,
denket nicht, das das evangelium ein solch teuer
edler schatz, ein solch selig gnadenwort alles
heils, und ein solch (wie es Paulus nennet) ge-
wisser, reicher, ewiger trost sei, auch mitten
im tode.

Wenn aber den leuten ire sünde der massen
offenbaret seien, oder sonst on sonderliche er-
innerung des beichtvaters für sich selbst komen,
und sich für arme sünder bekennen, und aus
gottes wort unterricht und trost begeren, damit
sie der sünden los werden mügen , die sol man
ungefehrlich auf solche weise unterrichten und
trösten.
Lieber freund, das du dich so für ein armen
sünder erkennest, das ist gut, und ein gewisses
zeichen, das du noch ein gnedigen gott hast, denn
wo man die sünde nicht erkennet, kein reu noch
leid darüber hat, das ist ein bös zeichen, und zu
besorgen, das der tenfel die herzen gar besessen
und verstockt habe, darum soltu es gewislich dafür
halten, das du deine sünde also erkennest, dar-
über reu und leid hast, und derselbigen los zu
werden begerest, solches sei ein sonderlich grosse
gnade gottes und werk des heiligen geistes, dafür
du gott dem herrn zu danken schuldig bist.
Viel mehr aber soltu gott dem herrn dafür
danken, das er dich in deinen sünden reu und
leid nicht gar verzweiveln lesst, sonder dir so
gnedig ist, das er dich leret, bei seinem heiligen
evangelio um seines sons Jesu Christi willen trost
und vergebung suchen.
Uff das du aber solcher gnaden so viel deste
gewisser und sicherer sein magst, wil ich dir auch
das wort der absolution mitteilen, dadurch die
gnade, so sonst durch die öffentliche predigt des
evangelii aller welt in gemein gepredigt wird,
dir für deine person in sonderheit verheissen, und
diese stunde gegeben wird. Und mein lieber
freund, dis wort der absolution, so ich uff gottes
verheissung dir mitteile, soltu achten, als ob dir
gott durch ein stimme vom himel gnade und ver-
gebung deiner sünde zusaget, und solt gott herz-
lich danken, der solchen gewalt der kirchen und
den christen uff erden gegeben hat.
Forma der absolution.
Der allmechtig gott und vater unsers herrn
Jesu Christi wil dir gnedig und barmherzig sein,
und wil dir alle deine sünde vergeben, um des
willen, das sein lieber son Jesus Christus dafür
gelidden hat und gestorben ist, und im namen
desselbigen unsers herrn Jesu Christi, uff seinen
befehl und in kraft seiner wort, da er sagt,
welchen ir die sünde erlasset, den sind sie er-
lassen etc. spreche ich dich aller deiner sünden
frei, ledig und los, das sie dir allzumal sollen
vergeben sein, so reichlich und volkomen, als
Jesus Christus dasselbige durch sein leiden und
sterben verdienet, und durchs evangelium in alle
welt zu predigen befohlen.
Und dieser tröstlichen zusage, die ich dir itzt
im namen des herrn Christi gethan, der wollest
 
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