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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0268
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252

Mecklenburg.

selbigen auch forthin gnädiglich erhalten, schützen
und handhaben, jedoch dass solche jungfrau closter
von allen päbstlichen irthümern, missbrauchen,
abgöttereien und gotteslästerischen gesängen und
abergläubischen ceremonien nach gottes word ge-
reiniget und entfreiet und mit wahrhaftiger christ-
licher lehre und rechten in gottes word ge-
gründeten gottesdiensten und nützlichen gott-
gefälligen christlichen ceremonien und exercitiis
nach der ersten form und stiftung der christlichen
jungfrauclöster geordnet, angerichtet und gehalten
werden.
Erste form der jungfrauencloster.
Denn anfänglichen die jungfrauen clöster
nichtes anders, als christliche schulen und zucht-
häuser der jungfrauen gewesen, darin sie unter
der lehre und zucht einer gottsfürchtigen und ver-
ständigen domina zu wahrer erkänntniss und furcht
gottes zu täglichem gebet, zu gehorsam, zucht,
messigkeit, demuht und allerlei arbeit, so in der
haushaltung mit kochen, neien, spinnen, kinder
zu gottes furcht und guten sitten zu gewehnen
nötig, treulich und fleissig unterweiset und uff-
erzogen sind, damit sie nachmals gleicher gestalt
auch kinder lehren und uffziehen könten, wie sie
durch gottes gnade gelehret und in der zucht ge-
halten worden. Und dieweil kein christliche
unterweisung und zucht bestehen kann, wo nicht
gehorsam ist, haben die jungfrauen, so erstlich in
die clöster genommen, der domina oder abbatissin,
diese drei gelübde thun müssen: dass sie, solange
sie im closter lebten, der domina mit willigem
demütigem herzen und allen äusserlichen thun
und lassen gehorsam sein, keusch und züchtig,
mit herzen, worten und werken und äusserlichen
geberden sich erzeigen und allen pracht und über-
fluss an speise und kleidung willig fahren lassen,
und ob sie schon fürstinnen, edlen oder sonst
hohen standes wären, mit des closters armuht, ge-
ringer speise und kleidung, gleich den andern
jungfrauen fürlieb und gut nehmen wollten. Der-
halben sie auch , uff dass keine die andern des-
halben verachten möchte, alleine in eine farbe
und uff einerlei form und weise gekleidet sein.
Es ist auch, wie mit den kleidern, also mit der
speise, ein gleichmessige und bequeme hausord-
nung gemacht, was man für alle zugleich uff jede
tage in der wochen für vorkost, fleisch oder fisch
speisen solte, aus welcher hausordnung hernach
durch unverstand und aberglauben ein stück der
kirchenordnung und des gottesdienstes gemachet
ist, als ob es ein sonderlich gottesdienst wäre, uff
bestimmte tage fisch und nicht fleisch essen und
eine grosse sünde wäre, die speiss uff solchen
tag wechseln. Fürnemlich aber sind zur pflanzung

warer erkäntniss, furcht und anrufung gottes
in den jungfrauen , welcher der grund und ur-
sprung aller christlichen zucht und unterweisung
ist, tägliche lectiones der h. schrift und sonder-
lich des psalters geordnet, darin als in einem
kurzen auszug (enchiridio) und kern der ganzen
bibel alle nohtwendige lehr und trost, gesetz und
strafe der sünden, verheissunge von Christo und
seinem reich, vermahnung zum glauben und guten
werken, gebet in allerlei nöhten, danksagungen etc.
begriffen sind. Damit ein jeder christ, nachdem
er ein beruf, noht und anligen hat, gewisse und
dienstliche lehr, unterweisung und trost daraus
nehmen und die fürgeschriebene wort, so sich auf
sein anligen reimen, in seinem gebet, klagen und
danksagung gebrauchen möchte.
Deformatio monasteriorum. Einge-
schlichene missbräuche in clöstern.
Wiewol nun diese erste, closterordnung und
christliches fürnehmen der ersten stifter, welche
nicht anders als rechte erkäntniss und dienst gottes
und christliche zuchtlehr und unterweisung der
jungfrauen zur gottesfurcht und gebührenden arbeit
und haushaltung damit gesucht haben, christlich
und wolgemeint, auch an ihm selbst recht und
loblich ist; so müssen doch alle gottselige und
verständige in diesem herrlichen licht des evan-
gelii bekennen, dass solche ordnung nun etliche
hundert jahr mit mancherlei falschen aberglaubi-
schen missbräuchen, irthümern und abgöttereien
ist beflecket und ganz verkehret worden. Als
dass die mönche und closterjungfrauen mit ihren
gelübden, gehorsam, keuschheit und williger armuht,
mit ihrem singen und anderm zum mehrer theil
ohne gottes word aus lauter menschlicher andacht,
erwehlten werken, vergebung der sünden und
ewige seligkeit verdienen, nicht allein für sich
selbst, sondern auch für ihre freunde, vater,
mutter, brüdern, schwestern und andern leben-
digen und todten, denen sie ihre gute werke mit-
theilen und verkaufen, wie aus allen fundationibus
und begiftigungen der clöster offenbar ist, dass auf
diese meinung die meisten clöster innerhalb vier-
hundert jahren gestiftet und mit reichen ein-
kommen begabet und das ganze closterleben im
pabstthum gegründet ist. Da doch gottes word
und unser christlicher catholischer glaube lehret,
dass wir vergebung der sünden allein um des
einigen unsers herren und seligmachers Jesu
Christi willen, nicht aus verdienst eigener werke,
sondern allein durch den glauben an Christum
aus lauter gnade erlangen, gerecht und selig
werden und von selbst erwehlten menschenwerken
ausdrücklich gesaget wird: vergeblich dienen sie
mir mit menschen geboten.
 
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