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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0276
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Mecklenburg.

einkommen begabet sein, dass gott und der christ-
lichen gemeine darin gedienet und dass es zucht-
häuser oder gottselige schulen wären, darin christ-
licher leute töchter und jungfrauen in wahrer
erkäntniss und anrufung gottes zu aller zucht und
ehrbarkeit und nötiger hausarbeit uferzogen und
unterweiset und arme gebrechliche jungfrauen vom
adel und andere, so zum ehestand nicht tüchtig, oder
sonsten durch sonderliche gaben gottes im stande
der jungfrauschaft gedächten zu bleiben, in clöstern
als in hospitalen ihre unterhaltung hätten; als ordnen
und befehlen die durchläuchtigen hochgebornen
fürsten und herren, herr Johanns Albrecht und
herr Ulrich, gebrüder, herzogen zu Mecklenburg
etc., dass in einen jeden jungfraucloster ein maid-
leinschul angerichtet werde, also dass die domina
eine gewisse anzahl junger jungfrauen vom adel
und andern annehmen, und eine bestimte anzahl
jahr darin uferziehen und entweder selbst oder
durch andere geschickte, züchtige und fleissige
matronas oder alte jungfrauen lehren und unter-
richten soll lassen, also, dass sie da lehren lesen,
schreiben, predigt hören, den catechismum sprechen,
neien, spinnen, knütten, weben, wirken, mit den
Ziffern und pfennigen rechnen etc. und zum täg-
lichen gebet gehalten werden, mit solcher unter-
weisung, dass sie rechten verstand der ganzen
christlichen lehre erlangen und sich zu rechter
anrufung gottes und allen tugenden gewöhnen.
Wo nun closterjungfrauen sind, welche wol
lesen, schreiben, neien und andere dergleichen
jungfrauenarbeit können und zu solcher unterweisung
der kinder nützlich mögen gebraucht werden,
sollen derselben eine oder zwo zu schulmeisterinnen
von der domina verordnet werden. Wo sie im
closter nicht sind, soll sonst ein geschickte züchtige
matron oder jungfrau darzu bestellet und mit ge-
bührlicher zimlicher unterhaltung vom closter ver-
sorget werden. Die schulmeisterinn soll täglich
vier stunden zu unterweisung der jungen meidlein
gebrauchen, also dass sie morgens, wen in dem
chor ausgesungen oder die predigt geendiget, ohn-
gefehrlich gegen acht uhr in der schulen zu-
sammen kommen. Da erstlich das veni sancte
spiritus teutsch oder das vater unser im himmel-
reich von allen sämtlich soll gesungen werden.
Darnach soll die schulmeisterin etliche von den
kleinsten meidlein die zehen gebot, artikel des
christlichen glaubens, das vater unser, die worte
der taufe aufsagen lassen und die kinder ge-
wehnen, dass sie fein laut, deutlich und langsam
ausreden. Die grossen meidlein sollen neben
den worten der zehen gebot, glaubens etc. auch
die auslegung aus dem kleinen catechismo Lutheri
erzehlen, und soll kein anderer, den allein
D. Lutheri catechismus in der schule gebrauchet
werden. Nach dem gebet und catechismo soll die

schulmeisterin jedes meidlein sein fürgebene lection
im buchstabiren oder lesen aufsagen lassen und
sie gewehnen, dass sie die buchstaben recht aus-
drücken und fein langsam und unterschiedlich
lesen lernen. Darzu sollen erstlich die kleine
teutschen bieblein oder fibeln und darnach die ge-
wöhnlichen evangelia, gesangbüchlein, Jesus Syrach,
psalter und das neue testament gebrauchet werden.
Wen sie nun zimlich lesen können, sollen sie
auch zum schreiben gewehnet werden , also dass
ihnen gute, lange, schöne buchstaben fürgemahlet
und die hand so lang geführet werde, bis sie
dieselbigen nachmachen und in sillaben und
ganzen wörter zusammen setzen lernen. Diesen
schreiberinnen soll alle tage ein kurzer und nütz-
licher spruch fürgegeben werden , den sie etliche
mal nachschreiben und zugleich auswendig lernen,
als: Die furcht gottes ist der weisheit anfang;
Lasset die kindlein zu mir kommen und wehret
ihnen nicht, den solcher ist das himmelreich;
Kommet her kinder, höret mir zu, ich will euch
die furcht des herrn lehren; Selig sind die gottes
word hören und bewahren; Jesus Christus ist in
die welt kommen, die sünder selig zu machen;
Also hat gott die welt, geliebet etc. Welche nun
ziemlich lesen und schreiben können, oder auch
vor dem schreiben, die sollen im neien, knütten
und dergleichen arbeit unterwiesen werden , und
doch das lesen und schreiben täglich mit üben
und etliche schöne psalmen als den 103., 34.,
133., 51., 127 etc. auswendig lernen.
Andere, so nu etwas erwachsen, sollen neben
dem lesen und neien zu gewissen stunden mit in
der küchen oder garten arbeiten. Etliche weben,
wirken, sticken etc., wie solches nach gelegenheit
der kinder und anderer ümständen von einer ver-
ständigen lehrmeisterin in der erfahrung selbst
viel bequemer, den in solchen schriften kann ver-
ordnet und verrichtet werden.
So auch etliche jungfrauen zu der lateinischen
sprache lust hetten und ein tüchtige schulmeisterin
darzu hetten, soll denselbigen mit raht des super-
intendenten eine leichte, nützliche ordnung der
unterweisung in lateinischer sprache samt etlichen
büchlein, so zum anfang am nützlichsten dienen,
zugestellet werden. Wen die meidlein balt üm
zehen schleg wider aus der schule gelassen werden,
sollen sie vorher einen christlichen psalmen aus
dem teutschen gesangbüchlein Lutheri, der sich auf
die zeit reimet, als auf weinacht: Gelobet seistu,
Jesu Christ. Christum wir sollen loben schon.
Vom himmel hoch da komm ich her. Der tag
ist nun so freudenreich etc. Uf ostern: Christus
lag in todesbanden. Jesus Christus, unser heiland
etc, Uf pfingsten: Komm heiliger geist. Nun
bitten wir den heiligen geist etc. mit einander
singen. Über tisch sollen die jungen jungfräulein
 
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