Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0432
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
416

Das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln.

Das gesetze sollen sie fleissig und getreulich
treiben, sünde ungescheuet, mit christlicher be-
scheidenheit und eifer, zur erbauunge, strafen,
und da nicht blinde wechter, noch stumme hunde
sein, die durch ihres amptes farlessigkeit und
verseumniss, des gottlosen bekerung und heil
vorwarlosen und für solches blut rechnung geben
müssen. Und sol darin diese beschedenheit ge-
braucht werden, dass, was offentlich, kundlich und
menniglich bewust ist, und also ergerniss mit
sich bringet, mit gebürendem veterlichem ernst
offentlichen gestrafet werde. Was aber ungewisse ,
heimlich, oder noch der gemeine vorborgen ist,
dass kein bestendiger grund davon fürhanden,
und also noch zur zeit kein ergerniss daher ent-
stehet,. soll nicht offentlichen angegriffen werden,
sondern die persone, davon solches gemunkelt
wirt, in geheim derhalben besprochen, und wo
sie sich schüldig gibt, zu ernster busse und besse-
runge ermanet werden. Es ist aber nicht genuch,
dass man durchs gesetze sünde anzeige, offenbare
und beschreie, sondern es mus und sol zugleich
auch aus dem gesetze angezogen werden, von
gottes zorn, drauungen und strafen, welche er
wider solche sünde in seinem worte offenbaret
hat, wie solche comminationes legales et exempla
poenarum et vindictae divinae, in der schrift altes
und neuen testamentes, unzelig sein. Diss ist
das nötigste theil in der busspredigt. Denn da
höret jedermann, dass es gotte kein scherz, sondern
schrecklicher ernst sei, solcher sünde halben, wider
den gottlosen und ubertreter, dadurch das herze
des schüldigen sünders, aus beistande und wirkunge
des heiligen geistes, beweget, seine sünde recht
erkennet, reu und herzlich leid fasset, und davon
ablesset. Und das ist der rechte hammer, der
die steinern hertzen zerschmettert und weich
machet.
Das evangelium von der person, ampt und
wolthaten unseres herrn und heilandes Jesu Christi,
sampt dem gnadenreichen artickel von vorgebung
der sünden, ohn alle unser werke, wirdigkeit
oder vordienst, nur allein aus lauter gnaden gottes
des vaters, umb des einigen vordienstes, genug-
thuung, bezahlung Jesu Christi willen, für
unser sünde, und durch dessen erlösunge, von
der vordienten strafe der vordamnuss, durch den
glauben an seinen namen, sollen sie nicht confuse
oder oben hin tunkel, sondern fein deutlich und
eigentlich also fürbringen, dass die zuhörer daran
eigentlich sehen gottes gestrenge gerechtigkeit,
deren Christus Jesus hat für uns vollkömlich
genuch thun müssen, und zugleich gottes unerforsch-
liche barmherzigkeit und gnade, die er uns be-
weiset, in dem, dass er uns solchen frembden vor-
dienst, unsers erlösers Christi aus gnaden schenket,
und zu unser gerechtigkeit und seligkeit, durch

den glauben an Christum zurechnet, und gewiss-
lich auch festiglich geniessen lesset. Dann diss
dienet dazu, dass dieser artikel nicht zu epi-
rischer sicherheit als ein privilegium infinitae turpi-
tudinis missbraucht werde. Sollen auch zugleich
hierbei anzeigen, dass bei denen leuten kein
rechter warer glaube an Jesum Christum sei,
welche ohn busse in sünden wissentlich fort-
fahren und vorharren, 1. Tim., 1. Jac., 2. Luc. 13,
noch ihre leben bessern, Matth. 3. 5., Gal. 5, und
dabei auch vormelden, ob wol der glaube nimmer-
mehr ohne busse und gute werke sei, sondern alle-
wege dieselbige bei, mit und neben sich habe,
dass doch gleichwol alleine der glaube das einige
enzele mittel, werkzeug und hand unsers herzens
sei, damit wir vorgebung der sünden empfahen,
und dass dazu die busse und unsere gute werke
nichts mitwirken, nichts auch dazu helfen, dass
wir die vorgebung der sünden durch Christum er-
greifen, annemen und uns appliciren. Denn das
ist eigentlich alleine des glaubens eigenschaft und
ampt, sondern dass die busse und gute werke
nur des glauben zeugen sein, darbei man den
glauben merken, proben und erkennen kan.
Sollen auch die leute fleissig und getreulich
zu guten werken, welche gott in den zehen ge-
boten befohlen hat, und von den gleubigen fodert,
in ihrem predigen, vormanen, und der obrigkeit
zu gehorsamen, für sie zu bitten, ihren negsten
zu lieben, die ihren ehrlich und göttlich zu er-
ziehen und zu halten, und einen heiligen wandel
zu führen, anreizen und aus gottes worte ohne
aufhören vormanen und lehren. Auch der trost-
predigten, in allem gemeinem creuze, auch sonder-
baren eines jeden anliegen nicht vorgessen, zur
gedult und gehorsam gegen gott im creuze und
bestendigkeit zu leisten, anhalten, und fleissig
neben reiner lehre die leute in allen artikeln des
glaubens, nach ihres amptes pflicht, wo oft dessen
not fürfallen würde, gegen und wider, für dieser
zeit erregte falsche lehr und eingerissene umb-
treibende rotten und irrthumb vorwarnen, doch
dass ohne not die leute damit nicht uberladen
oder turbirt werden, wenn man sie mit un-
bekanter der sectirer namen ohne erbauunge
irren würde.
Sollen auch die prediger in ihrem leben,
haushaltunge, essen, trinken, kleidungen, und der
ihren verhaltunge und wandel, wie obstehet, nicht
gegen gottes wort und ihre predigten ergerlich
handeln. Denn dadurch würfen sie alles wieder-
umb ein, was sie mit den predigten auferbauet
hetten, spricht Augustinus, und was sie mit der
einen hand in predigen hetten gegeben, das rissen
sie wiederumb den leuten hinweg, mit der andern
hand durch ihrem bösen wandel, wie Nazianzenus
redet. Derwegen sollen sie daran sein, dass sie
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften